Welt
8-Jährige war komplettes Leben von Mutter eingesperrt
Schrecklicher Verdacht im deutschen Attendorn: Eine Mutter soll ihre Tochter rund sieben Jahre lang eingesperrt haben. Jetzt wurde das Kind befreit.
Am 23. September änderte sich alles für das achtjährige Mädchen: An jenem Tag durchsuchten Polizei und Jugendamt das Haus ihrer Großeltern im nordrhein-westfälischen Attendorn und fanden sie im Haus vor. Über sieben Jahre soll sie dort gelebt haben, ohne die Wohnung jemals verlassen zu haben. Bei ihrer Untersuchung in der Kinderklinik in Siegen sagte das Mädchen, es habe noch nie einen Wald gesehen und sei noch nie auf einer Wiese gesessen.
Auch in einem Auto war sie noch nie mitgefahren. "Alles ist so groß, es gibt so viel Platz", habe das Kind staunend gesagt. Bisher habe M. vor allem in einem Zimmer bei verschlossener Tür gelebt, so die Behörden laut dem "Sauerlandkurier". Das Mädchen wurde sofort in einer Pflegefamilie untergebracht.
Dem Mädchen gehe es den Umständen entsprechend gut, hieß es seitens der Behörden. Es lägen keine Hinweise auf Misshandlungen vor. Nun wird ein psychologisches Gutachten erstellt – und sie muss sich daran gewöhnen, dass die Welt wesentlich größer ist als das Haus der Großeltern. Gemäß dem zuständigen Staatsanwalt Patrick Baron von Grotthuss ist sie "neugierig". Allerdings sei sie "kaum in der Lage, Treppen zu steigen oder Unebenheiten im Boden zu überwinden."
Mutter zog angeblich nach Italien
Als das Mädchen 2013 zur Welt kam, waren seine Eltern bereits getrennt. Danach sahen sie sich zunächst mehrmals pro Woche, doch im Jahr darauf gab die Mutter an, mit dem Kleinkind nach Italien zu ziehen – der Vater zweifelte dies zunächst nicht an. Die Mutter gab zwar eine Adresse in Italien an, fuhr aber nie hin und versteckte sich über sieben Jahre lang mit M. im Haus ihrer Eltern.
Als der Kindsvater angab, seine Ex mehrmals in Attendorn gesehen zu haben, befragte das Jugendamt mehrfach die Großeltern, doch diese beteuerten, dass ihre Tochter mit der Enkelin in Italien lebe. Auch Post, die nach Italien geschickt wurde, kam offenbar an.
Entscheidender Tipp
Es war der entscheidende Hinweis eines Familienmitgliedes, der schließlich zur Aktion geführt hatte: Der Mann hatte angegeben, er habe die Mutter und M. in Italien besuchen wollen, wohin die beiden angeblich bereits 2014 gezogen waren, dort habe er aber erfahren, dass die beiden nie dort gelebt hätten. Zudem habe er die Mutter im Haus ihrer Eltern telefonisch erreicht.
Obwohl es schon vorher Verdachtsmomente gegeben hatte, dass die Mutter wohl gar nicht weggezogen war, hatten die Behörden nun die rechtliche Handhabe für eine Hausdurchsuchung. Zuvor hatten die Großeltern es stets "mit Nachdruck" abgelehnt, jemanden von der Behörde ins Haus zu lassen.
Über die Gründe der Mutter, ihre Tochter über Jahre im Haus festzuhalten, ist noch nichts bekannt. Sowohl sie wie auch ihre Eltern werden noch manche Frage beantworten müssen. Der Vorwurf gegen die Mutter lautet auf Misshandlung von Schutzbefohlenen und Freiheitsberaubung.