Welt
IS greift Gefängnis an und startet Ausbruchs-Welle
Ein spektakulärer Angriff des IS auf ein Gefängnis hat dazu geführt, dass mindestens acht Gefangene geflohen sind.
Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat in al-Hassaka, Nordsyrien, ein von Kurden bewachtes Gefängnis angegriffen. Dort sitzen Tausende IS-Anhänger aus 28 bis 36 verschiedenen Nationen in Massenzellen – auch Daniel D. (Name von der Redaktion geändert), der "gefährlichste IS-Jihadist der Schweiz".
Mit Raketenwerfern bewaffnet
Während die schwer bewaffneten IS-Anhänger das ehemalige Schulgebäude unter anderem mit Raketenwerfern beschossen, meuterten gleichzeitig die Insassen im Ghweran-Gefängnis. Sie steckten Decken und Plastikgegenstände in Brand, überwältigten Gefängniswächter und gelangten an Waffen und Munition.
Die Lage war lange unübersichtlich. Aktivisten zufolge sind bei diesem schwersten Angriff der letzten Jahre mehr als 40 Menschen getötet worden. Unbestätigten Meldungen zufolge soll acht IS-Insassen die Flucht gelungen sein, zwei von ihnen hätten kurdische Milizen wieder fassen können. Noch ist offen, ob oder wie viele Insassen bei dem Ausbruchsversuch getötet wurden. Eine Anfrage nach Daniel D. ist bei der Pressestelle der "Syrischen Demokratischen Kräfte" (SFD) hängig.
Über Stunden hielten in al-Hassaka schwere Gefechte an. Laut der kurdisch-arabischen Allianz SDF wurden ausserhalb des Gefängnisses zwölf IS-Angreifer getötet. Darunter soll auch ein chinesischer oder uigurischer IS-Anhänger sein. Der IS war mit einem ganzen Trupp angerückt: 89 der Kämpfer wurden verhaftet.
Andere IS-Kämpfer hätten sich in Häusern von Zivilisten versteckt und würden noch auf SDF-Sicherheitskräfte schießen, berichten lokale Quellen gegenüber "20 Minuten". Die Rede ist auch von mindestens zwei getöteten SDF-Kämpfern, was jedoch noch nicht bestätigt wurde. Die von den USA angeführte Anti-IS-Koalition bestätigte den gewaltsamen Befreiungsversuch und unterstützte die SDF-Kräfte mit Apache-Helikoptern.
Der IS ist seit 2019 territorial besiegt, hat sich aber im Untergrund neu organisiert und erstarkt in der Region wieder. Im benachbarten Irak starben bei einem IS-Angriff ebenfalls elf Soldaten. 20 Minuten hatte den Genfer Daniel D. im Dezember 2019 im Ghweran-Gefängnis besucht. Er gehörte dem mittleren Kader des IS an, wurde zum Sniper ausgebildet und gehörte somit zur militärischen Elite. Er wusste von Auslandsplanungen von Terroranschlägen, auch in der Schweiz. Während seiner Haft haben ihn Geheimdienste der USA, Deutschlands und Grossbritanniens befragt.
"Das Gefängnis wurde als Hochsicherheitsgefängnis konzipiert, denn hier sitzen viele hohe IS-Leute", sagte damals Gefängnischef Robar. Seither wurde das Gefängnis ausgebaut, zumal die Massenzellen ein Sicherheitsrisiko darstellten.
Gefahr droht aber immer auch von außen, wie sich auch jetzt wieder zeigt. IS-Schläferzellen, die durch den Abzug der Amerikaner aus dem Gebiet erstarkt sind, haben schon mehrfach versucht, Gefängnisse zu stürmen und seine Anhänger rauszuholen. Gerade solche Stürmungsaktionen gehören seit jeher zur Handschrift des IS. "So etwas kommt alle paar Wochen vor", sagen die kurdischen Wächter. "Es ist eine Botschaft des IS an die Häftlinge im Innern." Die Schweiz holt ihre Handvoll IS-Kämpfer aus Sicherheitsbedenken nicht aus der kurdischen Haft zurück.