Österreich
Junge Täter als Riesenproblem
"Es handelt sich bei den Delikten oft um Mutproben, erklärte Christian Grafl, Vorstand des Instituts für Strafrecht und Kriminologie, die im Jahr 2008 um 30 Prozent gestiegene Jugendkriminalität. Für Florian P. ( 14) endete seine jüngste "Mutprobe mit einem tödlichen Polizei-Projektil im Rücken.
Die Zahl jugendlicher Tatverdächtiger ist in den ersten sechs Monaten 2009 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um zwölf Prozent zurückgegangen. Eine nur scheinbar gute Nachricht: Denn alleine im Vorjahr hatte die Zahl jugendlicher Straftäter gegenüber 2007 um 30 Prozent zugenommen. Das Problem ist nicht zu leugnen, wie auch der tragische Fall von Florian P. zeigt. Der Schüler brach gemeinsam mit seinem Freund Roland T. (16) in der Nacht auf Mittwoch in die Merkur-Filiale in Krems (NÖ) ein und wurde von einer Polizeistreife erschossen.
Die Jugendlichen handeln aus Langeweile oder weil sie sich durch Mutproben beweisen müssen, erklärt Experte Christian Grafl. Kriminalität sei eine Episode des Erwachsenwerdens und verschwindet in den meisten Fällen von selbst wieder. Üblicherweise seien die Straftaten Bagatelldelikte.
Alles andere als eine Bagatelle ist das Drama von Krems: Florian P. ist tot, Roland T. schwer verletzt. Die Angehörigen und Freunde der Teenie-Einbrecher sowie die zwei Polizisten stehen unter Schock. In der ersten Einvernahme am Donnerstag zeigte Roland T. keine Reue, auch den Tod seines Freundes bedauerte er mit keinem Wort, wie Staatsanwalt Friedrich Kutschera im Heute-Gespräch erklärt. Das Duo hätte wegen Geld eingebrochen, die Polizisten aber nicht angegriffen. Sie seien geflohen, so die Aussage des gefassten Einbrechers.
Über ihn wurde wegen Wiederholungsgefahr die U-Haft verhängt, er liegt in der geschlossenen Abteilung des Kremser Spitals. Nach einem möglichen weiteren Komplizen wird gefahndet. Die Sonderkommission der Polizei deckte dem Vernehmen nach Fehlverhalten der Beamten auf. Sie hätten eigentlich Verstärkung rufen müssen.
Florian war kein Krimineller
Mein Sohn war nicht der Bravste, das stimmt schon. Er hat schon einigen Blödsinn angestellt, aber er war kein Krimineller, ist Florians Vater, Robert P., am Tag nach dem Drama noch immer fassungslos. Hätten die Polizisten wirklich gleich schießen müssen?
Der Kremser Robert P. ist Küchenmonteur, an die 190 Zentimeter groß, kräftig - ein Bär von einem Mann. Im Heute-Gespräch wirkt er zerbrechlich, die Stärke ist tiefer Trauer und Selbstzweifeln gewichen. Seine Lippen beben, während er spricht. Ein Mann weint nicht. Hätte ich ihn einsperren sollen?, fragt der Vater, der seit sieben Jahren von Florians Mutter geschieden ist und 200 Meter entfernt wohnt. Er sei eigentlich ein gescheiter Bub gewesen, der vielleicht nicht den besten Umgang gepflegt habe, wie P. einräumt. Aber hätte ich ihm seine Freunde verbieten sollen? Die Schüsse, dass Polizisten auf wehrlose Kinder schießen - das kann der Vater des getöteten Schülers nicht verstehen. Er werde sich rechtliche Schritte vorbehalten, der Fall müsse geklärt werden. Lückenlos. Das hat mein Sohn verdient!
Die Beisetzung wird kommende Woche in Krems stattfinden. Robert P.: Die Beerdigung soll wunderschön werden. Egal, was es kostet.
Claus Kramsl