Wien

Meningokokken-Infektion: "Nachts begann die Hölle!"

Meningokokken-Infektionen sind selten, aber gefährlich. Caro infizierte sich als Teenager und kämpfte drei Tage lang um ihr Leben.

Yvonne Mresch
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Caro (35) hat eine Meningokokken-Infektion überlebt. Ihr Appell: "Lasst euch impfen!"
Caro (35) hat eine Meningokokken-Infektion überlebt. Ihr Appell: "Lasst euch impfen!"
Denise Auer

Als Caro mit 17 Jahren nach einem Fest im Bierzelt grippale Symptome entwickelte, dachte sich die junge Frau nichts dabei. "Ich fühlte mich krank und hatte Gliederschmerzen", erinnert sie sich. Doch dann verschlechterte sich ihr Zustand rapide. "Ich war geistig abwesend und bekam plötzlich Halluzinationen." Der rasch gerufene Arzt diagnostizierte eine Grippe und versorgte die Erkrankte vorerst mit Schmerzmitteln und fiebersenkenden Medikamenten. "Er meinte, ich soll mich abends wieder melden. Ich wollte sehen, wie es mir in der Nacht geht. Doch dann begann die Hölle".

41,6 Grad: "Meine Eltern dachten, das Fieberthermometer sei kaputt"

Die Schmerzen wurden so stark, dass sie bald nicht mehr zu lokalisieren waren. Der Blutdruck sank massiv, Caros Kopf pulsierte. "Ich sagte mir noch selbst 'stell dich doch nicht so an' und wollte aufs WC gehen. Dann brach ich zusammen." Weil die junge Frau bei ihrem Sturz die Stereoanlage mitriss, wachten die Eltern auf und konnten so rasch reagieren. Der Notarzt bemerkte sofort schwarze Flecken auf Caros Körper. "Es sah aus, als würde ich von innen verfaulen. Und so fühlte es sich auch an", erzählt sie. Das Fieberthermometer zeigte 41,6 Grad an: "Meine Eltern dachten, es ist kaputt." 

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    Betroffene und Ärzte machen für die Impfung mobil. "Diese Krankheit wollen Sie nicht erleben", sagt Dr. Sprung-Markes (Mitte).
    Betroffene und Ärzte machen für die Impfung mobil. "Diese Krankheit wollen Sie nicht erleben", sagt Dr. Sprung-Markes (Mitte).
    Denise Auer

    Die 17-jährige kam sofort auf die Intensivstation, wo die Ärzte drei Tage lang um ihr Leben kämpften. Die Diagnose: Meningokokken-Infektion. Dann die Erleichterung: Der Teenager war außer Lebensgefahr. Vier Monate blieb Caro noch im Krankenhaus, bekam unterschiedliche Therapien. 

    Impfempfehlung bis zum 25. Lebensjahr

    In Österreich werden jährlich in etwa 20 bis 100 Erkrankungsfälle gemeldet. In den Jahren 2010 bis 2020 waren es 443 invasive Meningokokken-Fälle, darunter 53 Todesfälle. Jugendliche zählen neben Babys und Kleinkindern zu den Hauptrisikogruppen. Im Österreichischen Impfplan wurde mit Jänner 2022 die Altersempfehlung für die Meningokokkken B-Impfung ausgeweitet und umfasst nun alle Kinder und Jugendlichen ab dem vollendeten zweiten Lebensmonat bis zum vollendeten 25. Lebensjahr. (Früher lag sie beim 18. Lebensjahr.) Während der Welt-Impfwoche (24. bis 30. April) erinnert das Wiener Unternehmen "GlaxoSmithKline", das unter anderem an Arzneimitteln und Impfstoffen forscht, im Rahmen einer Kampagne an die Wichtigkeit der Impfung.

    Kinderarzt: "Erkrankung ist selten, aber Sie wollen sie nicht erleben"

    Gegen fünf Gruppen von Meningokokken (A, B, C, W und Y) gibt es altersabhängig verschiedene Schutzimpfungen. Laut dem Wiener Kinder- und Jugendarzt Michael Sprung-Markes sind in seiner Ordination nur die Hälfte aller Kinder gegen eine Meningokokken-Infektion geimpft. Er fordert eine Aufklärung bei Untersuchungen. Die Impfung ist kostenpflichtig – mitunter ein Grund, warum sich nicht alle Eltern dafür entscheiden. Dass die Erkrankung so selten ist, sei kein Grund, die Impfung auszulassen, weiß der Kinderarzt: "Ja, sie ist selten. Aber Sie wollen sie nicht erleben!" 

    Betroffene und Ärzte rufen zur Impfung auf

    Denn nicht nur der Krankheitsverlauf kann dramatisch sein und tödlich enden, auch die Spätfolgen sind nicht zu unterschätzen. "Es kann zu Epilepsie kommen, zu Verhaltensauffälligkeiten, neurologischen Veränderungen, Venenthrombosen oder sogar Amputationen", so Dr. Sprung-Markes. 

    Patientin Caro kann aus heutiger Sicht sagen: "Bei mir ging es glimpflich aus." Denn im Gegensatz zu anderen Erkrankten blieben bei ihr kaum Folgeschäden – bis auf ein Taubheitsgefühl an der Innenseite der Finger, kleine Narben und ein Nierenleiden. Doch die Krankheit hat sie verändert. "Ich bin sehr sensibel und vorsichtig geworden, was Krankheiten betrifft. Auf der anderen Seite sehe ich durch meine Nahtoderfahrung natürlich manches auch lockerer", erzählt die dreifache Mama. Ihre eigenen Kinder sind gegen Meningokokken geimpft – eine leichte Entscheidung für Caro, die das auch anderen empfiehlt. "Impfen ist wichtig. Geht proaktiv auf eure Kinderärzte zu!"

    Mehr Informationen zum Thema finden Sie unter www.meningokokken-erkrankung.at

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