50 Fälle mehr binnen 1 Woche
Masernfälle steigen weiter dramatisch an
Binnen 1 Woche ist die Zahl der Fälle um fast 50 auf 267 Infektionen angestiegen. Österreichs Kinder sind nicht oder unzureichend geimpft.
Im Vergleichszeitraum mit Stichtag 5. März gab es 2019 in Österreich 219 bestätigte Masernfälle. Bis einschließlich Dienstag dieser Woche (12. März) waren es bereits 267 Erkrankungen, also ein Anstieg um 48 Fälle. Diese Zahlen präsentierte Virologe Lukas Weseslindtner von der MedUni Wien bei der Apotheker-Fortbildungstagung in Schladming am 6. März 2024.
"Bevor uns das um die Ohren fliegt"
"Der Zeitpunkt für die Impfung wäre jetzt. Bevor uns das um die Ohren fliegt", appellierte der Experte. "Wir sind in einem Spitzen-Masernjahr". Die Tendenz sieht im längerfristigen Vergleich dramatisch aus. In den Jahren 2021 und 2022 wurden in Österreich jeweils nur 0,1 Masernfälle pro einer Million Einwohner registriert. Sie waren damit de facto eliminiert. Im Jahr 2023 stieg die Häufigkeit in Österreich auf 20,4 Fälle pro Million Einwohner (insgesamt 186 Fälle innerhalb eines Jahres). Mit Stand von Dienstag dieser Woche lag Österreich bereits bei einer Häufigkeit von 23,8 Erkrankungen pro Million Menschen.
Bleibende Schäden drohen
Die Masern sind laut Weseslindtner hoch gefährlich. 20 Prozent der Betroffenen erleiden Komplikationen. Von der Mittelohrentzündung bis zur schweren Lungenentzündung. Im Kindes- und Jugendalter erkrankt einer von 1.000 bis 2.000 Betroffenen an einer masernbedingten Gehirnentzündung, bei 30 Prozent bleiben Schäden zurück. Bei einer Infektion bei unter 1-Jährigen liegt die Häufigkeit bei 1:600, Jähre später an einer sogenannten sklerosierenden Panenzephalitis zu erkranken, die immer tödlich endet.
Warum Masern so ansteckend sind
Wie ansteckend ein Erreger ist, ist unter anderem von seiner Reproduktionsrate (oder R-Rate) abhängig. Der Masern-Erreger, das Morbillivirus, hat eine R-Rate von 15-20. Das bedeutet, dass eine Personen 15 bis 20 andere anstecken kann. Das Virus verbreitet sich leicht über Tröpfchen beim Husten und Niesen, wird über die Luft übertragen und man kann sogar zwei Stunden, nachdem eine infizierte Person den Raum verlassen hat, infiziert werden.
Bis die ersten (erkältungsähnlichen) Symptome (Husten, Fieber, gerötete Augen) auftreten, kann es zw. 7 bis 18 Tage dauern, im Schnitt 12 Tage. Erst dann zeigt sich der charakteristische Ausschlag. Betroffene können das Virus 4 Tage vor Beginn des Ausschlags bis zu 4 Tage nach Auftreten des Ausschlags ausscheiden und andere infizieren. Wer einmal erkrankt, ist ein Leben lang immun, jedoch können Masern schwerwiegende Komplikationen (z. B. Hirnentzündung) auslösen.
Kostenlose Masernimpfaktion
Die Impfung wird für alle Babys ab neun Monaten dringend empfohlen. Nur mit einer zweiten Impfung (bei Kindern mit Erstimpfung im ersten Lebensjahr drei Monate später, nach erster Impfung ab dem ersten Lebensjahr in einem Abstand von nur vier Wochen) gibt es einen Schutz von mehr als 95 Prozent (98 bis 99 Prozent). Jeder Mensch sollte geschützt sein. Hat man bisher noch keine Impfung erhalten und die Masern-Erkrankung noch nicht durchgemacht, wird eine Masernimpfung auch im Erwachsenenalter empfohlen. Nachdem man zwei Impfungen erhalten hat, ist man lebenslang geschützt. Derzeit wird in ganz Österreich die Masernimpfung (MMR) kostenlos für alle Personen ohne Altersbeschränkung angeboten. Mehr dazu HIER.
Viele Kinder nicht geimpft
Die Situation bei den österreichischen Kindern ist bedenklich. "Unter den Einjährigen sind 18 Prozent, also 15.500 Kinder, völlig ungeimpft. Idealerweise sollte bereits in dieser Altersgruppe eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent bei der zweiten Teilimpfung erreicht sein", heißt es dazu im Kurzbericht Masern für das Jahr 2022 des österreichischen Gesundheitsministeriums (aktuellste vorhandene Zahlen). 32.000 Kinder im ersten Lebensjahr hätten statt den zwei empfohlenen Masernimpfungen nur eine gehabt.