Gesundheit

Kann mich mein Chef zur Corona-Impfung zwingen?

Die Corona-Impfkampagne ist in Österreich nur schleppend angelaufen. Dennoch machen sich bereits Gerüchte und Unmut breit.

Christine Scharfetter
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Österreich will noch in diesem Jahr einen Großteil der Bevölkerung gegen das Coronavirus impfen.
Österreich will noch in diesem Jahr einen Großteil der Bevölkerung gegen das Coronavirus impfen.
Getty Images/iStockphoto

Die europäische Strategie zur Eindämmung der globalen Corona-Pandemie: Impfen, impfen, impfen. Noch in diesem Jahr soll deshalb auch die Mehrheit der Österreicher gegen das COVID-19-Virus geimpft werden. Doch bereits kurz nach den ersten Impfungen machten Gerüchte die Runde. Vor allem in Bezug auf Nebenwirkungen wurde eine Vielzahl an Mythen verbreitet, die für eine große Verunsicherung in der Bevölkerung sorgten. Eine der wichtigsten Frage, die sich derzeit viele Arbeitnehmer stellen: Darf mich mein Arbeitgeber zur Corona-Impfung zwingen?

"Nein, das kann der Chef ganz klar nicht", so die Antwort des Arbeitsrechtsexperten Philipp Brokes von der Arbeiterkammer Wien auf Nachfrage von "Heute".

Ein Arbeitgeber könne eine Impfung rechtlich nicht anordnen, da jeder Mensch das ganz klare Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit habe. Dies sei sowohl in der österreichischen Bundesverfassung als auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention Art. 8 geregelt: "Darin ist auch festgehalten, dass mein Privatleben geschützt werden muss und mein Körper ist ganz klar meine Privatsache. Damit kann der Arbeitgeber nicht anordnen, welche ärztliche Heilbehandlung - und die Impfung ist eine Heilbehandlung - ich in Anspruch nehmen soll oder nicht."

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    Die erste Impfung gegen das Coronavirus in Österreich wird einer Frau über 80 Jahre von Ursula Wiedermann-Schmidt (r.), Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Vakzinologie ...
    Die erste Impfung gegen das Coronavirus in Österreich wird einer Frau über 80 Jahre von Ursula Wiedermann-Schmidt (r.), Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Vakzinologie ...
    HANS PUNZ / APA / picturedesk.com

    Kein Kündigungsgrund - aber nur theoretisch

    Somit könne der Arbeitgeber seinen Angestellten aufgrund einer Impfverweigerung nicht fristlos entlassen. "Die Weisungen eines Arbeitgebers finden ihre Grenzen dort, wo Grundrechte betroffen sind, in dem Fall das Grundrecht auf die körperliche Unversehrtheit", erklärt Brokes weiter. Sollte es dennoch soweit kommen, dann würde der Fall bei Gericht mit Schadensersatzforderung landen.

    Selbst, wenn sich herausstellen sollte, dass eine Impfung tatsächlich auch Dritte schützt, sie also eine Übertragung verhindert, könne es nicht zu einem Impfzwang von Seiten eines Arbeitgebers kommen.

    Soweit, so gut und plausibel, wäre da nur nicht das liberale Kündigungsrecht. Sprich, in Österreich muss eine Kündigung nicht begründet werden und wird somit in den meisten Fällen möglich und nur schwer anzufechten sein, gibt der Experte zu bedenken. Allerdings würde schon die Klärung der noch fraglichen Schutzwirkung gegenüber Dritten helfen, sachlich zu beurteilen, inwieweit der Arbeitgeber überhaupt ein persönliches Interesse haben kann, seine Beschäftigten geimpft zu sehen.

    Generelle Impfpflicht möglich

    Und das letzte Wort hat hier ohnehin jemand anderes: Aufgrund des Epidemiegesetzes aus dem Jahr 1950 könnten in Österreich auch Gesundheitsbehörden für bestimmte Berufsgruppen eine Impfung verpflichtend anordnen. "Eine generelle Impfpflicht wäre in Österreich verfassungsrechtlich somit nicht auszuschließen", erklärt Brokes.