Österreich

Klingeling! "Heute" steuere ich mal eine Bim

Nach dem Bim-Unfall am 16. Juli, bei dem ein Fahrer bei 45 km/h entgleist ist, wollte ich wissen: Wie schwierig ist das Straßenbahnfahren?
Heute Redaktion
13.09.2021, 23:41

Am 16. Juli entgleiste ein Straßenbahn-Fahrer (38) mit einer Garnitur der Linie 62 in der Eichenstraße (Meidling). Der Lenker raste dabei mit 45 statt 15 km/h in die Kurve. Als Ursache gab der Mann ein Blackout an – er wurde mittlerweile von den Wiener Linien gekündigt. Acht Personen, darunter der Fahrer, wurden verletzt, der Sachschaden liegt bei mehreren 100.000 Euro.

Nach diesem tragischen Unfall wollte ich wissen: Wie ist es eigentlich hinter dem Steuer einer Straßenbahn? Auf Einladung der Wiener Linien durfte ich eine Testfahrt absolvieren – zum Glück am Gelände der Zentral-Werkstätte in Simmering.

Sechstgrößtes Bim-Netz weltweit

Rund 4.000 weibliche und männliche Fahrer arbeiten bei den Wiener Linien, darunter etwa 1.550 Straßenbahn-Fahrer – und das im sechstgrößten Straßenbahn-Netz weltweit. Immerhin 14 % davon, also 217, sind weiblich. "Bei den Bus-Fahrern haben wir noch ziemlichen Aufholbedarf. Hier sind nur rund 3 % weiblich", meint Wiener-Linien-Sprecherin Johanna Griesmayr.

Jedes Jahr bearbeitet die Personalabteilung des Unternehmens bis zu 15.000 Bewerbungen. Etwa 120 Bewerber dürfen die Ausbildung zum Straßenbahn-Fahrer, die rund zwei Monate dauert, absolvieren. Nach einem Theorie-Block erfolgt bereits am vierten Tag der Sprung ins kalte Wasser – oder besser gesagt, der Sprung auf die Schienen. Zum Abschluss erfolgt eine theoretische und eine praktische Prüfung.

Straßenbahn-Simulator in zwei Jahren

"In etwa zwei Jahren werden wir einen Straßenbahn-Simulator für die Ausbildung bekommen", freut sich Fahrlehrerin Silvia Franek. Der Vorteil: Hier können viele, unterschiedliche Szenarien "durchgespielt" werden.

Der Simulator bleibt mir (noch) erspart, ich darf eine echte Bim lenken. Franek – sie ist seit dem Jahr 2000 bei den Wiener Linien und eine erfahrene Bim-Instruktorin – gibt mir eine kurze Einführung auf einer alten E2-Garnitur. Im Grunde ist das Fahren sehr einfach: Beschleunigt und gebremst wird nur mit einem einzigen Hebel! Das Beschleunigen geht sehr schnell, bis die Garnitur bei einer Notbremsung steht, dauert es allerdings.

Überblick zu behalten, ist schwer

Schwierig: In der Kurve und bei Weichen darf ich nur maximal 15 km/h fahren – das Tachometer ist allerdings ganz rechts außen positioniert. Mein Blick wandert also immer zwischen dem Tacho und der Frontscheibe hin und her. "Dass der Tacho ganz rechts außen ist, ist absichtlich so, damit die Fahrschüler ein Gefühl für die Geschwindigkeit bekommen", meint Franek.

Fazit: Es fällt mir schwer, den Überblick zu behalten. Wenn ich jetzt im "echten" Verkehr fahren würde, wäre ich wirklich überfordert. Als Bim-Fahrerin bin ich wohl eher ungeeignet...

Es gibt neue Nachrichten auf Heute.atZur Startseite