Österreich

Long-Covid-Ärztin: "Es gibt noch kein Wundermittel"

Laut ersten Ergebnissen einer Studie kommt Long Covid bei jedem 9. Kind vor. Doch die Behandlungsmöglichkeiten sind sehr eingeschränkt.

Christine Ziechert
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Angela Zacharasiewicz (r.) behandelt in der Long-Covid-Spezialambulanz Kinder.
Angela Zacharasiewicz (r.) behandelt in der Long-Covid-Spezialambulanz Kinder.
iStock (Symbolbild)/Fotoatelier Andrea Bichl

Dass Kinder sich mit dem Corona-Virus infizieren, kommt häufig vor, oft mit einem milden Verlauf. Wenn es nach drei, vier Monaten zu Folgeerscheinungen kommt, spricht man von Long Covid: "Long Covid kommt bei Kindern sehr viel seltener vor als bei Erwachsenen, aber es kommt vor", erklärt Angela Zacharasiewicz (47), Oberärztin an der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde in der Klinik Ottakring in Wien.

Die Professorin für Pädiatrie ist Teil von Wiens einziger Long-Covid-Ambulanz für Kinder, die seit Herbst 2021 besteht: "Wir haben Kinder mit Long Covid zuerst in der Lungenambulanz betreut. Dann haben wir gemerkt, dass ein gewisser Bedarf besteht, das wäre innerhalb der Lungenambulanz zu zeitaufwändig gewesen, daher haben wir eine eigene Long-Covid-Ambulanz eröffnet", so Zacharasiewicz zu "Heute".

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    Yvonne A. ist Mutter von vier Söhnen und hätte sich selbst nach ihrer Corona-Infektion und der Long-Covid-Diagnose nicht gedacht, dass sie jemals auf einen Rollstuhl angewiesen sein wird.
    Yvonne A. ist Mutter von vier Söhnen und hätte sich selbst nach ihrer Corona-Infektion und der Long-Covid-Diagnose nicht gedacht, dass sie jemals auf einen Rollstuhl angewiesen sein wird.
    privat

    Laut Studie jedes 9. Kind von Long Covid betroffen

    Wie häufig Kinder an Long Covid leiden, ist international umstritten. "Wir wissen noch nicht so genau, wie häufig Kinder von Long Covid betroffen sind, es gibt noch keine genauen Daten. Aber es wird viel dazu geforscht", meint Zacharasiewicz. Laut den kürzlich veröffentlichten Zwischenergebnissen einer Studie der AGES mit der Med Uni Graz und der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) ist etwa jedes 9. Kind (elf Prozent) betroffen, ältere Kinder noch häufiger (15,5 Prozent). 

    Die Liste der möglichen Symptome ist lang: "Das kann von geringen bis hin zur Lebensqualität stark einschränkenden  Symptomen reichen. Die Beschwerden sind individuell verschieden und reichen von Müdigkeit sowie Fieberschüben über Kopf- und Muskelschmerzen, chronischen Husten, Bauchschmerzen, Kurzatmigkeit und fehlender Belastbarkeit bis hin zu Merk- und Konzentrationsschwierigkeiten. Oft gehen die Symptome auch mit einem Leistungsabfall in der Schule einher. Wir betreuen auch ältere Jugendliche, die vorher gesund und leistungsstark waren", so die Bereichsleiterin für Infektionskrankheiten bei Kindern.

    Zahlreiche Untersuchungen notwendig

    Haben Eltern den Verdacht, dass ihr Kind an Long Covid leidet, ist die erste Anlaufstelle der Kinderarzt: "Dieser veranlasst die wichtigsten Untersuchungen. Wird nichts gefunden, ist der nächste Weg in eine Spitalsambulanz, wo dann weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Danach wird das Kind eventuell in die Long-Covid-Spezialambulanz weitergeleitet", meint Zacharasiewicz. "Die Herausforderung ist dann, herauszufinden, ob nicht eine andere Erkrankung dahinter steckt. Zudem muss geklärt werden: War die Problematik schon vorher da? Das ist oft sehr aufwändig."

    Um den Symptomen genau auf den Grund zu gehen, sind daher oft viele Untersuchungen nötig: "Bei Kopfschmerzen etwa ein MRT, aber auch HNO- oder neurologische Untersuchungen, Blutwerte und Herzultraschall sind möglich. In rund 90 Prozent der Fälle gibt es eine andere Ursache, beim Rest bleibt die Diagnose Long Covid", erklärt die Kinderärztin.

    "Wir wissen noch nicht genau, wie wir Long Covid behandeln und was wir wieder heilend machen können. Leider gibt es noch kein Wundermedikament" - Angela Zacharasiewicz, Kinderärztin

    Die gute Nachricht für die Eltern ist, dass die Symptome Long Covid zuordenbar sind, die schlechte, dass es keine adäquate Behandlung gibt: "Wir wissen noch nicht genau, wie wir Long Covid behandeln und heilen können. Leider gibt es noch kein Wundermedikament. Wenn es eines gibt, werden wir gezielter helfen können", hofft Zacharasiewicz.

    Oft wird daher eine Kinder- und Jugend-Reha, etwa bei Kokon empfohlen: "Wichtig ist es, den Patienten nicht zu überfordern, das kann sonst zu einem Rückfall führen. Die Kinder und Jugendlichen dürfen nicht an ihre Belastungsgrenzen gehen. Sie müssen akzeptieren, dass derzeit weniger geht und sich an ihren eigenen, neuen Rhythmus anpassen. Wichtig ist auch zu vermitteln: Es kann mit der Zeit besser werden, auch, wenn es ein langer und mühsamer Weg ist."