500.000 Euro erschlichen?

"Kranke" Putzfrau fährt Rad – Sozialbetrug angeklagt

Eine Serbin soll Erkrankungen vorgetäuscht haben, um Invaliditätspension zu kassieren – Ermittler observierten sie, fanden Überraschendes heraus.

Thomas Peterthalner
"Kranke" Putzfrau fährt Rad – Sozialbetrug angeklagt
Die Angeklagte mit Star-Anwältin Astrid Wagner.
Sabine Hertel

Von Weinkrämpfen gebeutelt nahm eine Serbin (40) Donnerstag (18.7.) auf der Anklagebank am Wiener Landesgericht Platz. Swetlana L. (Name geändert) – gekonnt und eloquent verteidigt von Star-Anwältin Astrid Wagner – soll laut Anklage eine schwere Erkrankung vorgetäuscht haben und so versucht haben, unrechtmäßig Sozialleistungen zu erschleichen.

"Bin schwach und kann kaum gehen"

"Meine Füße zittern, ich bin sehr schwach und kann kaum gehen", meinte die Angeklagte vor Gericht. Gegenüber der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) gab sie angeblich an, sie könne sich nur im Rollstuhl fortbewegen bzw. brauche zuhause einen Rollator. Dafür forderte sie eine Invaliditätspension in Höhe von insgesamt 397.916,86 Euro sowie Pflegegeld in der Höhe von 127.971,20 Euro – angeblich zu Unrecht. Schwerer Betrug lautete der Vorwurf. Das Motiv: Geldnot.

"Sie schleppte Steinsockel im Garten"

Laut Anklage soll die Serbin die Erkankung erfunden haben. Zur Einvernahme bei der Polizei kam sie im Rollstuhl. Die Serbin rechnete aber offensichtlich nicht mit dem Ermittlungsaufwand, der betrieben wurde, um sie zu überführen. Die Beamten observierten die Verdächtige in ihrem Heimatort in Niederösterreich. Dort sah eine Streife, dass Swetlana L.  ganz normal ohne Rollstuhl oder Rollator spazieren ging, angeblich Einkaufssackerl vom Supermarkt nach Hause schleppte, im Haus herumhantierte und sogar Fenster putzte.

Fußmarode Angeklagte fuhr Fahrrad

Auch am Fahrrad soll die scheinbar fußmarode Angeklagte in ihrem Wohnort gesehen worden sein. Das Observierungsteam sah auch, wie die Frau einen Steinsockel durch den Garten schleppte. "Alles völlig problemlos", heißt es dazu in der Anklage.

Staranwältin Astrid Wagner verteidigte gekonnt die 40-Jährige.
Staranwältin Astrid Wagner verteidigte gekonnt die 40-Jährige.
Sabine Hertel

Anwältin Wagner: "Überzeugt, schwer krank zu sein!"

Vor Gericht bekannte sich die Swetlana L. trotz der Vorwürfe "nicht schuldig", immer wieder schluchzte und weinte sie, konnte den Ausführungen des Richters nicht immer folgen. "Sie ist überzeugt davon, eine schwer kranke Frau zu sein", erklärte Star-Anwältin Astrid Wagner. "Meine Mandantin ist deshalb nicht schuldig. Ich bin erstaunt, wie es zu dieser Anklage kommen konnte!" Swetlana L. sei jedenfalls nicht arbeitsfähig, deshalb stehe ihr die Pension zu. Wagner beantragte ein psychiatrisches Gutachten für ihre Mandantin. Es könnte sich um eine Hypochondrie handeln. Die Serbin wurde nach vier Monaten aus der U-Haft entlassen. Der Prozess wurde vertagt – geht nun am 9. September weiter. Es gilt die Unschuldsvermutung!

Auf den Punkt gebracht

  • Eine 40-jährige Serbin steht vor Gericht, weil sie vorgab, schwer krank zu sein, um Sozialleistungen zu erschleichen
  • Sie forderte eine Invaliditätspension und Pflegegeld in Höhe von insgesamt 525.888,06 Euro, obwohl sie von Ermittlern dabei beobachtet wurde, wie sie ohne Rollstuhl oder Rollator spazierte, Fenster putzte und sogar schwere Gegenstände trug
  • Die Angeklagte beteuert ihre Unschuld und behauptet, tatsächlich schwer krank zu sein
  • Der Prozess wurde vertagt und soll am 9
  • September fortgesetzt werden
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