Coronavirus
Krebs-Vorwurf gegen die Corona-Booster-Impfung
"Jetzt bewiesen: Die Booster-Impfung 'boostert' den Krebs!" – so lautet der Titel eines Posts, der seit Wochen in den sozialen Medien kursiert.
Nein, ein Bericht beweist nicht, dass Booster das Krebswachstum beschleunigen. Tatsächlich beweist der als Beweis angeführte Fachartikel aus dem Fachjournal "Frontiers in Medicine: Pathology" überhaupt nichts in der Art. Das sagt auch der Mann, um den es in dem Fallbericht geht: der belgische Immunologe Michel Goldman, der auch als Autor am Artikel beteiligt war.
In dem Text wird geschildert, dass der 66-Jährige rund ein halbes Jahr, nachdem er zwei Dosen des Covid-19-Impfstoffs von Biontech/Pfizer erhalten hatte, einen Arzt aufgesucht hat. Dies, weil seine Lymphknoten geschwollen waren. Bei der Untersuchung zeigte sich, dass dies auf eine spezielle Form von Lymphdrüsenkrebs zurückging: das sogenannte angioimmunoblastische T-Zell-Lymphom, kurz AITL.
Nach der Boosterimpfung habe die Schwellung eines Lymphknotens noch einmal deutlich zugenommen, woraufhin weitere Untersuchungen – auch mit bildgebenden Verfahren – stattfanden, heißt es in dem Bericht. Die Aufnahmen zeigten eine "deutliche Zunahme der Anzahl, Größe und Stoffwechselaktivität der bereits existierenden geschwollenen Lymphknoten" acht Tage nach der dritten Dosis. Zudem seien weitere Veränderungen zu sehen.
Die Autorinnen und Autoren weisen darauf hin, dass es weitere Studien brauche, um feststellen zu können, ob von diesem Einzelfall auf andere Patientinnen und Patienten geschlossen werden könne.
Krebs war wohl schon vor der Impfung da
Goldman bestätigt diese Aussage in einem Videointerview mit den Faktencheckern von Correctiv.org. Gefragt, ob sein Fall zeige, dass mRNA-Impfungen zu Krebswachstum führen würden, erklärte er: "Nein. Der Artikel liefert nur Hinweise darauf, dass die Verabreichung eines mRNA-Impfstoffs die Entwicklung eines bereits bestehenden Lymphoms beschleunigen könnte." Etwa, dass der Tumor in der Nähe der Einstichstelle schneller gewachsen sei als an anderen Körperstellen. Auch der zeitliche Rahmen könnte darauf hindeuten. Belegt sei das aber nicht. Es handele sich lediglich um eine Hypothese.
Wie die Rechercheplattform schreibt, geht Goldman davon aus, dass der Krebs mit "99-prozentiger Wahrscheinlichkeit" schon vor der Impfung bestand. Für das Entstehen dieser Krebsart sei eine Genmutation verantwortlich, die er bereits vor der Impfung hatte.
Dass seine Geschichte von Impfgegnerinnen und Impfgegnern missbraucht wird, um Stimmung gegen die Covid-19-Impfungen zu machen, kommt für den 66-Jährigen nicht unerwartet. Doch es sei ihm wichtig gewesen, darüber zu berichten, um "so die Erforschung der Nebenwirkung von mRNA-Impfstoffen weiter voranzubringen".
Krebspatienten wird zur Impfung geraten
Trotz seiner Erfahrungen rät Goldman Krebspatienten zur Covid-19-Impfung: "Diese Komplikation ist extrem selten, Impfungen hingegen sind sehr wichtig, um stark gefährdete Menschen gegen einen schweren Verlauf von Covid-19 zu schützen."
So sieht es auch Christoph Berger, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (Ekif). Auf Krebsliga.ch sagte er: "Ich empfehle krebsbetroffenen Menschen, sich impfen zu lassen und mit dem Arzt den dafür besten Zeitpunkt zu bestimmen." Die allfälligen Nebenwirkungen der Corona-Impfung seien seines Erachtens "nichts im Vergleich zur Gefahr, schwer an Corona zu erkranken".