Wintersport
Klammer über Ski-Zirkus: "Das wäre heute undenkbar"
Am Donnerstag startet "Klammer – Chasing the Line" im Kino. Im "Heute"-Interview erinnert sich Franz Klammer an den Skizirkus der 70er Jahre.
Es war das Rennen seines Lebens: Am 5. Februar 1976 holte Franz Klammer bei den Olympischen Spielen in Innsbruck die Goldmedaille in der Abfahrt. Sein legendärer Ritt über den Patscherkofel ging nicht nur in die Geschichtsbücher ein und ließ ganz Österreich jubeln, sondern veränderte das Leben das damals 22-jährigen Skirennläufers komplett.
45 Jahre später wurde ihm nun ein filmisches Denkmal gesetzt: "Klammer – Chasing the Line" von Regisseur Andreas Schmied ("Love Machine") startet am Donnerstag in den heimischen Kinos.
"Komisches Gefühl"
"Es ist schon ein komisches Gefühl, das eigene Leben so zu sehen. Ich bin eigentlich der Hauptdarsteller, hab aber mit dem Film nichts zu tun", lacht Franz Klammer im "Heute"-Interview. Mit dem Ergebnis ist er absolut zufrieden. "Die Geschichte wurde sehr gut aufgearbeitet und widerspiegelt die 70er Jahre. Ich hab im Film ein paar Sachen erfahren, die ich selbst gar nicht gewusst hab", erzählt er.
Regisseur Andreas Schmied und Ehefrau Elisabeth, die das Drehbuch schrieb, haben im Vorfeld der Dreharbeiten intensiv recherchiert und mit allen Persönlichkeiten von damals wie etwa Klammers Zimmerkollegen Werner Grissmann, Trainer Charly Kahr oder dem Schweizer Konkurrenten Bernhard Russi gesprochen.
Der 24-jährige Newcomer Julian Waldner schlüpft in die Rolle des Abfahrtskaisers und meistert dies mit Bravour, wie Klammer selbst findet: "Er hat das im Film sehr gut umgesetzt, die Emotionen, die Ängste und auch diese Hoffnung."
Der damals 22-jährige Skirennläufer stand in der Woche vor dem berühmten Rennen enorm unter Druck. Medien, Publikum und Trainerstab erwarteten nichts anderes als einen Sieg. Hinzu kam jedoch eine undankbare Startnummer und der Skihersteller, der im letzten Moment die Ausrüstung tauschen wollte.
"Habe gewusst, dass ich gewinne"
"Dieser Lauf sticht heraus. Die Linie hab ich noch genau im Kopf, deshalb heißt der Film auch 'Chasing The Line'. Dass dieser Sieg 45 Jahre später noch strahlen wird, war mir nie bewusst. Ich hab in dieser Zeit keine Zeitung gelesen und nicht ferngeschaut. Den einzigen Kontakt, den ich zur Außenwelt hatte, waren die Telefonate mit der Eva", erzählt Klammer.
Auf die Frage was passiert wäre, wenn er damals nicht gewonnen hätte, antwortet der 67-Jährige: "Keine Ahnung, das ist nie in Frage gekommen. Am Start oben hatte ich zuerst noch Zweifel, aber als ich losgefahren bin, hab ich gewusst, ich gewinne das Rennen. Entweder fliegen oder siegen. Den Hype habe ich schon auch mitbekommen, aber ich habe mich nur auf das Skifahren konzentriert."
Der Film zelebriert nicht nur die 70er Jahre, sondern gewährt auch ein Stück weit Einblick in den Skizirkus der damaligen Zeit. So spielt etwa auch Journalist Heinz Prüller, der zu dieser Zeit für die "Kronen Zeitung" im Einsatz war, eine wesentliche Rolle.
"Es war wie eine große Familie"
"Wir hatten damals mit allen Journalisten ein freundschaftliches Verhältnis. Es war wie eine große Familie: Die Serviceleute, die Trainer, die Läufer und die Journalisten, wie z.B. Michael Kuhn und Heinz Prüller, die im Film vorkommen. Wir sind gemeinsam gereist und Essen gegangen, das wäre heute undenkbar. Jetzt hat jeder einen eigenen Pressesprecher und wird abgeschirmt", erzählt der Abfahrtskaiser. Mit der Social-Media-Vermarktung kann Klammer auch nichts anfangen: "Ich bin froh, dass es das damals noch nicht gegeben hat."
Neben dem sportlichen Geschehen nimmt auch die Beziehung zu seiner damaligen Freundin und späteren Ehefrau Eva im Film viel Raum ein. Doch hier entspricht nicht jede Szene der Realität, wie der Olympiasieger verriet: "Da wurde ein bisschen getrickst, aber diese frische Verliebtheit stimmt natürlich. Ich habe oft schmunzeln müssen im Film."
Skifahren geht Klammer immer noch gerne. 40 bis 60 Tage sind es jeden Winter. Aber ganz so flott wie früher geht es auf der Piste nicht mehr dahin, wie er im Interview erzählt: "Letztes Jahr war die Piste ziemlich frei, da bin ich richtig schnell und jugendlich gefahren. Dann hab ich mir den Schienbeinkopf gestaucht, da hab ich einfach vergessen, dass ich schon ein alter Herr bin."