Österreich
"Krankes System": Behindertenrat fordert Menschenrechte
Der österreichische Behindertenrat war am Freitag gemeinsam mit Mitstreiterinnen unterwegs um Forderungspakete an ÖVP und Grüne zu überreichen.
"Unsere Geduld ist erschöpft! Handelt endlich!" Am Freitag den 2. Dezember, dem Vortag des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderungen, machte sich der österreichische Behindertenrat mit zahlreichen Mitstreiterinnen gemeinsam auf den Weg zur Parteizentrale der ÖVP und dem Parlamentsclub der Grünen, um jeweils ein Menschenrechts-Forderungspaket zu überreichen.
"Denn Forderungen von Menschen mit Behinderungen müssen von der Politik endlich an- und ernstgenommen werden", so der österreichische Behindertenrat.
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Menschenrechte weiterhin verwehrt
Österreich hat 2008 die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet und sich damit verpflichtet, die Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen umzusetzen. Zur Umsetzung dieser Konvention wurde im Juli 2022 der zweite nationale Aktionsplan Behinderung (für den Zeitraum 2022 – 2030) vom Ministerrat beschlossen. Aufgrund der Mängel in diesem Aktionsplan ist nicht davon auszugehen, dass bis 2030 eine uneingeschränkte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen inmitten unserer Gesellschaft ermöglicht wird. Damit bleiben ihnen maßgebliche Menschenrechte weiterhin verwehrt.
Existenzsicherung muss selbstverständlich sein
Entgegengenommen wurden die Forderungen nach beispielsweise einem inklusiven Bildungssystem, bedarfsgerechter, bundeseinheitlicher Persönlicher Assistenz, barrierefreien Gebäuden, Kommunikation und Online-Anwendungen sowie existenzsichernder Arbeit von Staatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) und Nationalratsabgeordneter Heike Grebien (Grüne).
„"Die politischen Entscheidungsträger haben mit dem Beschluss des untauglichen Nationalen Aktionsplan Behinderung – NAP am 6. Juli 2022 bewiesen, dass es am politischen Willen fehlt, diese Situation zu ändern."“
Kein Lohn trotz Arbeit
Dem entgegen entspricht die Tatsache, dass viele Menschen mit Behinderung trotz Beschäftigung keinerlei finanzielle Absicherung haben.
Rund 24.000 Menschen mit Behinderung verzichten weiterhin trotz täglicher Beschäftigung in einer Tagesstruktur auf jeden Gehaltsanspruch und jede Pensions- und Krankenversicherung. Vertröstet werden sie mit einem minimalen Taschengeld für 20 bis 40 Wochenstunden produktiver Tätigkeit. Je nach Bundesland variiert dieses zwischen 60 und 150 Euro. Grund dafür ist, dass sie - trotz ihrer nachgewiesenen Arbeitstätigkeit in Tagesstrukturen - nach dem ASVG als "nicht arbeitsfähig" eingestuft werden.
Weitere Gespräche sollen Lösung bringen
Sowohl Claudia Plakolm als auch Heike Grebien tauschten sich mit Klaus Widl, dem Präsidenten des Österreichischen Behindertenrates, über die dringendsten Anliegen von Menschen mit Behinderungen aus. Es wurde vereinbart, dass es weitere Gespräche geben werde. Beide sicherten Widl zu, die Forderungen an die zuständigen Minister mit Nachdruck weiterzugeben und einen Prozess des Dialogs auf Augenhöhe einzuleiten, um die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention voranzutreiben.