Wien
Liebe, Sex & Zärtlichkeit im Jüdischen Museum
Eine neue Ausstellung führt ab 22. Juni ins jüdische Liebesleben. "Sexualität soll Freude machen" ist das Motto von "Love me Kosher".
Im Judentum haben Liebe und Sexualität einen anderen Stellenwert als im Christentum. Sie sind ohne Tabu, und sie sind erwünscht. Der Anfang des Lebens geht schließlich auf eine zwischenmenschliche Beziehung zurück. Und in der Tora steht unmissverständlich: "Gott segnete Adam und Eva und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret Euch und erfüllet die Erde."
Sexualität soll Freude machen
Sexualität ist somit ein natürlicher Bestandteil des jüdischen Lebens. Dass beide Partner dabei Glücksgefühle empfinden, gilt als Pflicht. Frauen sollen in der Ehe bitte befriedigt sein. Die freudige und lebensbejahende Haltung gegenüber der Sexualität wirkt in Ehe und Beziehungen ein. Museumsdirektorin Danielle Spera fasst es zusammen: "Sexualität soll Freude machen." In der Kabbala hat die Sexualität gar eine spirituelle und kosmische Dimension.
Dr. Ruth empfiehlt: "Tragen Sie ein durchsichtiges Nachthemd"
Sie kennt fast jeder aus dem Kino: die nunmehr amerikanische Jüdin mit dem starken deutschen Akzent: Ruth Westheimer (1928), bekannt als "Dr. Ruth". Das Sprechen über Sexualität ist für die ältere Dame alles andere als peinlich. Die Holocaust-Überlebende und Sexualtherapeutin gelangte in Amerika übers Radio und in Talk-Shows zu großer Beliebt- und Berühmtheit – und das bereits zu einer Zeit, als der Durchschnittsmensch das Wort Sex noch unter allergrößten Beklemmungen laut aussprach. Die Kuratoren der Ausstellung haben aus der Liebesweisheit von Dr. Ruth ein Spiel entwickelt – mit hilfreichen Tipps für eine gelingende erotische Beziehung, wie zB. "ein durchsichtiges Nachthemd kann Wunder bewirken".
Koscherer Sex - die Basics
Religiös erlaubt, also koscher, sollte Sex schon sein. So ist es nicht vorgesehen, dass Paare während der Regelblutung Geschlechtsverkehr haben. Während dieser Zeit sollten sie getrennt schlafen, auf dem Wohnzimmersofa oder in "koscheren Betten", auf denen eine Art Trennlinie aufgedruckt ist. Wenn das mal hilft. Das "koschere Bett" ist auch in der Ausstellung zu sehen.
Gleichgeschlechtliche Liebe
Die Verbindung von Mann und Frau ist im Judentum eine Vereinigung von Weisheit und Verstand, die Erkenntnis schafft. Die Ausstellung widmet sich aber auch dem Aspekt gleichgeschlechtlicher Liebe im Judentum. In liberalen jüdischen Gemeinden werden inzwischen auch gleichgeschlechtliche Paare getraut.
Jüdisch heiraten in Wien
Die Ausstellung beleuchtet ein interessantes Phänomen jüdischer Eheschließungen in Wien: die "Ringstraßenfamilien". Die jüdischen Familien der Ringstraße heirateten nämlich nahezu nur untereinander. Warum? Das verrät die Ausstellung.
Hören, sehen, staunen
Neben kuriosen und bemerkenswerten Ausstellungsstücken, historischen Belegen und geschichtlichen Hintergründen sind kritische Auseinandersetzungen über aktuelle Themen Teil der vielseitigen Ausstellung. Freuen können sich Besucher auch auf die Interviews mit Rabbinern und einem Heiratsvermittler.
Wer seine Eindrücke mit etwas Kunst abrunden möchte, der kann sich den Arbeiten jüdischer Künstler zuwenden. Ein offener Umgang mit Sexualität zeigt sich vor allem in der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Thema. Viele Kunstschaffende, wie Arik Brauer, Marc Chagall, Eva Schlegel, Benyamin Reich und Friedensreich Hundertwasser, beschäftigen sich in ihren Werken mit Liebe und Sex und sind mit ihren Arbeiten in der Ausstellung vertreten.