Nehammer vs. Kickl

Kanzler und FPÖ-Chef mit wilder Corona-Abrechnung

Der eine ist (noch) Kanzler, der andere will es bald werden: Im ORF trafen am Montagabend Karl Nehammer (ÖVP) und Herbert Kickl (FPÖ) aufeinander.

Newsdesk Heute
Kanzler und FPÖ-Chef mit wilder Corona-Abrechnung
Schenkten sich im TV-Duell nichts: ÖVP-Kanzler Karl Nehammer (links) und FPÖ-Chef Herbert Kickl (rechts).
Screenshot ORF

Es ging in die allerletzte Konfrontation der ORF-Wahl-Duelle – nach dem Zusammentreffen von NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger und SPÖ-Chef Andreas Babler am Montagabend traten auch ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer und FPÖ-Herausforderer Herbert Kickl gegeneinander an. Der Showdown war spannend wie kaum ein anderer – einerseits wurde der Abstand zwischen der in Umfragen dauerführenden FPÖ auf die ÖVP zuletzt immer geringer, andererseits könnte alles auf eine FPÖ-ÖVP-Koalition nach der Wahl hinauslaufen.

Schon die Auftaktfrage nutzte Kickl für eine Corona-Abrechnung mit dem Kanzler. Gefragt nach dem Verhältnis zu Nehammer, erklärte Kickl, es sei "mal ein recht gutes" gewesen, bevor er wie wild über die Corona-Politik der Regierung wetterte. "Sie haben es mit ihrer Radikalisierung bis zum Exzess getrieben", warf Kickl dem Kanzler vor, Maßnahmen wie Lockdowns (teils nur für Ungeimpfte) seien eine "Schikane gegenüber der eigenen Bevölkerung" gewesen und der Kanzler habe einen "totalitären Ausnahmezustand" hervorgerufen.

Kanzler-Problem mit Kickl, aber nicht der FPÖ

Den Kanzler ließen die Vorwürfe kalt, vielmehr fühlte er sich bestätigt, was die ÖVP von der FPÖ unterscheide: "Wir haben Fehler gemacht", so Nehammer, das habe er auch immer betont, es sei aber um Menschenleben gegangen und die Maßnahmen seien im Nachhinein umfassend überprüft worden. Es sei um das Entlasten von Intensivstationen gegangen, so der Kanzler, er selbst habe Menschen an Beatmungsgeräten gesehen, die um ihr Leben kämpften. Mit politischer Verantwortung würden auch unpopuläre Entscheidungen einhergehen, hieß es.

Ansage des Kanzlers: Kickl stehe am Spielfeldrand und könne reinschreien, müsse aber keine Verantwortung übernehmen, während er selbst die Verantwortung für alle Menschen in Österreich übernehme und immer "nach besten Wissen und Gewissen" agiert habe. Der Kanzler machte jedoch einmal mehr deutlich, dass er ein Problem mit Kickl, aber nicht der FPÖ habe, in der es "viele vernünftige Kräfte" gebe. Kickl habe sich "radikalisiert", es brauche aber politische Partner, "auf die man sich verlassen kann und die nicht Verschwörungstheorien anhängen".

Nicht er habe sich radikalisiert, sondern der Kanzler mit seinem Corona-Kurs: FPÖ-Chef Herbert Kickl.
Nicht er habe sich radikalisiert, sondern der Kanzler mit seinem Corona-Kurs: FPÖ-Chef Herbert Kickl.
Screenshot ORF

"Planwirtschaftliches Diltat aus Brüssel"

"Sie haben die Zwangsimpfung durchgesetzt, das ist Sturheit", warf Kickl wiederum Nehammer vor, es flogen gegenseitig die Fetzen. Der Kanzler erinnerte Kickl daran, dass er und seine Partei vor allen anderen schärfste "Shutdowns" gefordert hatte und dass keine Maßnahme den Freiheitlichen streng genug war. Außerdem sei niemand "zwangsgeimpft" worden. Der FPÖ-Chef wiederum attestierte Nehammer, die Menschen verunsichert und verängstigt zu haben, statt ihnen Hoffnung zu geben – und sich immer fester an Maßnahmen geklammert zu haben, je höher der Widerstand dagegen wurde.

Oft einer Meinung mit Kickl, aber in der Debatte weit von ihm distanziert: ÖVP-Kanzler Karl Nehammer.
Oft einer Meinung mit Kickl, aber in der Debatte weit von ihm distanziert: ÖVP-Kanzler Karl Nehammer.
Screenshot ORF

Nach rund 20 Minuten wurde zum Klimaschutz gewechselt, Nehammer beklagte dabei, dass Bürgermeister an den Pranger gestellt würden, wenn es ums Thema Bodenversiegelung und -entsiegelung gehe. Die ÖVP wolle Klimaschutz mit "Augenmaß und Vernunft", das müsse mit leistbarem Wohnen, Lebensmittelsicherheit und Unternehmensansiedelungen einhergehen. Kickl wiederum wetterte gegen das "planwirtschaftliche Diktat aus Brüssel", man sei natürlich für ein Bodenschutzgesetz, aber nicht Renaturierungs-Vorgaben der Europäischen Union.

Ministerin, "die sektiererische Anwandlungen hat"

Klimapolitik mit "Hausverstand" strich der Kanzler hervor, man müsse unabhängiger von fossiler Energie werden und erneuerbare Energien vorantreiben. "Die Dampfmaschine ist nicht verboten worden, sondern durch etwas Besseres ersetzt", so Nehammer, man müsse "mit der Zuversicht die Probleme angehen". Kickl wiederum ortete, dass das Energie- und Verkehrsministerium an "eine Person" (Grünen-Ministerin Leonore Gewessler, Anm.) vergeben worden sei, "die sektiererische Anwandlungen hat". Kickl verwies auf Technologie als Lösung beim Klimaschutz, Nehammer darauf, das Verbrenner-Aus infrage gestellt zu haben.

Zu einem Streitpunkt wurde auch das Verteidigungssystem Sky Shield, das der Kanzler als Investition in die Sicherheit und Zukunft bezeichnete, denn Österreich müsse sich als neutrales Land sehr wohl verteidigen können. Das wolle der Kanzler auch in Regierungsverhandlungen so verteidigen. Kickl wiederum ortete keine Möglichkeit, dass Sky Shield einen Großangriff eines Aggressors abwehren könnte – zudem betrage die Reichweite des Abwehrsystems 200 Kilometer, reiche also nicht einmal bis zur russischen Grenze. Grundlegendes Problem sei laut Kickl aber sowieso, dass Sky Shield "einen Bruch der Neutralität" darstelle und Österreich zum Angriffsziel mache.

Kanzler verwies auf Angstmacherei der FPÖ

Genau das zeige, womit die FPÖ Politik mache, so der Kanzler, man arbeite wie Kickl mit Angstmacherei. Die Wahrheit sei aber, so Nehammer: Österreich müsse sich wehren können, "man muss in den Schutz der Österreicherinnen und Österreicher investieren" und mit Sky Shield habe man eine Möglichkeit, das zu tun. Nehammer reckte Kickl gar die Faust entgegen, um zu zeigen: Nur Finger könnten wenig ausrichten, gemeinsam würden sie  aber zur Faust, die das sehr wohl könne. Der FPÖ-Chef wiederum sah Österreich in einer "Eskalationsspirale", kritisierte erneut auch die Ukraine-Hilfe beziehungsweise die Kriegs-Sanktionen.

Kickl "vermisse auf europäischer Ebene" eine laute Stimme, die sage, auch wenn man Recht habe, müsse einmal Schluss sein. Der FPÖ-Chef stellte zudem in den Raum, was die EU machen werde, wenn es ein Umdenken in den USA nach den dortigen Präsidentschaftswahlen in Sachen Ukaine-Unterstützung kommen könnte. Nehammer wiederum verteidigte die Sanktionen gegen Russland, sie seien ein klares Signal Europas dagegen, dass man politische Grenzen in Europa nicht wieder mit Kriegen verschieben könne.

Kurz kam das abschließende Thema Asyl und Migration. Kickl wollte "eine totale Umkehr in unserem Denken und Handeln", "das ist die Festung Europa", die zur "Festung Österreich" werde, weil das System nicht funktioniere. Der Kanzler warf Kickl dagegen erneut Angstmacherei vor, es gehe darum, den Druck an den EU-Außengrenzen zu erhöhen und illegale Grenzübertritte zu verhindern.

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    Auf den Punkt gebracht

    • Im letzten ORF-Wahl-Duell trafen Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und FPÖ-Chef Herbert Kickl aufeinander, wobei Kickl scharfe Kritik an der Corona-Politik der Regierung übte und Nehammer die Maßnahmen verteidigte
    • Neben der Corona-Debatte wurden auch Themen wie Klimaschutz und Energiepolitik diskutiert, wobei Nehammer für pragmatische Lösungen plädierte und Kickl gegen EU-Vorgaben wetterte
    red
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