Experte alarmiert
3 von 10 Masernfällen landen derzeit im Spital
Der Virologe Lukas Weseslindtner appelliert: Es braucht eine 95-prozentige Durchimpfungsrate, um die Masern in Kontrolle zu haben. Bist du geimpft?
219 Masernfälle hat es heuer bereits in Österreich gegeben. Davon mussten 28 Prozent der Betroffenen im Spital behandelt werden, berichtete der Virologe Lukas Weseslindtner am Mittwoch bei der Apothekertagung in Schladming. "Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit, die nur die Haut infiziert." Es handle sich um eine systemische Infektion, die das zentrale Nervensystem und viele Organe angreift. Zudem liegt der Altersschnitt bei knapp unter 20, mit Infizierten bis 60 Jahre.
Masern löschen immunologisches Gedächtnis
Der Mediziner warnt davor, dass das Virus "im gesamten Organismus" streut. Auch wenn die Infektion überstanden ist, bleiben Folgen zurück. Die Infektion löscht nämlich das immunologische Gedächtnis. Das bedeutet, dass Personen, die Masern hatten, danach vermehrt zu anderen Infektionen und auch Todesfällen neigen. "Nach einer Maserninfektion sind Menschen mitunter immunsupprimiert, weil sie ihr immunologisches Gedächtnis verloren haben, das sie über Jahre aufgebaut haben", erläuterte der Experte von der MedUni Wien und appelliert einmal für eine höhere Durchimpfungsrate, "um eine Masernzirkulation zu unterbinden". Österreich sei "weit davon entfernt", 95 Prozent bei zwei Impfungen zu erreichen.
Hinter dem immunologischen Gedächtnis stehen die so genannten Gedächtnis-Zellen. Diese bleiben auch nach Abklingen der Erkrankung jahrelang im Körper und speichern wie eine Datenbank alle Informationen über den abgewehrten Erreger, um beim nächsten Angriff eine schnellere Immunreaktion auszulösen und die Infektion früher zu bekämpfen.
Wieso Masern so ansteckend sind
Wie ansteckend ein Erreger ist, ist unter anderem von seiner Reproduktionsrate (oder R-Rate) abhängig. Der Masern-Erreger, das Morbillivirus, hat eine R-Rate von 15-20. Das bedeutet, dass eine Personen 15 bis 20 andere anstecken kann. Das Virus verbreitet sich leicht über Tröpfchen beim Husten und Niesen, wird über die Luft übertragen und man kann sogar zwei Stunden, nachdem eine infizierte Person den Raum verlassen hat, infiziert werden.
Bis die ersten (erkältungsähnlichen) Symptome (Husten, Fieber, gerötete Augen) auftreten, kann es zw. 7 bis 18 Tage dauern, im Schnitt 12 Tage. Erst dann zeigt sich der charakteristische Ausschlag. Betroffene können das Virus 4 Tage vor Beginn des Ausschlags bis zu 4 Tage nach Auftreten des Ausschlags ausscheiden und andere infizieren. Wer einmal erkrankt, ist ein Leben lang immun, jedoch können Masern schwerwiegende Komplikationen (z. B. Hirnentzündung) auslösen.
Nur die Impfung schützt
Empfohlen sind zwei Impfungen mit einem Kombinationsimpfstoff gegen Masern-Mumps-Röteln (MMR) ab dem vollendeten 9. Lebensmonat. Hat man bisher noch keine Impfung erhalten und die Masern-Erkrankung noch nicht durchgemacht, wird eine Masernimpfung auch im Erwachsenenalter empfohlen. Nachdem man zwei Impfungen erhalten hat, ist man lebenslang geschützt.
2023 war Österreich mit 186 Fällen laut Daten der EU-Gesundheitsbehörde ECDC hinter Rumänien negativer Spitzenreiter bei den Masernzahlen in Europa, erinnerte Weseslindtner. Dieser Wert ist heuer bereits überschritten, womit 2024 "mit dem Vorjahr zu einem der stärksten Masernjahre werden dürfte", formulierte es der Mediziner vorsichtig. 2015 waren 309 Infektionen in Österreich gemeldet worden.
Auf den Punkt gebracht
- In Österreich wurden bereits 219 Masernfälle gemeldet, von denen 28% im Krankenhaus behandelt werden mussten
- Um die Masern zu kontrollieren, ist eine Durchimpfungsrate von 95% erforderlich
- Der Masern-Erreger ist äußerst ansteckend und kann durch Tröpfcheninfektion leicht übertragen werden, was zu einem R-Rate (Reproduktionsrate) von 15-20 führt
- Österreich hatte 2019 bereits 219 gemeldete Masernfälle, und der Virologe Lukas Weseslindtner warnt vor einem möglichen Anstieg in den kommenden Jahren