Coronavirus

Kogler zu Lockerungen nach Lockdown: "Fix ist nix!"

In der ORF-Pressestunde am Sonntag war Vizekanzler Werner Kogler zu Gast. Im Gespräch ging es um die Öffnungsstrategie nach dem Lockdown.

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Vizekanzler Kogler in der ORF-Pressestunde zur Lockerung der Maßnahmen
Vizekanzler Kogler in der ORF-Pressestunde zur Lockerung der Maßnahmen
Screenshot ORF

Ob der Handel und die Schulen nach dem harten Lockdown planmäßig wieder öffnen, könne man nicht mit Sicherheit sagen, so Kogler. "Fix ist in diesen Zeiten nix“. Die Öffnung der Schulen sei zwar eine Priorität, dennoch hänge dies von dem Infektionsgeschehen, sprich davon, wie sich die Zahlen in den kommenden Wochen noch entwickeln, ab. Die Maßnahmen werden nur "schrittweise und behutsam" gelockert werden können, so Kogler.

Für eine Lockerung der Maßnahmen seien aber ein konstantes Niveau der Zahlen und ausreichende Betreuung in den medizinischen Einrichtungen Voraussetzung. Zudem spiele die Dynamik des Infektionsgeschehens eine ausschlaggebende Rolle. "Davon wird’s abhängen." Erst in ein, zwei Wochen werde man sehen, ob die Zahlen "scharf nach unten gehen". Dann wäre eine Lockerung denkbar und möglich.

Logistik der Massentests

Für die geplanten Massentestungen sind zunächst Zielgruppenscreenings geplant. Dabei sollen beispielsweise Pädagogen als erste getestet werden.

"Für die Gesamtbevölkerung wird das nur einen Sinn haben, wenn wir das in Abständen machen und auch das ist mittlerweile klar und darüber haben wir uns auch verständigt."

Es handele sich um eine riesige logistische Herausforderung, doch Kogler ist der Meinung, dass gut daran gearbeitet werde. Dass alle, die sich vor Weihnachten testen lassen wollen, auch tatsächlich getestet werden, könne er derzeit aber nicht garantieren. "Was sollen wir garantieren in dieser Zeit?" Er versicherte jedoch, dass Personen, die sich nicht testen lassen wollen, keinerlei Einschränkungen erleben würden. Schließlich basiere der Test auf Freiwilligkeit.

"Entflechtung der Kundenströme"

Der Vizekanzler erinnerte erneut daran, dass die Öffnung der Schulen Priorität habe, eine erneute Öffnung des Handels aber auch wichtig sei. Der Handel solle bis zum 24. Dezember an so vielen Tagen wie möglich (außer an Sonntagen) offen haben, um eine "Entflechtung der Kundenströme" zu erzeugen. Zudem sollen im Handel weiter die 10 Quadratmeter-Regeln gelten sowie verstärkte Kontrollen jener durchgeführt werden.

Der weltweite Online-Handel sei in Zeiten wie diesen eine riesige Konkurrenz für die heimischen Betriebe. Daher tue die Regierung ja auch alles dafür, um die Umsatzeinbußen jener auszugleichen, wenn nötig auch über den 7. Dezember hinaus. Bei weiteren Umsatzeinbußen werde es auch weitere Kostenzuschüsse geben müssen. Zu Überforderungen dürfe es aber nicht kommen. "Wenn das noch über Monate geht, müssen wir Deckel einziehen." 

Gastronomie und Hotellerie

Von einer Öffnung der Gastronomie und Hotellerie war bisher nicht die Rede. Auf die Frage hin, ob es denn für diese Bereiche weiterhin finanzielle Unterstützung geben werde, antwortete Kogler: "Es wird jedenfalls Unterstützung und Hilfen geben. Wir wollen ja diejenigen, die ohne die Krise nicht in die Pleite geschlittert wären, gut weiterarbeiten hätten können, (…) positiv im Visier halten um zu helfen."

Insgesamt gab sich Kogler jedoch hinsichtlich der Perspektiven für Gastronomie und Hotellerie bedeckt. Das werde nicht nur vom Infektionsgeschehen, sondern auch vom Vertrauen der Nachbarländer abhängen. Hier geht es insbesondere um die Reisewarnungen. Auch im Kulturbereich sei noch völlig offen, wann dieser seinen Betrieb wieder aufnehmen könne. Hier gebe es ja auch Entschädigungszahlungen.

Unterstützung

"Aber es geht ja nicht nur um einzelne Branchen, sondern darum, dass wir uns insgesamt aus der Krise heraus investieren. Da haben wir die gute Nachricht, dass wir mit den Milliarden-Investitionspaketen auch echte Konjunkturprogramme starten, wo wieder neue Jobs entstehen, das Ökologisieren und Digitalisieren wird seine Wirkung entfalten."

450.000 Menschen in Österreich sind derzeit arbeitslos. Ob es eine dritte Sonderzahlung für Arbeitslose geben werde, konnte er nicht bestätigen. Die geplante Arbeitsstiftung und der Bildungsbonus von 180 Euro pro Monat werde aber ein Umsteuern im Bereich der vielen Arbeitslosen ermöglichen, als ganz wichtige Unterstützung zusätzlich zu den Direkt-Zuschüssen für Arbeitslose.

"Es ist viel, viel wichtiger, den Arbeitsmarkt überhaupt erst wieder zu beleben."

Beschäftigte im Tourismus müssten in die Pflege hinübergezogen werden und sich für die Pflege ausbilden. Technische Arbeitskräfte sollen in Richtung jener Unternehmen gehen, die im Bereich von Klimaschutz und ökologischen Stoßrichtungen tätig sind.

Warum Waffengeschäfte offen sind

"Ich bin dafür, dass an Private ab nächster Woche keine Waffen mehr verkauft werden", so Kogler zum umstrittenen Offenhalten der Waffengeschäfte. Jene seien aber deshalb geöffnet, weil auch die Jagdpächter und Jäger nicht in ihrem Tun beschränkt sein dürften. Tierseuchen etwa, so die afrikanische Schweinepest, seien ein akutes Problem. Das gelte auch für andere Dienstleistungen.

Der geschlossene Buchhandel schmerze ihn persönlich zwar auch, aber gerade dort sei auch der Online-Handel, die telefonische Bestellung und der Versand weiterhin möglich. Außerdem würden die Buchhändler von einer Reduktion der Mehrwertsteuer von 20 auf fünf Prozent im kommenden Jahr sehr profitieren, merkte Kogler an.

Österreich als Rekordhalter

Zu der Tatsache, dass Österreich immer noch Rekordhalter sei, was die Zahl der Infektionen pro 100.000 Einwohner betreffe, verwies der Vizekanzler darauf, dass sich diese Zahlen vielleicht über den ganzen Verlauf hinweg noch relativieren. "Im Prinzip geht es allen Ländern ähnlich." Das wichtigste Ziel in Österreich sei es, dass alle, die ein Intensivbett brauchen, auch eines bekommen. Dieses Ziel habe man auch erreicht.

"Aber wir haben gelernt, wir werden das eine oder andere besser machen."

Zum Beispiel die Ausbreitung des Virus vor allem auch regional bekämpfen. Die zweite Welle sei nämlich "eine Spur unterschätzt worden", daher müsse man im Auge haben, die Infektionszahlen nach der Öffnung gering zu halten. Zudem müsse die Zeit zwischen Tests und Ergebnis reduziert werden: Die ganze Kette müsse sich auf jeweils 24 Stunden zwischen Verdacht, Test und Ergebnis reduzieren. "Da brauchen wir aber die Bezirksbehörden dafür. Mit den Landeshauptleuten stehen wir dazu in intensivem Kontakt."

In den kommenden Monaten wäre es außerdem gut, "dass man nicht ganz Österreich runterfahren muss, wenn irgendwo ein regionaler Cluster auftritt. Da müssten die lokalen Behörden eingreifen", schilderte Kogler.

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