Wien

Kartenlos bringt’s: Wiener Lokale lassen Kasse klingeln

Immer mehr Lokale in Wien verbannen Bankomat- und Kreditkarte. Nach der Pandemie steht Bargeld so hoch im Kurs wie noch nie.

Wien Heute
Cafébetreiber Robert Gruber (Café P.O.C.) sagt ganz klar: "Bei Barzahlung kommt wesentlich mehr Trinkgeld mit."
Cafébetreiber Robert Gruber (Café P.O.C.) sagt ganz klar: "Bei Barzahlung kommt wesentlich mehr Trinkgeld mit."
Helmut Graf

"Pro Kartenzahlung gehen 0,5 bis 3 Prozent des Betrags als Gebühr für die Kartenzahlung drauf", erklärt Erwin Scheiflinger, Vize-WKW-Gastrochef in Wien. Bei Beträgen über 50 Euro fällt die Gebühr, die Gastronomen für die Kartenzahlung bezahlen, kaum ins Gewicht. Bei einem Espresso für 3,50 Euro aber schon. "Zahlungen sind jetzt sicher bei 50 Prozent mit Karte und 50 Prozent mit Bargeld. Leider leidet das Trinkgeld unserer Mitarbeiter wesentlich, da bei Kartenzahlungen ein Trinkgeld seltener ist."

Warum die Barzahlung nun vor allem in Cafés ein Thema wird, lasse sich nachvollziehen, so Scheiflinger. "Die Kosten steigen, Strom und Gas werden teurer" und die Kartenzahlung bedeute dann auch einen gewissen finanziellen Aufwand durch das "Disagio", wie die Gebühr offiziell heißt. Bei Kleinstpreisen, wie sie im Kaffeehaus anfallen, falle die Gebühr schwer ins Gewicht.

Rolle rückwärts zum Bargeld

Während der Pandemie habe sich sehr stark die kontaktlose Bezahlung mit dem "Plastikgeld" etabliert. Selbst ein einziges Sodawasser wurde mit der Karte gezahlt, so Schefflinger. Ein weiteres Problem: kostet ein Soda 2,50 Euro, rundet der Kunde bei Barzahlung gern auf 3 Euro auf. Bei Kartenzahlung wird das seltener gemacht. Neben vielen Traditonshäusern hat auch das Café "P.O.C. - People on Caffeine" (Wien-Josefstadt) die Karte aus dem Zahlungsprogramm verbannt. Auch in der Naglergasse (Wiener City) nimmt das Personal im "Le Bol Blanc" nur Bares entgegen. "Heute" fragte nach den Gründen.

Böse Mails wegen Cash

"Wir haben so dicke Mauern. Der Funk des Kartenlesegeräts ist oft nicht stark genug, um einen Kartenzahlungsvorgang abzuwickeln", erklärt Omar Shoukry (51) der das "Le Bol Blanc" betreibt. Sein Café ist in einem ehemaligem Kloster in der Naglergasse eingerichtet. Der Gastronom will in Zukunft aber wieder Kartenzahlung anbieten. "Die Leute sollen die Wahl haben. Mit 'nur bar' verprellt man viele". Bis dahin bekommt er "wöchentlich verärgerte E-Mails". Leute schreiben ihm, wann er denn bitte im 21. Jahrhundert ankomme. Oder dass sie nicht einsehen, extra zum Bankomat gehen zu müssen.

"Viele denken an Schwarzgeld"

Shoukry kennt das Trinkgeldproblem. Mit Bankomat "wird es drastisch weniger". Und es sei auch wahr, dass sich die Verkäufe von Eis, Kuchen und Kaffee wegen der Kartengebühr dann eigentlich nicht wirklich lohnen. Ein unangenehmer Nebeneffekt sei, dass einige Kunden bei Barzahlung sofort an Schwarzgeld denken und dem Café unlautere Absichten unterstellen würden.

"Wir machen das hauptsächlich wegen dem Trinkgeld"

Robert Gruber (40), der das Café "People on Caffeine" in der Josefstadt führt, sagt ebenfalls ganz offen, dass bei Barzahlung erheblich mehr Trinkgeld herein kommt. "Das sind bis zu 50 Euro mehr am Abend", wie er im Austausch mit befreundeten Gastronomen festgestellt hat. "Wenn ich selbst mit der Karte zahle, nehme ich mir oft auch nicht die Zeit, extra noch das Trinkgeld aus der Tasche zu holen. Aber wenn ich bar zahle, runde ich meist auf." Das geht wohl vielen so.

Sogar "Anschreiben" ist besser als Karte

Seine Kunden sehen es locker. Und er selbst sieht es auch locker, wenn einer ohne Cash vorbei kommt. Dann darf er anschreiben lassen, zahlt eben an einem anderen Tag. So wie sein Stammkunde Stefano. Der sagt zwar "es nervt!" Er kommt aber trotzdem täglich und zahlt dann gern im Voraus. Und ja, die Touristen aus Skandinavien, Amerika, England oder Holland die fänden das schon ziemlich seltsam mit der Barzahlung. Das Cash ein Ablaufdatum hat, ist dem Gastronomen klar. "Irgendwann werden wir ins 21. Jahrhundert müssen", so Gruber. "Die Barzahlung wird künftig immer weiter verdrängt werden."

1/66
Gehe zur Galerie
    <strong>23.12.2024: "Drecks.." und "faule Blade" – Aufregung um ORF3-Chef.</strong> ORF3-Chef Peter Schöber wird etwa Rassismus, Homophobie und Mobbing vorgeworfen. <a data-li-document-ref="120079903" href="https://www.heute.at/s/dreckau-und-faule-blade-aufregung-um-orf3-chef-120079903">Die ORF-Personalabteilung prüft nun rechtliche Konsequenzen &gt;&gt;&gt;</a>
    23.12.2024: "Drecks.." und "faule Blade" – Aufregung um ORF3-Chef. ORF3-Chef Peter Schöber wird etwa Rassismus, Homophobie und Mobbing vorgeworfen. Die ORF-Personalabteilung prüft nun rechtliche Konsequenzen >>>
    Ferrigato Roland / Verlagsgruppe News / picturedesk.com
    An der Unterhaltung teilnehmen