Coronavirus
Lockdown reicht nicht – alle müssen Kontakte reduzieren
Der in OÖ geplante Lockdown für Ungeimpfte sei notwendig, allerdings nicht ausreichend. Primarius Bernd Lamprecht fordert daher eine Kontaktreduktion.
Die Corona-Lage in Österreich spitzt sich immer mehr zu. Am Donnerstag verzeichneten die Behörden erneut einen Rekordwert bei den Neuinfektionszahlen – knapp 12.000 neue Fälle wurden registriert. Eine Entspannung der Lage ist hingegen nicht einmal annähernd in Sicht.
Besonders dramatisch ist die Lage in Salzburg und Oberösterreich. In diesen beiden Bundesländern bereitet insbesondere die steigende Belegung der Intensivstationen Sorgen. In Oberösterreich sind die Intensiv-Kapazitäten bereits am Anschlag. Die Politik reagiert mit einem Lockdown für Ungeimpfte. Ab Montag soll es laut "Heute"-Infos soweit sein. Der Ball liege derzeit beim Gesundheitsministerium. Sobald dort die rechtlichen Grundlagen geschaffen sind, soll der Lockdown fix sein. Offenbar ist das aber nur mehr eine Formalität.
„Situation "durchaus kritisch"“
Im Ö1-Morgenjournal war zu diesem Thema Primarius Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde, zu Gast. Wie er betonte, sei noch nicht von "Katastrophenmedizin" zu sprechen, die Situation sei aber "durchaus kritisch", die Arbeit in den Spitälern schwierig. "Denn wir haben bei knapperen Ressourcen natürlich die Herausforderung zu priorisieren – also hier die wichtigsten und dringlichsten Leistungen sofort anzubieten und zu entscheiden, welche planbaren und verschiebbaren Leistungen auch tatsächlich nachgereiht werden können", schildert Lamprecht die Lage.
Zwar sei es noch nicht so weit, dass bereits geplante Operationen, die jetzt hätten stattfinden müssen, verschoben werden, aber "andere, große Eingriffe, die gut planbar und auch wichtig sind, und deren Verschiebung natürlich nicht auf lange Zeit möglich" sei.
In Oberösterreich seien derzeit 27 Prozent der Intensivbetten mit Corona-Patienten ausgelastet. 84 Patienten werden insgesamt intensivmedizinisch betreut. Die Spielräume für alle anderen Herausforderungen seien dadurch entsprechend enger geworden, erläutert der Mediziner.
Schätzungen zufolge werde die Belegung von jetzt 84 demnächst auf rund 150 steigen. Sollte es soweit kommen, spricht Lamprecht von einer ähnlichen Belastungsprobe wie während der zweiten Welle im vergangenen Jahr. Er erinnert daran, dass OÖ damals am Höhepunkt 151 ICU-Patienten gegen Ende November, Anfang Dezember hatte. "Wir kennen also die Strapazen, die damit verbunden sind."
„Reduktion der Kontakte“
Sollte es so weiter gehen, könnte es durchaus dazu kommen, dass in Folge zu wenig Personal zur Verfügung steht für die sich auf der ICU befindlichen Patienten. "Mit den aktuell gültigen Maßnahmen alleine wird es sich nicht ausgehen können." Das sei der Grund für nun notwendige Verschärfungen.
Ein Lockdown für Ungeimpfte würde allerdings nicht ausreichen, fürchtet Lamprecht.
Er glaube zwar nicht, dass es einen Lockdown für alle geben werde, doch es brauche darüber hinausgehende Maßnahmen für alle. Eine solche wäre etwa die Maskenpflicht in den Innenräumen, kleinere oder weniger Veranstaltungen und auch andere Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, eine erhebliche Kontaktreduktion zu erreichen. Letztere sei am wichtigsten, denn:
"Aus Kontakten entstehen potenzielle Infizierte und daraus potenzielle Spitalspatienten. Das heißt, wir brauchen eine erhebliche Kontaktreduktion, um hier zusätzliche Spitalspatienten verhindern zu können. Das muss in einem ausreichenden Maß und auch rasch erfolgen", betont der Mediziner.
Ziel wäre es, ungefähr ein Drittel der Kontakte reduzieren. Bei dieser Größe würde man sich erwarten, dass sich die Zahl auch positiv auf die Auslastung der Spitalsbetten auswirkt.
„Genug Betten, aber Belegung steigt“
"Die Aussage ist richtig, dass Oberösterreich sehr viele Intensivpatienten zur Verfügung hat. Richtig ist aber auch, dass viele Betten mit Corona-Patienten belegt sind." Irgendwann reichen aber auch "viele Betten" nicht aus, wenn jene immer mehr belegt sind, schildert der Mediziner.
In den kommenden Wochen erwartet man nämlich einen weiteren Anstieg der schwer an Corona erkrankten Menschen, die in den Spitälern behandelt werden müssen. Dem müsse rechtzeitig entgegengewirkt werden.