Gesundheit

Erster RSV-Impfstoff könnte noch heuer kommen

RSV-Infektionen treffen bevorzugt Kinder und Senioren und können tödlich sein. Für beide werden jetzt Impfstoffe von den Behörden geprüft. 

Sabine Primes
Das RS-Virus (li.) ist ein weltweit verbreiteter Erreger von akuten Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege in jedem Lebensalter.
Das RS-Virus (li.) ist ein weltweit verbreiteter Erreger von akuten Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege in jedem Lebensalter.
iStockphoto.com; Collage: heute.at

Die ungewöhnlich hohe Anzahl an Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) hat in den vergangenen Wochen und Monaten die Kinderkliniken an die Grenzen ihrer Kapazität gebracht. Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ist vor allem Eltern bekannt. Denn kaum ein Kind bleibt davon verschont. RSV-Erkrankungswellen sind typisch für die kältere Jahreszeit, oft bereits mit Herbstbeginn. Das Virus löst schwere Atemwegsinfekte aus, die – vor allem in den ersten Lebensjahren – sogar lebensgefährlich werden können. Auch für Senioren kann es, aufgrund geringerer Immunkräfte, gefährlich werden. Bislang gab es dagegen keine Impfung. Der Entwicklung solcher RSV-Impfstoffe gingen viele Jahre intensiver Forschungen mit in einem Fall tragischen Zwischenfällen voran.

Das RSV ist ein weltweit verbreiteter Erreger von akuten Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege in jedem Lebensalter und einer der bedeutendsten Erreger von Atemwegsinfektionen bei Säuglingen, insbesondere Frühgeborenen und Kleinkindern.

Vor allem Kinder und Senioren betroffen

Viele Betroffene überstehen solche Infektionen ohne größere Probleme, ungefährlich sind sie aber nicht. RSV-Erkrankungen führen weltweit jährlich zu rund 60.000 Todesfällen bei ins Spital aufgenommenen Kindern unter fünf Jahren. Der zweite "Gipfel" bei den Erkrankungsraten liegt bei den Senioren: Allein in den USA sterben jährlich rund 14.000 über 65-Jährige an RSV-Infektionen, es kommt zu 177.000 Spitalsaufnahmen. In den westlichen Industriestaaten rechnet man mit rund 33.000 Todesfällen bei älteren Menschen und knapp 500.000 Hospitalisierungen.

GlaxoSmithKline-Impfstoff in Prüfung

Deshalb wird seit vielen Jahren an Impfstoffen geforscht. Erst in der jüngeren Vergangenheit dürfte das erfolgreich gewesen sein. Für Senioren hat auch der britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) einen Impfstoff entwickelt, der derzeit von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) auf seine Zulassung geprüft wird. In den USA steht bereits für den kommenden Mai die Entscheidung über die mögliche Marktzulassung bevor.

Im New England Journal of Medicine wurde Ende vergangener Woche die Wirksamkeitsstudie (Phase III) mit den zulassungsrelevanten Daten für die Glaxo-Vakzine veröffentlicht. Veronica Hulstrom und ihre Co-Autoren haben in ihrer Untersuchung mit 24.966 Probanden über 60 Jahre die Kandidatvakzine RSVPreF3 OA auf Wirksamkeit und Verträglichkeit geprüft. Die Hälfte der Teilnehmer erhielt eine Dosis des Impfstoffes. Es handelt sich bei dem Antigen um das sogenannte F-Protein der RSV-Erreger in einer besonderen dreidimensionalen Gestalt. Hinzu kommt ein Adjuvans (Hilfsstoff) als Verstärker.

Vielversprechender Erfolg

In der Gruppe der 12.466 Personen, die die Vakzine erhielten, gab es sieben Infektionen. In der Placebogruppe mit 12.494 Menschen wurden 40 Infektionen registriert. Das war eine Verringerung der Infektionsrate um knapp 83 Prozent. Noch deutlich höher war die Schutzrate gegen schwere RSV-Erkrankungen, die häufig zu Spitalsaufnahmen wegen Lungenproblemen führen: Rund 94 Prozent. Schwere Komplikationen, die mit der Impfung in Zusammenhang stehen könnten, gab es nicht. Reaktionen auf die Impfung waren vor allem Schmerzen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen und vorübergehende Abgeschlagenheit.

"Eine einzige der Dosis RSVPreF3 OA-Vakzine hatte ein akzeptables Sicherheitsprofil und verhinderte RSV-Infektionen, Erkrankungen der unteren Atemwege und schwere RSV-bedingte Erkrankungen bei Erwachsenen über 60 Jahre unabhängig vom Typ des Virus (RSV A und RSV B; Anm.) und von Begleiterkrankungen", schrieben die Wissenschaftler.

Weiterer Impfstoff ab 60

Auch der Pharmkonzern Janssen-Cilag (Johnson & Johnson) ist auf diesem Gebiet aktiv. Ebenfalls im aktuellen New England Journal of Medicine ist dazu eine Studie der Phase II mit einem Vektorimpfstoff auf der Basis eines Adenovirus mit der mRNA für das F-Protein von RSV publiziert worden. An der Studie nahmen 5.782 Probanden über 65 Jahre teil. Insgesamt wurde - je nach unterschiedlichen Krankheitskategorien - eine Wirksamkeit in der Verhütung von RSV-Erkrankungen zwischen 70 und 80 Prozent im Vergleich zu Placebo erzielt. Eine noch größere Wirksamkeitsstudie der Phase III soll folgen.

Geimpfte Schwangere schützen ihre Babys

Der US-Pharmakonzern Pfizer verfolgt den Schutz von Neugeborenen und Babys durch die Impfung von Schwangeren – offenbar mit gutem Erfolg. Erst gegen Ende vergangenen Jahres veröffentlichte der Konzern erste Daten zur Wirksamkeit seines RSV-Kandidatimpfstoffes.

Die FDA (U.S. Food and Drug Administration) hat zugestimmt hat, den Impfstoffkandidaten, RSVpreF, auf Zulassung zu prüfen und einen Aktionstermin für August 2023 festzulegen. Im Falle einer Zulassung wäre der Impfstoff für schwangere Menschen gedacht, um Säuglinge von der Geburt bis zum Alter von 6 Monaten vor einer schweren RSV-Erkrankung zu schützen .

Im Herbst sagte das Unternehmen, dass die Ergebnisse einer klinischen Phase-3-Studie zeigten, dass seine impfgeschützten Säuglinge schwangeren Teilnehmern zwischen der 24. und 36. Schwangerschaftswoche verabreicht wurden. In den ersten 90 Lebenstagen eines Babys war der Impfstoff zu mehr als 80 Prozent wirksam bei der Vorbeugung schwerer Erkrankungen. Nach 6 Monaten blieb es zu fast 70 Prozent wirksam. Die Studie warf keine größeren Sicherheitsbedenken für Eltern oder Kind auf.