Wien

"Maxi Preis, Mini Qualität" – AK kritisiert Wohnbau

Hohe Preise für wenig Platz: Eine Arbeiterkammer-Studie zeigt, dass moderne Wohnungen für Familien nicht finanzierbar oder praktikabel sind.

Yvonne Mresch
Die Arbeiterkammer Wien fordert Qualitätskriterien bei privatem Wohnbau. Neue Wohnungen wären für Familien kaum leistbar und auch nicht praktisch.
Die Arbeiterkammer Wien fordert Qualitätskriterien bei privatem Wohnbau. Neue Wohnungen wären für Familien kaum leistbar und auch nicht praktisch.
Sabine Hertel

3.000 frei finanzierte Wohnungen wurden in der Studie "Wohnbauboom in Wien 2018-2021" der Firma "wohnbund:consult" im Auftrag der Arbeiterkammer Wien unter die Lupe genommen. Die Bilanz: Teure "Schuhschachtelwohnungen", so die AK, werden mit ähnlichem Grundriss gebaut und sind für Familien nicht leistbar. Ausnahmen gibt es nur bei einzelnen Projekten in sehr guten Lagen und im Luxussegment.

233 Mal die gleiche Wohnung in einem Bau

Die Studie zeigt: Bei vielen Wohnungen fehlen Abstellräumen, Kochnischen und Gänge sind schlecht beleuchtet, auf spezielle Wohnbedürfnisse wie Betreuungsbedarf oder Wohngemeinschaften wird nicht geachtet. Zudem hapert es an Gemeinschaftsräumen, Erdgeschoße sind oft "verwaist".

Am häufigsten werden derzeit Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen von rund 40 Quadratmetern errichtet – insgesamt über 90 Prozent. Kurios: In einem speziellen Wohnbau etwa kommt die gleiche Zwei-Zimmer-Wohnung gleich 233 Mal vor.

"Preise haben sich verdoppelt"

"Da sind Luxuswohnungen am Markt, aber nur beim Preis, nicht bei der Qualität", kritisiert Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Kommunal & Wohnen der Arbeiterkammer. "Es wird am Bedarf vorbei gebaut, zudem sind die Wohnungen viel zu teuer. Gefragt sind leistbare Wohnungen – für Junge und Familien. Vor 15 Jahren bekam man eine 90 Quadratmeter-Wohnung zu einem halbwegs leistbaren Preis, jetzt haben sich die Preise verdoppelt, dafür bekommt man ein großes Zimmer weniger."

"Bauträger schmücken sich mit fremden Federn"

Auch die Bewerbung von 70 Projekten wurde im Rahmen der Studie analysiert. Diese bezieht sich meist auf das Quartier, den Bezirk oder die Adresse der Projekte: "Lifestyle im Fünften", "Familienwohnen in Hietzing", "Mikrokosmos aus Kreativität, Genuss und Tradition" (Ottakring).

Am zweithäufigsten wird die Lage genannt ("Stadt und Grün vereint", "Wohnen am Wasser", "Panoramawohnen mitten im Park"). Die Bauträger würden sich mit fremden Federn schmücken und Dinge bewerben, die in vielen Projekten ohnehin ein "Must-Have" wären, so die Arbeiterkammer.

"Ohne wettbewerbliche und qualitätssichernde Vorgaben haben die privaten Bauträger beim Bauen große Spielräume mit wenig Regeln", resümiert Studienautor Ernst Gruber. "Also überall dort, wo Qualitätssicherung fehlt, geht die Tendenz hin zur bloßen Erfüllung der Mindestanforderungen. In der Bewerbung wird die Qualität des bestehenden Wohnumfeldes betont, also Lage, Lage, Lage. Eigentlich wird die 'Stadt' verkauft, also das, was eh schon da ist."

66 Prozent der Neubauten ohne Fördermittel

Zwischen 2018 und 2021 wurden insgesamt rund 1.200 Projekte mit rund 58.000 Wohnungen errichtet, das sind jährlich zwischen 12.000 und 17.000 Wohnungen. Der Großteil, 66 Prozent, wurde ohne Fördermittel gebaut. 2021 hat die Anzahl deutlich zugenommen: Fonds, Banken & Co. kauften innerhalb eines Jahres 4.922 Wohnungen.

Die Arbeiterkammer fordert nun unter anderem einen Mietendeckel, das Ende von befristeten Mietverträgen, eine bundesgesetzliche Leerstandsabgabe sowie einen Qualitätsbeirat für frei finanzierte Wohnbauvorhaben.

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