Coronavirus
Innenminister zu Corona in Wien: "Ist fünf nach zwölf"
Nachdem die Zahl der Neuinfektionen in Wien rasant steigt, schlägt ÖVP-Innenminister Nehammer Alarm. Er bietet der rot-grünen Stadtregierung Hilfe an.
Stand Donnerstag (8 Uhr) sind in der Bundeshauptstadt 19.164 positive Testungen bestätigt - das sind 613 mehr als noch am Mittwoch. Mehr als die Hälfte aller Neuinfektionen geschieht in Wien. Jetzt schlägt Innenminister Karl Nehammer Alarm und bietet der rot-grünen Stadtregierung seine Hilfe an: "Es ist fünf nach zwölf!"
Nehammer vermisst Wiener Kooperation
"Es ist eine sehr ernste Lage derzeit bundesweit und insbesondere in der Stadt Wien. Wir haben immer Hilfe angeboten – einerseits durch Unterstützung beim Contact Tracing, andererseits durch Hilfe bei der Kontrolle von Quaratänemaßnahmen", so der Innenminister. Selbst drei Tage vor der Wahl sei kein Platz für "parteipolitische Manöver".
„"Wahltaktische Gründe haben in der Krisenbewältigung keinen Platz. Es ist fünf nach zwölf." - Karl Nehammer“
Dass Wien heute nicht einmal an der Sitzung des Krisenstabes der Bundesregierung und der Bundesländer teilgenommen hat und gerade jetzt komplett aussteigen will ("Heute" hat berichtet), zeige, dass es hier wenig Kooperationsbereitschaft gebe, so Nehammer. Mehrere Mitglieder des Einsatzstabes hätten im Krisenstab Informationen mit der Stadt Wien austauschen wollen, und hatten nicht die Gelegenheit dazu. "Das hemmt die gemeinsame Arbeit im Kampf gegen das Virus vor allem im Bereich des Contact Tracing", bemängelt der Innenminister.
Stadt Wien wehrt sich gegen Vorwürfe
Die Stadt Wien sieht das naturgemäß ganz anders. Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) erklärte am Donnerstag, dass die Teilnahme an den Sitzungen des Krisenstabes nichts brächten. Die Sitzungen des Krisenstabes fänden um 9.00 Uhr statt. Zu dieser Zeit seien die Mitarbeiter der Stadt damit beschäftigt die Zahlen der vergangenen 24 Stunden auszuwerten.
"Mir ist lieber die Ressourcen für die Analyse und Nennung richtiger Zahlen einzusetzen, als meine MItarbeiter in einer Sitzung zu binden, die nichts bringt, wenn die Daten bis 14 Uhr eingemeldet werden können", so Hacker. Außerdem wirft er dem Innenministerium die Verwendung von "Falschmeldungen und falschen Statistiken" vor.
Von der Hand zu weisen ist der Gedanke nicht, dass es sich bei den gegenseitigen Vorwürfen - Hacker wirft dem von der ÖVP geführten Inneministerium, vor zu einem "Propaganda-Ministerium" geworden zu sein - um Geplänkel im Vorfeld der am Sonntag stattfindenden Wiener Gemeinderatswahl handelt, nicht.
Denn mit dem Corona-Krisenstab des Gesundheitsministeriums laufe die Zusammenarbeit gut, die Stadt Wien zeige sich hier sehr "engagiert", so Hacker. Dieses wird in Person von Rudolf Anschober (Grüne) auch von jener Partei geleitet, mit der man in Wien eine Koalition bildet.
Die von der AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssichereheit) veröffentlichten Zahlen zeigen jedenfalls, dass die 7-Tages-Inzienz mit 130,7 bestätigten Fällen pro 100.000 Einwohnern deutlich über der Marke jenes Bundeslandes, das die zweitgrößte Inzidenz hat (Tirol mit 75,6 Fälle pro 100.000 Einwohnern) - siehe Grafik oben. Gleichzeitig hat Wien laut AGES die schlechteste Quote, was die Aufklärung von Corona-Fällen betrifft. Nur knappe 19 Prozent können derzeit laut AGES-Analyse zurückverfolgt werden (siehe unten).