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Lehrer droht Abschiebung: Flüge bereits geplant

Matin R., der vor seinem Master-Abschluss steht, soll nach Afghanistan abgeschoben werden. Weitere Charterflüge sind laut Innenministerium in Planung.

Amra Duric
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Matin R. soll abgeschoben werden, das Innenministerium plant weitere Charterflüge nach Afghanistan.
Matin R. soll abgeschoben werden, das Innenministerium plant weitere Charterflüge nach Afghanistan.
Sabine Hertel/privat

"Sie könnten mich jeden Moment holen. Das macht mir große Angst", erzählt Matin R. im Gespräch mit "Heute". Der 33-Jährige flüchtete 2015 vor den Taliban aus Afghanistan. "Ich habe in Afghanistan als Englisch-Lehrer gearbeitet. Die Taliban haben das aber verboten, weil sie Englisch für eine Teufelssprache halten." Nach Österreich zu kommen hat, wie Matin berichtet, Monate gedauert. "Ich hatte in Afghanistan einen Job, Familie, Freunde. Aber ich musste flüchten, weil mein Leben in Gefahr war. Wenn ich zurück muss, wartet dort der Tod auf mich."

Obwohl der Pädagoge fließend Deutsch und Englisch spricht, in Wien studiert und keine Vorstrafen hat, soll er nun, zwei Semester vor seinem Master-Abschluss nach Afghanistan abgeschoben werden. Die Begründung lautet, dass Matins Fluchtgeschichte nicht glaubhaft sei. "Ich habe auch eine Zusage von einem Logistik-Unternehmen, dass ich bei ihnen arbeiten anfangen könnte." Dennoch darf der 33-Jährige nicht in Österreich bleiben. 

Österreich plant weitere Charterflüge nach Afghanistan

Für Lehrende, an deren Kursen der Afghane teilnahm, ist der negative Asylbescheid völlig unverständlich. In einem Referenzschreiben, welches Matin R. dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt hatte, berichtet Roland Braune von der Universität Wien: "Herr R. hat sich in den Kursen stets sehr höflich und korrekt verhalten und sein Abschneiden war zufriedenstellend bis sehr gut. Obwohl die Kurse komplett englischsprachig abgehalten wurden, konnte ich mich in Gesprächen abseits der Kurse (Sprechstunden) auch von den guten Deutschkenntnissen des Herrn R. überzeugen. Insgesamt denke ich, dass er auf gutem Wege ist, sein Masterstudium an der Universität Wien erfolgreich abzuschließen."

"Die Lage in Afghanistan selbst wird laufend beurteilt. Österreich führt sowohl zwangsweise als auch freiwillige Rückführungen nach Afghanistan durch. Das ist kein österreichisches Spezifikum, sondern EU-weite Praxis. An dieser Praxis halten wir weiter fest. Weitere Charterflüge nach Afghanistan sind in Planung."

Ralph Janik, Externer Lehrbeauftragter der Universität Wien erklärt gegenüber "Heute": "Herr R. hat in meinem englischsprachigen Kurs zu "International Trade Law" teilgenommen. Ich kann mich noch gut an ihn erinnern, weil wir über die Kategorisierung Afghanistans als WTO-Mitglied diskutiert haben. Das ist das erste Mal, dass ich mitbekomme, dass ein ehemaliger Studierender von mir abgeschoben werden könnte."

"Herr R. hat sich in den Kursen stets sehr höflich und korrekt verhalten und sein Abschneiden war zufriedenstellend bis sehr gut. Obwohl die Kurse komplett englischsprachig abgehalten wurden, konnte ich mich in Gesprächen abseits der Kurse auch von den guten Deutschkenntnissen des Herrn R. überzeugen."

Während Länder wie Finnland Abschiebungen nach Afghanistan aussetzen, hält Österreich an Abschiebungen fest. Auf "Heute"-Nachfrage erklärte das Innenministerium: "Basis für Rückführungen ist ein Abkommen der Europäischen Union mit Afghanistan. Die Lage in Afghanistan selbst wird laufend beurteilt. Österreich führt sowohl zwangsweise als auch freiwillige Rückführungen nach Afghanistan durch. Das ist kein österreichisches Spezifikum, sondern EU-weite Praxis. An dieser Praxis halten wir weiter fest. Weitere Charterflüge nach Afghanistan sind in Planung."

Afghanistan ist laut dem Global Peace Index 2020 aktuell auf Platz 1 der unsichersten Länder. Jedes Jahr werden Tausende Zivilsten ermordet. Terroranschläge sind an der Tagesordnung. Im Mai zogen sich die internationalen Truppen zurück, seitdem sind die radikal-islamistischen Taliban wieder auf dem Vormarsch. Das österreichische Außenministerium warnt auf seiner Website: "Bestehendes Risiko von gewalttätigen Auseinandersetzungen, Raketeneinschlägen, Minen, Terroranschlägen und kriminellen Übergriffen einschließlich Entführungen, Vergewaltigungen und bewaffneter Raubüberfälle im ganzen Land. Den in Afghanistan lebenden Auslandsösterreichern und Österreichern, die sich aus anderen Gründen in Afghanistan aufhalten, wird dringend angeraten, das Land zu verlassen."

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    21.12.2014: Magdeburg-Terrorist war bekannter Anti-Islam-Aktivist. Der mutmaßliche Täter des Anschlags von Magdeburg erhob schwere Vorwürfe gegen Deutschland und unterstützte Frauen, die aus Saudi-Arabien flüchteten.
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