Coronavirus
Mehr als 1.200 neue Begriffe durch Corona entstanden
Vom Abstandsbier bis zum Zutrittstest: Die Corona-Pandemie hat nicht nur unseren gesamten Alltag, sondern auch unseren Wortschatz verändert.
Seit Beginn der Corona-Pandemie hat sich unser Leben komplett verändert. Dabei ist auch unser Wortschatz größer geworden. Christine Möhrs vom Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in Mannheim hat gemeinsam mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern über 1.200 neue Wörter identifiziert, die seit der Pandemie entstanden sind oder durch Corona umgedeutet wurden.
Das Institut dokumentiert die deutsche Sprache und sammelt Wörter, die neue Ereignisse und Entwicklungen sprachlich abbilden. Vor Corona waren das im Schnitt 200 neue Wörter pro Jahr.
"Wenn man etwas nicht benennen kann, ist da viel Angst und Unsicherheit"
Die Forscherin geht davon aus, dass es noch nie in der Moderne so schnell so viel neue Begriffe in die Sprache geschafft haben. "Wenn man etwas nicht benennen kann, ist da viel Angst und Unsicherheit. Wenn die Dinge jedoch einen Namen bekommen, dann können wir uns austauschen und unseren Alltag neu gestalten", erklärt Möhrs.
Neben den wissenschaftlichen Begriffen wie "Covid-19", "Aerosolverteilung" oder "Sieben-Tage-Inzidenz", finden sich auch Wörter, die Emotionen beschreiben in der Liste, wie etwa "overzoomed" oder "Impfneid".
Zudem sind auch viele zusammengesetzte Wörter wie etwa "Anderthalbmetergesellschaft", "Infektionsgemeinschaft", "Maskenmuffel", "Einkaufswagenpflicht", "Impfdrängler" oder "Lockdownspeck" dabei.
Bei einigen Begriffen hofft die Wissenschaftlerin jedoch, dass sie sich irgendwann auflösen. "So etwas wie die Ein-Freund-Regel zum Beispiel. Es wäre schön, wenn solche Dinge nicht Teil unserer Realität bleiben und wieder aus dem Wortschatz verschwinden."
Ihr persönliches neues Lieblingswort ist der "Coronafußgruß", weil es sich reimt und trotz der erzwungenen physischen Distanz das menschliche Bedürfnis nach Verbindung zeigt.
Bürger können Vorschläge einreichen
Möhrs und ihr Team sammeln die Begriffe mithilfe des Deutschen Referenzkorpus, einer gigantischen Textsammlung von über 50 Milliarden Wörtern, aber auch aus Zeitungen, den sozialen Medien, dem eigenen Umfeld, berichtet die "Augsburger Allgemeine Zeitung". Über ein Online-Formular können Bürgerinnen und Bürger Vorschläge einreichen, diese Möglichkeit wurde im vergangenen Jahr verstärkt genutzt.
Hier ein kleiner Auszug aus den neuen Corona-Wörtern:
Abstandsbier: Ein zusammen mit anderen getrunkenes Bier, wobei die während der COVID-19-Pandemie geltende Empfehlung zu physischer Distanz eingehalten wird.
Balkonkonzert: Öffentliches und teilweise gemeinsames Musizieren (zu einer festen Uhrzeit) von Freiflächen an Gebäuden aus.
Coronaspeck: Durch Bewegungsmangel, Langeweile, Stress usw. während der COVID-19-Pandemie angegessenes Fettgewebe.
Distanzunterricht: Lehrstoffvermittlung an Lernende durch eine Lehrkraft unter Einsatz von modernen Medien und Telekommunikationsmitteln, aber ohne direkten Kontakt.
Einkaufswagenpflicht: Während der COVID-19-Pandemie zur Einhaltung der Hygiene- und Abstandsvorschriften geltende Regelung, wonach Kunden geschlossene Verkaufsräume, Supermärkte o.Ä. (einzeln) nur mit einem Einkaufswagen betreten dürfen.
Freitesten: Ein medizinisches Untersuchungsverfahren (mit unterschiedlicher Technik) zur Feststellung einer (überstandenen) Infektion mit einem bestimmten Virus durchführen, dessen Ergebnis es ggf. ermöglicht, seine Arbeit wieder aufzunehmen, einem Einreise- oder Besuchsverbot zu entgehen, aus der Quarantäne entlassen zu werden usw.
Gastrogutschein: Ein aus öffentlichen Mitteln finanzierter Bon über einen bestimmten Betrag, mit dem während der COVID-19-Pandemie in Restaurants (in Wien) bezahlt werden konnte.
Homeclubbing: Gemeinsames Tanzen zu (meist) elektronischer Musik über das Internet (mit Bildübertragung).
Impfdrängler: Person, die sich unberechtigterweise und entgegen der von der Regierung festgelegten Strategie eine Vakzination gegen das SARS-CoV-2-Virus vor anderen mit höherer Impfpriorität hat geben lassen.
Jahreswechsellockdown: Eine auf politische Anordnung hin erfolgte Stilllegung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten (z.B. zur Eindämmung einer Seuche) in der Zeit vor und nach Silvester. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) verwendete den Begriff in einer Rede.
Klopapierhamster: Person, die einen unnötig großen Vorrat an Toilettenpapier (während der COVID-19-Pandemie) anlegt.
Lockdownfrisur: Durch die Schließung der Friseurgeschäfte während der COVID-19-Pandemie herausgewachsener bzw. durch unprofessionelles Schneiden verunstalteter Haarschnitt.
Maskengegner: Person, die (während der COVID-19-Pandemie) das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im öffentlichen Raum (trotz behördlicher Anordnung) ablehnt.
Niesscham: Unangenehm quälendes Gefühl, wenn man in der Öffentlichkeit niesen muss.
Overzoomed: Durch zu viele Videokonferenzen (mit der Software Zoom) gestresst.
Pandemiemüdigkeit: Allgemeine Überdrüssigkeit in Hinblick auf Risikowahrnehmung, Informations- sowie Umsetzungsbereitschaft der Hygiene- und Abstandsregeln zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie.
Quarantini: Ein während der COVID-19-Pandemie eingeführter (und ggf. in Quarantäne genossener) Cocktail aus Gin, Wodka o.Ä., Limettensaft, Ingwerbier, Passionsfrucht u.a., garniert mit frischer Minze.
Risikotourist: Eine möglicherweise mit dem SARS-CoV-2-Virus infizierte Person, die aus einem Land bzw. einer Region, wo innerhalb von einer Woche mehr als 50 Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus pro 100.000 Einwohner verzeichnet wurden, in ein Land bzw. eine Region mit niedrigerer Infektionsgefahr reist.
Superspreaderevent: Veranstaltung, Zusammenkunft, Ereignis o.Ä. an einem bestimmten Ort, wo ungewöhnlich viele Personen mit einem Virus angesteckt werden.
Teststraße: Mobil errichtete, zu durchfahrende oder durchlaufende Station, in der eine Untersuchung auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 durchgeführt wird.
Überbrückungshilfe: Finanzielle Unterstützung für Studierende während der COVID-19-Pandemie.
Verdachtsquarantäne: Isolierung einer Person in ihrem Zuhause, die bei einer vermuteten Infektion mit einem ansteckenden Virus oder zur Vermeidung einer Infektion durch Kontakte angeordnet wird.
Watchparty: Das gemeinsame Sehen von Filmen, Serien, Fernsehsendungen o.Ä. mit der Familie, Freunden, Bekannten (auf Distanz)
Zutrittstest: Ein medizinisches Untersuchungsverfahren, das (mit unterschiedlicher Technik) zur Feststellung einer (überstandenen) Infektion mit einem bestimmten Virus durchgeführt wird und dessen Ergebnis es ggf. ermöglicht, an Veranstaltungen teilzunehmen, Gaststätten, Kultureinrichtungen o.Ä. zu betreten, zu touristischen Zwecken zu reisen usw.