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Leser erzählen, wie das AMS ihnen das Geld strich
Nicht auf eine Stelle beworben, im Bewerbungsgespräch falsch verhalten – das Arbeitslosengeld kann aus den verschiedensten Gründen gesperrt werden.
Das Arbeitsmarktservice (AMS) zeigt keine Gnade mit Arbeitsverweigerern oder solchen Betroffenen, die so aussehen. Wie berichtet, hat das Arbeitsamt im ersten Halbjahr 2019 insgesamt 71.634 Sanktionen verhängt. Im Klartext: Die Geldbezüge gestrichen. Ein Plus von 17 Prozent gegenüber demselben Zeitraum im Jahr 2018.
Auf "Heute.at"-Anfrage erklärt das Arbeitsamt die Steigerung der Sanktionen mit drei grundlegenden Punkten. Zunächst würden Bildungsträger bei tageweisem Fehlen von Arbeitslosen in Schulungen dieses Verhalten konsequenter melden. Dann gab es eine verstärkte Nachfrage nach Arbeitskräften, wodurch zwar mehr Menschen vermittelt wurden, es sich aber auch mehr Verweigerungen und Vereitelungen ergaben. Zuletzt wurden mehr Stellenangebote über Bundesländergrenzen hinaus vermittelt – abermals Verweigerungen.
Auf "Heute.at" führte das Thema zu hitzigen Diskussionen – einige Leser schilderten ihre eigenen Erlebnisse.
Sabine R.
"2008 ist mein Vater verstorben. Ich saß gerade in einem AMS-Kurs, als ich von meiner Nichte angerufen und darüber informiert wurde. Als nächste Verwandte hatte alles um die Ohren – Bestattung, Nachlass und mehr. Ich wohnte damals in Niederösterreich, musste immer wieder nach Wien und danach hat mir das AMS drei Tage vom Geld gestrichen."
Reinhard E.
"Meine Frau war bis vor kurzem in einem Hotel als Zimmermädchen beschäftigt. Leider handelt es sich aber um einen Saisonbetrieb, der sechs Monate im Jahr geschlossen ist.
Dieses Jahr wurde meiner Frau mitgeteilt, dass ihr die Unterstützung gestrichen wird, wenn sie bis zum 25. Oktober keine neue Stelle antritt. Und das trotz einer Wiedereinstellungszusage des Hotels."
Jovan D.
Ich bin 24 Jahre alt und war bisher noch nie arbeitslos – durch Pech allerdings seit etwa einem Monat nicht beschäftigt. Ich habe in der Gastronomie gearbeitet, will aber umsatteln und mir langsam eine Zukunft mit meiner Freundin aufbauen. Seitdem mir beim AMS kein IT-Kurs erlaubt wurde, den ich selbst gezahlt hätte, gehe ich nicht mehr hin und beziehe auch kein geld vom Amt mehr."
Corina S.
"Mein Mann sollte vor einigen Monaten bei einer Firma bewerben, bei der er bereits zuvor gearbeitet hatte. Weil das Arbeitsverhältnis damals beiderseits nicht gepasst hatte, hat er sich daraufhin auch nicht beworben. Daraufhin wurde ihm das Arbeitslosengeld gestrichen."
Manuela G.
"Ich bin nun seit vier Monaten beim AMS, einmal wurde mir die Hälfte des Monats nicht ausbezahlt, weil ich nicht in der Feinkost-Abteilung einer Handelskette arbeiten wollte. Ich esse kein Fleisch und möchte auch nicht damit arbeiten. Das AMS hat seine Richtlinien, das verstehe ich, aber halte diesen Fall aber für leicht übertrieben."
Martin L.
"Grundsätzlich bin ich für Sanktionen, wenn der Fall eindeutig ist. Ich bin selbst betroffen und wurde gerade für acht Wochen gesperrt. Seit einem Jahr befinde ich mich schon auf Arbeitsuche, mindestens zehn Bewerbungen ohne Erfolg. Nun habe ich bei einem Bewerbungsgespräch angegeben, dass ich vorbestraft bin. Das wurde mir als Vereitelung ausgelegt."
Gabi U.
"Ich war letztens vom AMS gesperrt und musste in dieser Zeit zum Arzt. Beim Stecken der E-Card wurde ich darauf hingewiesen, dass diese nicht akzeptiert werde. Das Honorar von 120 Euro konnte ich natürlich nicht bezahlen. Es klärte sich alles nach einer Begutachtung der Arbeitsmedizinerin zur Aufhebung der Leistungssperre. Ich war erleichtert."
Nadja R.
"Ich bin 53 Jahre alt und arbeite jetzt als Kassierin an einer Tankstelle. Zum ersten Mal in meinem Leben habe 12-Stunden-Schichten. In der Stellenanzeige stand, dass die Kassiertätigkeit für ältere Personen zumutbar sei. Ich habe diese Stelle nur angenommen, um vom AMS nicht gesperrt zu werden."
Das sagt das AMS
"Die Kriterien sind im Arbeitslosenversicherungsgesetz (§ 10) geregelt", sagt ein Sprecher des AMS zu "Heute.at". "Eine Sanktion ist z.B. zu verhängen, wenn sich die arbeitslose Person weigert, eine zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder sich so verhält, dass kein Beschäftigungsverhältnis zustande kommt ('Vereitelung')."
Und weiter: "Eine Sanktionierung erfolgt auch dann, wenn sich die arbeitslose Person weigert, an einer entsprechenden Schulung oder Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen oder diese vereitelt. Eine solche Vereitelung liegt z.B. vor, wenn die Person zu oft unentschuldigt fehlt und dadurch die Schulung nicht mehr erfolgreich abschließen kann."
Bei entsprechendem Verdacht leitet das AMS ein Ermittlungsverfahren ein, in welchem die arbeitslose Person eine Stellungnahme abgeben kann.
Und was ist mit Kulanz? "Das AMS ist an die gesetzlichen Vorgaben gebunden", heißt es auf Anfrage. Lediglich bei einem Nachsichtsgrund, etwa zeitnaher Beschäftigungsaufnahme, kann es Gnade geben.