Schlagabtausch im EU-Parlament
"Linke Lügen" – so fetzten sich Orbán und von der Leyen
Am Mittwoch krachten Viktor Orbán und Ursula von der Leyen aneinander. Hitzige Wortgefechte ließen die sonst so ruhige Stimmung völlig eskalieren.
Der ungarische Ministerpräsident rechnete mit seiner Rede vor den EU-Parlamentariern in Straßburg mit der aktuellen Europapolitik ab. So stellte Orbán zentrale EU-Beschlüsse der vergangenen Jahre infrage – etwa den Asylkurs oder die Ukraine-Unterstützung. "Lassen Sie uns Europa wieder groß machen", appellierte er.
Von der Leyen mit Frontalangriff
Als EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen das Wort ergriff, kippte die Stimmung schlagartig. Sie kritisierte Orbán für seine "Friedensinitiative" im Ukraine-Krieg, als der Ministerpräsident nach Russland und China reiste. Es gebe immer noch einige, die den Angriffskrieg nicht "Putins Lust nach Macht anlasten, sondern dem Freiheitsdurst der Ukraine", sagte sie in Richtung Orbán. Weiters warf sie Ungarn vor, sich nicht an europäische Absprachen zu halten.
Pfiffe, Buhrufe, Beleidigungen
Orbán war nach Straßburg gekommen, um die Vorhaben des Ratsvorsitzes seines Landes zu präsentieren. Budapest hat diesen seit 1. Juli inne und kann die Agenda in der EU maßgeblich beeinflussen. Während Orbáns Rede kam es zu kuriosen Zwischenfällen: Sozialdemokratische Abgeordnete schwenkten etwa Schilder mit der Aufschrift "Demokraten gegen Autokraten". Das linke Lager stimmte nach seiner Ansprache die antifaschistische Hymne "Bella Ciao" an. Das Rechtsaußen-Lager applaudierte dem Ungarn dagegen im Stehen.
"Linke Lügen", "Propaganda"
Orbán äußerte sich entsetzt über die scharfen Worte von der Leyens und meinte, so etwas sei "nie zuvor passiert". Über Differenzen habe er eigentlich nicht sprechen wollen.
Angesichts der Kritik zahlreicher Abgeordneter tobte der ungarische Regierungschef über "linke Lügen", die "reine politische Propaganda" seien. Von der Leyen bezeichnete er als "politische Waffe", die gegen Patrioten eingesetzt werde. Er lehne voll und ganz ab, was von der Leyen gesagt habe.
Vilimsky entschuldigt sich bei Orban
Auch die rot-weiß-roten Abgeordneten im EU-Parlament äußerten sich zur Debatte. FPÖ-Mann Harald Vilimsky entschuldigte sich in seiner Rede bei Orbán für die laut ihm "Lügen" und "Flegeleien", die dieser sich habe anhören müssen, und bezeichnete den ungarischen Regierungschef als "Retter Europas".
Es sei "ungeheuerlich, dass in einer Debatte um eine Ratspräsidentschaft ein Premierminister als 'Diktator', 'Lügner' und 'Idiot' bezeichnet werden darf, ohne dass die Präsidentin dieses Verhalten unterbindet", sagte der Freiheitliche.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Im EU-Parlament kam es zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen Viktor Orban und Ursula von der Leyen, wobei Orban die EU-Politik scharf kritisierte und von der Leyen ihm vorwarf, sich nicht an europäische Absprachen zu halten
- Die Debatte eskalierte mit Buhrufen, Beleidigungen und kontroversen Äußerungen, während Abgeordnete verschiedener Lager ihre Unterstützung oder Ablehnung lautstark zum Ausdruck brachten