Niederösterreich
Leonies Mama: "Nehmt Kind nicht letztes Stück Würde"
Der Prozess nach Leonies Tod wühlt auch die Familie der Toten auf. "Unser Kind ist ein Politikum. Und bitte lasst ihm die letzte Würde", so die Mama.
Dem Antrag auf Aufschluss der Öffentlichkeit wurde vor Gericht nicht stattgegeben. Wobei: Bei den heiklen Details und dem Video stimmte selbst die Staatsanwaltschaft dem Ausschluss der Öffentlichkeit zu, die Richterin ist sich indes noch nicht sicher.
Am Vormittag hatte der Prozess im Fall Leonie mit Verspätung begonnen, weil ein Laienrichter fehlte. Dann folgte das Eröffnungsplädoyer des Staatsanwaltes: "Leonie wollte nur 20 Minuten mit den Angeklagten mitgehen und kam aber nie wieder" – alles dazu hier.
"Leonie ist reines Politikum"
Leonies Mutter, die am ersten Tag dem Prozess nicht beiwohnte, traf die Nachricht vom Nicht-Ausschluss der Öffentlichkeit wie ein Keulenschlag. Dass der relativ unwahrscheinliche Fall eintreten könnte und die vorsitzende Richterin das Video von der toten Leonie der Öffentlichkeit zugänglich macht, ließ die Mutter in der ersten Reaktion hemmungslos weinen. Die tapfere Angestellte und fünffache Mutter sagte in der Mittagspause des Prozesses zu "Heute": "Bitte, lasst unserem Kind das letzte Stückchen Würde. Unser Kind wurde ein reines Politikum. Ich kann das wirklich nicht nachvollziehen, was das bringen soll", so die 41-Jährige.
Die Mutter und deren Familie - Vater und vier Kinder - seien seit dem furchtbaren Verlust vor 15 Monaten ohnedies völlig zerstört: "Wir vermissen unsere Leonie jeden einzelnen Tag, wir haben sie so sehr geliebt", sagt die 41-Jährige aus Tulln tapfer und weint bittere Tränen. Leonie wäre übrigens Mitte November 2022 15 Jahre alt geworden - alles zu und über Leonie lesen Sie hier.
"Leonie war mein geliebter Rebell" - Mutter von Leonie im allerersten Interview mit einem Medium - mit "Heute" am 30. Juni 2021
Zurück zum Prozess: Nach der Mittagspause ging der Prozess am Wiener Landl schließlich weiter: Die Privatbeteiligtenvertreter (Florian Höllwarth und Johannes Öhlböck) meldeten in Summe 220.000 Euro Schmerzensgeld (100.000 Euro für die Eltern, 30.000 Euro je Kind) an.
Einvernahme der Angeklagten
Am Nachmittag waren die Einvernahmen der Angeklagten dran - wobei wie schon in den Verhören, sich die Angeklagten (es gilt die Unschuldsvermutung) die Schuld gegenseitig in die Schuhe schoben und teils abenteuerliche Geschichten auftischten (Anm.: auf herabwürdigende Details aus der Verhandlung verzichtet "Heute" bewusst). Für die Verabreichung der Drogen (sieben XTC) will keiner so recht die Verantwortung übernehmen.
23-Jähriger entschuldigt sich bei Familie
Dann sprach der 23-jährige Angeklagte mit leiser, recht brüchiger Stimme: "Ich möchte mich entschuldigen, wir wollten nicht, dass so etwas passiert. Ich entschuldige mich bei der Familie des Opfers." Er habe aber alles getan, um das Leben der 13-Jährigen zu retten.
Der 23-Jährige erzählte vor Gericht vom Tatabend im Prater und dann vom "Abhängen" am Donaukanal. Am Donaukanal habe er einen Joint geraucht und ein paar Bier getrunken, dann sei ihm ein Mädchen angeboten worden. Er habe fix geglaubt, dass Leonie 18 oder 19 Jahre alt sei, dann tischte der Angeklagte eine abenteuerliche Version auf.
Makaberes Frühstück nach Rettungseinsatz
Fakt ist: Bevor es dem Mädchen in der Früh sehr schlecht gegangen sei, soll es vergewaltigt worden sein. Als die Schülerin leblos war, habe er seinen Angaben zufolge aber sofort Erste Hilfe samt Reanimationsmaßnahmen geleistet. Dann habe man Leonie hinausgetragen, nach 15 Minuten sei die Rettung gekommen - alles dazu hier.
Weiters habe man ein Frühstück im Supermarkt gekauft und in der Wohnung schließlich gegessen. "Ich habe noch extra gefragt, was mit dem Mädchen sei. Der Kollege (Anm.: der 20-jährige Drittangeklagte und selbsternannter Ex-Freund von Leonie) sagte, dass es tot ist", so der Angeklagte zum hohen Gericht.
"Vater war Polizist, kann nicht nach Afghanistan"
Aus Angst nach Afghanistan abgeschoben zu werden, habe er sich dann mit einem Freund beraten. Dieser habe ihm 800 Euro geborgt. Der 23-Jährige sei dann über Italien nach England gereist - mehr dazu hier. "Mein Vater war Polizist in Afghanistan. Wir können nicht zurück."
Dem 23-Jährigen droht im Falle einer Verurteilung wegen Vergewaltigung mit Todesfolge eine lebenslange Haftstrafe, den anderen Afghanen jeweils bis zu 20 Jahre Haft. Bis zur Rechtskräftigkeit des Urteils gilt für alle Verdächtigen die Unschuldsvermutung. Der Prozess geht heute noch bis am Abend weiter. Am Mittwoch, Donnerstag, Freitag sowie nächsten Dienstag und Mittwoch wird weiterverhandelt. Ein Urteil soll es frühestens am Donnerstag, 7. Oktober geben.
Und: Vor dem Gerichtsgebäude wurde für Leonie eine Mahnwache abgehalten - siehe Bilderserie.
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