Ministerin geht "All in"

Kanzler zeigt Gewessler an – das droht der Ministerin

Die Umweltministerin setzt im Renaturierungs-Streit ihre politische Karriere aufs Spiel. Die Kanzlerpartei will sie klagen – "Heute" hat die Details.

Nicolas Kubrak
Kanzler zeigt Gewessler an – das droht der Ministerin
Die gute Laune in der Regierung ist längst Vergangenheit. Bundeskanzler Nehammer kündigte nach Gewesslers "Rechtsbruch" Konsequenzen an.
GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

Die türkis-grüne Regierung ist am Ende. Entgegen der expliziten Ansage der ÖVP stimmte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) dem EU-Renaturierungsgesetz am Montag zu. Mit ihrem Vorstoß wurde die Ministerin in der Volkspartei zu einer Art "Persona non grata", am Dienstag wurde ein für Mittwoch geplanter Ministerrat kurzerhand abgeblasen.

ÖVP will Gewessler anzeigen

Die Stimmung zwischen den Koalitionspartnern hat also einen neuen Tiefpunkt erreicht. Türkis-Grün stand kurz vor dem Aus, sie werde aber noch bis zur Wahl am 29. September weitergeführt, kündigte Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) an. Er sprach jedoch von einem "Rechtsbruch" Gewesslers, der "auch dementsprechende Konsequenzen haben" werde.

Gleichzeitig teilte das Bundeskanzleramt gegenüber "Heute" mit, eine Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) einzubringen. "Die Verfassung gilt auch für Klimaschützer. Niemand steht über dem Recht", hieß es.

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker kündigte zudem an, eine Strafanzeige wegen Amtsmissbrauch gegen die Umweltministerin einzubringen. "Leonore Gewessler stellt wie Herbert Kickl Ideologie über das Gesetz".

Christian Stocker: "Leonore Gewessler stellt wie Herbert Kickl Ideologie über das Gesetz."
Christian Stocker: "Leonore Gewessler stellt wie Herbert Kickl Ideologie über das Gesetz."
Weingartner-Foto / picturedesk.com

Das droht Gewessler jetzt

Bringt die ÖVP – vermutlich über Verfassungsministerin Karoline Edtstadler – die Nichtigkeitsklage beim EuGH ein, besteht die Chance, dass das Renaturierungsgesetz wegen Formmängeln aufgehoben wird. Laut Walter Obwexer, Experte für Europäisches Verfassungsrecht, stünden die Chancen dafür "nicht schlecht", sagte er zur APA.

Eine Anzeige wegen Amtsmissbrauch aus oppositionellen Kreisen ist durchaus üblich. Die FPÖ hat beispielsweise im Februar 2021 gleich mehrere Anzeigen gegen ÖVP- und Grüne-Minister eingereicht. Eine Strafanzeige gegen den eigenen Koalitionspartner wäre hingegen eine Seltenheit.

FPÖ will Misstrauensantrag

Der Nationalrat könnte weiters eine Ministerklage gegen Gewessler einreichen, diese kann mit einfacher Mehrheit (mehr Ja- als Nein-Stimmen) beschlossen werden, wenn mehr als die Hälfte aller Abgeordneten anwesend ist. Ohne ÖVP hätte eine solche Klage keine Mehrheit, eine Zustimmung der Kanzlerpartei würde jedoch einen Koalitionsbruch bedeuten – den will Karl Nehammer bekanntlich verhindern.

Eine weitere Möglichkeit wäre ein Misstrauensantrag im Nationalrat – diesen hat FPÖ-Chef Herbert Kickl bereits angekündigt. Doch auch hier braucht es – wie bei der Ministerklage – die einfache Mehrheit. "Ganz Österreich wird dann Zeuge, wie die ÖVP-Abgeordneten, insbesondere jene des ÖVP-Bauernbundes, der 'Totengräberin' unserer Bauern und Zerstörerin der Ernährungssicherheit die Mauer machen werden", sagte Kickl.

Kommt Präsident ins Spiel?

In letzter Instanz könnte auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen ins Spiel kommen – etwa, wenn Bundeskanzler Nehammer einen Entlassungsvorschlag gegen Gewessler einreicht. In Polit-Österreich wäre das kein Novum: 2019 hatte Sebastian Kurz die Entlassung des damaligen Innenministers Herbert Kickl vorgeschlagen. Van der Bellen nahm diesen Vorschlag an. Dass er auch die Entlassung einer grünen Ministerin akzeptiert, gilt als unwahrscheinlich.

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    Auf den Punkt gebracht

    • Die Regierungskrise eskaliert, nachdem Umweltministerin Leonore Gewessler dem EU-Renaturierungsgesetz zugestimmt hat, was zu Spannungen mit der ÖVP geführt hat
    • Die Kanzlerpartei plant, Gewessler anzuzeigen und eine Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof einzureichen
    • Es drohen auch eine Strafanzeige wegen Amtsmissbrauch und ein Misstrauensantrag im Nationalrat
    nico
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