"Heute"-Umfrage
Mehrheit der Österreicher will legale Fluchtrouten
Im Vorfeld des am Samstag startenden Parteitags hatte die SPÖ legale Fluchtrouten nach Europa gefordert. Was sagen die Österreicher zu dieser Idee?
"Ein Europa der Menschen, nicht der Konzerne": Das ist der Titel von Leitantrag Nr. 10 am SPÖ-Parteitag in Graz. Im Unterkapitel "Humanismus statt Festung Europa" findet sich die Forderung nach legalen Fluchtrouten und dem Ende von illegalen Pushbacks. "Wir sind der Meinung, dass die EU rechtlich und moralisch zur Hilfe verpflichtet ist. Wir müssen die Debatte versachlichen und auf Lösungen konzentrieren. Unser Ziel ist ein einheitliches, europäisches, solidarisches Asyl- und Migrationssystem", heißt es in dem Antrag wörtlich.
Österreicher für SPÖ-Forderung offen
Aber was sagen die Österreicher zu dieser Forderung? Das fragte "Unique Research" für "Heute" 800 Wahlberechtigte vom 6. bis 9. November telefonisch und online (maximale Schwankungsbreite ±3,5 %). Das Ergebnis ist durchaus überraschend, die Österreicher stehen der SPÖ-Idee recht offen gegenüber.
35 % der Befragten finden den Vorschlag eher gut, 14 % halten ihn sogar für sehr gut. Macht 49 % auf der Plus-Seite. Eher negativ gesehen wird die rote Forderung von 18 %, 17 % finden sie sehr schlecht. Immerhin 16 % machten keine Angabe oder antworteten mit "weiß nicht". "Auf die Frage, wie das Asylthema am besten zu lösen wäre, herrscht nicht nur in Österreich eine gewisse Ratlosigkeit. Der Vorschlag der SPÖ, legale Fluchtwege zu schaffen, klingt grundsätzlich für eine Mehrheit gut. Es bleibt aber ein bisschen vage, wie der konkrete Plan dahinter aussehen soll. Dementsprechend stimmen die Österreicherinnen und Österreicher auch 'eher' zu", analysiert "Unique Research"-Meinungsforscherin Alexandra Siegl diese Ergebnisse. Es lohnt sich aber auch ein Blick auf die Details der Umfrage.
Meiste Zustimmung bei SPÖ- und Neos-Wählern
Am höchsten ist die Zustimmungsrate bei Anhängern von SPÖ und Neos mit jeweils immerhin 70 %. Grün-Wähler können sich zu 64 % für den Vorschlag erwärmen, bei ÖVP-Sympathisanten sind es 48 %. Einzig bei den freiheitlichen Fans gibt es eine Mehrheit gegen die Forderung (63 %). Nur 27 % der Blau-Wähler können sich solche legalen Fluchtwege vorstellen.
Am Samstag und Sonntag findet in der Messe Graz der 46. Parteitag der SPÖ statt. Er steht unter dem Motto "Zurück zur Gerechtigkeit". Insgesamt 613 Delegierte – die meisten aus Wien (91) – wählen dabei am Samstag den Parteichef. Einziger Kandidat ist Andreas Babler, der auch eine große Rede halten wird. Ein wichtiges Stimmungsbarometer wird die Höhe der Zustimmung für ihn sein. Vorgängerin Pamela Rendi-Wagner wurde 2021 mit nur 75,3 % der Delegiertenstimmen regelrecht abgestraft. Neben dem Parteichef werden auch die Mitglieder von Präsidium und Vorstand sowie am Sonntag dann die Kandidaten für die EU-Wahl gewählt.
Eine Frage des Alters
Wenig Unterschiede gibt es nach den Geschlechtern. So sind 51 % der männlichen Befragten und 48 % der Frauen für den SPÖ-Vorschlag. Die Ablehnung ist allerdings bei Männern mit 38 % deutlich stärker ausgeprägt als bei Frauen (31 %). Nach Altersgruppe der Befragten bietet sich ein etwas anderes Bild. So halten 55 % der 16- bis 29-Jährigen die Idee für sehr oder eher gut. Nur 28 % sind gegenteiliger Meinung. Bei den 30- bis 59-Jährigen beträgt das Verhältnis 51 % zu 34 %. Die meiste Ablehnung gibt es bei Personen ab 60 Jahren mit 39 %. Trotzdem überwiegt mit 44 % auch in dieser Altersgruppe die Zustimmung zur Forderung der SPÖ.
ÖVP spricht von "populistischer Symbolpolitik"
Die ÖVP schießt indes weiter gegen die Pläne von Andreas Babler: "Bablers kommunistisches Manifest, das in Form von Anträgen am bevorstehenden SPÖ-Bundesparteitag beschlossen werden soll, ist zum Scheitern verurteilt. Immer mehr prominente Genossen stellen sich öffentlich gegen die Pläne Bablers und versagen ihm offenbar die Gefolgschaft", hieß es in einer Aussendung von Parteigeneralsekretär Christian Stocker. Er sieht eine "populistische Symbolpolitik der Babler-SPÖ", die "durchschaubar" sei und den Menschen im Land nichts nutze.
Die 613 SPÖ-Delegierten, die am Parteitag auch über diesen Antrag abstimmen werden, dürften das wohl deutlich anders sehen ...