Der Auftrag der Einheit mit Codename NILI: Aufspüren und Eliminierung aller Personen, die an dem Anschlag vom 7. Oktober beteiligt waren. NILI ist ein Kurzwort auf Hebräisch für "Die Ewigkeit Israels wird nicht lügen".
"NILI besteht aus Mitgliedern des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet sowie des Auslandsnachrichtendienstes Mossad", sagt Ahron Bregman zu "20 Minuten". "Diese Zusammensetzung weist auf einen wichtigen Punkt hin: Nämlich, dass NILI Jagd auf Hamas-Mitglieder sowohl im Inland als auch im Ausland machen wird", so der Nahostexperte vom Londoner King’s College, der selbst sechs Jahre in der israelischen Armee diente.
Im Fokus von NILI stehen die Mitglieder der Kommandoeinheit des militärischen Flügels der Hamas: Es waren die Männer der Hamas-Spezialeinheit Nukhba (Arab. für "Elite") gewesen, die am 7. Oktober als Erste nach Israel eingedrungen waren.
NILI-Mitglieder arbeiten unabhängig von anderen Einheiten, die sich ebenfalls auf die Neutralisierung von Kampfzellen und hochrangigen Terroristen konzentrieren. "Die israelischen Nachrichtendienste haben unlängst die Namen und Aufenthaltsorte von Hamas-Kaderleute im In- und Ausland veröffentlicht, was bemerkenswert ist", so Professor Bregman weiter.
"Die Hamas-Führer, die in Katar und der Türkei leben, werden fortan stets mit einem Blick über die Schulter leben müssen, was natürlich der Sinn der öffentlichen israelischen Kommunikation war."
Nach der Legalität des israelischen Killerkommandos gefragt, verweist Bregman auf den Terroranschlag von München 1972, als der palästinensische "Schwarze September" bei den Olympischen Spielen israelische Sportler tötete.
"Dies schuf einen Präzedenzfall. Der Mossad jagte die Terroristen fortan während zwanzig Jahren, ohne dass Israel dies je offiziell zugab." Der Mossad sei bei diesen Operationen meist sehr vorsichtig vorgegangen: "Man eliminierte die Beteiligten jeweils in Ländern, wo keine schwerwiegenden diplomatischen Folgen zu befürchten waren."
Alles in allem war die israelische Mission "Operation Zorn Gottes" nicht besonders erfolgreich: Die Sondereinheit "Caesarea" unter dem Kommando des späteren Premierministers Ehud Barak eliminierte von 35 Zielpersonen etwa ein Dutzend. "Nicht nur München 1972, auch die abenteuerliche Geschichte rund um Hamas-Führer Chalid Maschal (siehe Box) macht deutlich, dass die Israelis willens sind, ihre Feinde auch im Ausland zu jagen – obgleich der Ausgang dieses Anschlags ein absolutes Desaster für Israel war", so Bregman.
In Gaza wurden bereits mehrere Führungspersonen von Hamas und dem an den Anschlägen beteiligten "Islamischen Jihad" eliminiert. "Dennoch dürfte Israel sein erklärtes Ziel, die Hamas und ihre Führung dort vollständig auszulöschen, nicht erreichen", sagt Bregman und verweist auf deren soziale und ideologische Verwurzelung. "Im Ausland aber könnte das durchaus gelingen."
Hamas-Führer Maschal: Gift und Gegengift
Am 25. September 1997 wurde Chalid Maschal, ein politischer Hamas-Führer, das Ziel eines Anschlags des israelischen Geheimdienstes Mossad. Nach Auftrag durch den damaligen israelischen Premier Benjamin Netanyahu reisten die Agenten mit kanadischen Pässen nach Jordanien, wo Maschal ein Büro unterhielt. Ein Mossad-Agent lenkte den Mann ab, während ein anderer ihm ein spurloses und tödliches Gift ins Ohr sprühte.
Dies gelang zwar, doch Maschals Bodyguards stellten die Agenten und übergaben sie jordanischen Sicherheitskräften. Amman verlangte daraufhin von Netanyahu die Herausgabe des Gegengifts. Dieser lehnte zunächst ab, gab nach einer Intervention des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton dann aber nach.
Maschal überlebte und lebt heute in Katar, von wo aus er weiter zum Terror gegen Israel aufruft. Maschal dürfte heute auf der Tötungsliste des israelischen Killerkommandos NILI stehen. Die in Jordanien festgesetzten Mossad-Agenten wurden gegen den in Israel inhaftierten Hamas-Führer Ahmad Yasin ausgetauscht, einen der Gründer der Terrororganisation Hamas, der schließlich 2004 bei einer gezielten Tötungsaktion in Gaza-Stadt starb.