Politik

Ludwig: "Habe mich bei Doskozil bedankt", aber ... 

Beinahe hätte Hans Peter Doskozil im SPÖ-Streit um eine Stichwahl alles hingeschmissen. Michael Ludwig schildert nun seine Sicht der Dinge.

Roman Palman
Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) beim SPÖ-Präsidium am 23. Mai 2023, wo es zum Streit und Beinahe-Rückzug von Doskozil kam. 
Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) beim SPÖ-Präsidium am 23. Mai 2023, wo es zum Streit und Beinahe-Rückzug von Doskozil kam. 
EVA MANHART / APA / picturedesk.com

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig hatte sich immer klar im Team Pamela Rendi-Wagner positioniert, der gewählten SPÖ-Parteichefin den Rücken gestärkt. Doch nach dem für sie desaströsen Ausgang der Mitgliederbefragung hat sie sich selbst aus dem Rennen genommen. Am Donnerstag hielt sie ihre Abschiedsrede im Nationalrat. 

Ludwig ist damit seine präferierte Kandidatin abhanden gekommen, er muss nun zwischen Andreas Babler und Hans Peter Doskozil wählen. Spätestens nach dem entscheidenden Parteitag gilt es, Brücken zu bauen, um die SPÖ nicht noch tiefer ins Chaos zu stürzen und nicht eine Neuauflage des Clinches zwischen Rendi-Wagner und Doskozil heraufzubeschwören.

Darum stützte Ludwig Rendi bis zuletzt

In einem am Freitag veröffentlichten Interview mit dem "Profil" lässt Ludwig durchaus tief in die Gräben zwischen Wien und Eisenstadt blicken und erklärt, wieso er so lange hinter Rendi-Wagner gestanden hat:

"Es gab in der Geschichte der SPÖ schon manche schwierige Phasen. Aber es ist nicht zu verhehlen, dass es derzeit eine starke Polarisierung gibt, und zwar auf inhaltlicher, persönlicher und politischer Ebene", so der Stadtchef zu Beginn. Rendi-Wagner habe sich an dem starken innerparteilichen Wahlkampf nicht beteiligen wollen, dennoch habe er sie als Kandidatin der Mitte gestützt.

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    Start einer Quereinsteigerin: Unter Bundeskanzler Christian Kern wurde Pamela Rendi-Wagner im März 2017 als neue Gesundheits- und Frauenministerin vorgestellt. 
    Start einer Quereinsteigerin: Unter Bundeskanzler Christian Kern wurde Pamela Rendi-Wagner im März 2017 als neue Gesundheits- und Frauenministerin vorgestellt.
    (Bild: Denise Auer)

    Die Gründe legt er nun offen: "Erstens, weil Solidarität zu den Grundwerten der Sozialdemokratie gehört. Das schließt Loyalität mit ein. Zweitens halte ich sie für eine intelligente, moderne, beruflich erfolgreiche Frau. Sie stand für eine moderne Sozialdemokratie der Zukunft und kam in der Bevölkerung, insbesondere in Wien, sehr gut an." Wehmütiger Nachsatz: "Sie hätte sich sicher mehr Unterstützung verdient."

    Doskozil lastet er die Querschüsse schwer an: Sich für die Parteiführung zu bewerben, sei zulässig, habe aber transparent auf einem Parteitag zu erfolgen. "Leider waren die letzten Jahre von einer nicht so transparenten Diskussion geprägt. Das war für Rendi-Wagner sehr belastend und für die ganze Partei schwierig." Die Führungsdebatte habe alle inhaltliche Arbeit medial überschattet: "Das ist für eine Partei auf Dauer nicht hilfreich". Er selbst habe auch in dem schwelenden Streit immer wieder zu vermitteln versucht: "Leider ohne Ergebnis."

    "Stichwahl als klare Entscheidung sinnvoll"

    Die Kritik an Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch – auch er schmeißt jetzt hin – und dem chaotischen Ablauf der Mitgliederbefragung wischt er vom Tisch: "Die Mitgliederbefragung war der Versuch, einen Kompromiss zu finden, weil Hans Peter Doskozil nicht auf einem Parteitag gegen Rendi-Wagner antreten wollte, wie es eigentlich vom Statut vorgesehen ist."

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      Hans Peter Doskozil wurde im Rahmen der Flüchtlingskrise 2015 einer großen Öffentlichkeit bekannt. Hier im Bild: Der damalige Polizeidirektor mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.
      Hans Peter Doskozil wurde im Rahmen der Flüchtlingskrise 2015 einer großen Öffentlichkeit bekannt. Hier im Bild: Der damalige Polizeidirektor mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.
      Screenshot ORF

      Ludwig selbst hätte sich dann eine zweite Mitgliederbefragung als Stichwahl zwischen Babler und Doskozil gewünscht. "Irgendwie mussten wir ja damit umgehen, dass alle jeweils ziemlich gleich große Gruppen hinter sich hatten und es keine klare Entscheidung für einen Kandidaten gab. Daher hätte ich eine Stichwahl als klare Entscheidung für sinnvoll gehalten – und mit mir viele andere Teile der Partei."

      "Habe mich bei ihm bedankt"

      Dieser Vorstoß führte während des Krisensitzung des SPÖ-Präsidiums Anfang voriger Woche zu einem heftigen Streit. Burgenland-Chef Doskozil bot darauf in Rage an, seinen Anspruch auf den roten Chefsessel zurückzulegen.

      Im Interview macht Ludwig klar, dass ihm ein solcher Do-xit nicht unrecht gewesen wäre: "Nachdem er den Rückzug angeboten hat, habe ich mich bei ihm bedankt, dass er diesen Schritt setzt und ihm dafür großen Respekt gezollt."

      Dass Doskozil seinen Rückzug aber schnell wieder revidierte, stimmte den Wiener Bürgermeister wenig fröhlich: "Man braucht halt an der Spitze einer Partei sehr viel Resilienz und muss mit unterschiedlichen Meinungen umgehen können."

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        Im April 2014 wurde Andreas Babler als Nachfolger des zurückgetretenen Traiskirchner Bürgermeisters Knotzer  präsentiert.
        Im April 2014 wurde Andreas Babler als Nachfolger des zurückgetretenen Traiskirchner Bürgermeisters Knotzer präsentiert.
        ROBERT JAEGER / APA / picturedesk.com

        Geheime Aussprache

        Eine Spaltung der Sozialdemokratie fürchtet Ludwig trotz allem nicht, "aber ich sehe die Notwendigkeit, dass wir intensive parteiinterne – und zwar wirklich interne – Gespräche führen." Ein solches gab es bereits am Mittwoch dieser Woche zwischen ihm und Doskozil. Details der Vier-Augen-Aussprache blieben unter Verschluss, aus der roten Stadtpartei hieß es nur, es sei ein "sachliches Gespräch" gewesen. Alles wieder gut? Wohl kaum.

        Ludwig selbst betonte zum Ende des Interviews, dass er 2024 keinesfalls als Konkurrent zum neuen Parteichef im Bund zur Wahl antreten werde – einen ordentlichen Seitenhieb inklusive: "Ich bewundere das Selbstbewusstsein, das vor allem manche Männer an den Tag legen, die sehr unvermittelt in die Bundespolitik einsteigen. Aber für mich schließe ich das aus. [...] Ich war immer in der Kommunalpolitik, und dort bleibe ich."

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          privat, iStock