Politik
Friseure, Shopping – das kommt jetzt auf Ungeimpfte zu
"Heute"-Interview mit Neo-Innenminister Gerhard Karner (VP). Der 54-Jährige spricht über Demos, 2G-Kontrollen im Advent und seine Asyllinie.
Er ist der neue Hammerhart-Minister der ÖVP – Gerhard Karner, dreifacher Familienvater, bis vor Kurzem Bürgermeister von Texingtal. Drei persönliche Gegenstände hat er bereits im sonst spartanischen Büro in der Wiener Herrengasse – einen Kalender mit Fotos seiner Kinder (19, 17, 13), ein signiertes altes Rapid-Dress und an der Wand ein Kreuz aus der Wohnung seiner verstorbenen Eltern. "Es bedeutet mir viel", so Karner. Mit "Heute" sprach er über die Corona-Pandemie und ihre Auswirkung auf die Polizeiarbeit, warum er neue Flüchtlinge aus Afghanistan ablehnte und wie er mit seiner Familie den Heiligen Abend verbringt.
"Heute": Herr Karner, als neuer Polizei-Minister – haben Sie selbst sich schon an die permanente Bewachung durch die Cobra gewöhnt?
Gerhard Karner: Es ist eine neue und herausfordernde Situation. Die Kolleginnen und Kollegen machen das sehr zurückhaltend, professionell und sind exzellent ausgebildet. Sie sorgen sich um die Sicherheit aller Menschen in diesem Land.
Bei der Polizei sind durch Corona-Pandemie und infektionsbedingte Ausfälle knapp eine Million Überstunden angefallen. Auf Demos müssen sich die Beamten mit – höflich formuliert – dubiosen Ansichten herumschlagen. Kann ein junger Mensch den Polizeiberuf noch anstreben?
Ja, auf jeden Fall. Der Polizeiberuf ist ein spannender und abwechslungsreicher Job. Aber Sie haben recht: In der jetzigen Phase ist er sehr herausfordernd. Die Pandemie ist für jeden Einzelnen in diesem Land eine besondere Herausforderung. Bei meinem Besuch in den Einsatzzentralen war es beeindruckend zu sehen, wie professionell hier vorgegangen und konsequent durchgegriffen wird, wenn es Verstöße gibt – wie etwa auf Demos.
„Gerhard Karner: "Kein Pardon für Rechtsextreme, Narren und Hooligans."“
Was machen Bilder mit Ihnen, wenn Sie sehen, dass auf Demos mit Eisbrocken geworfen wird; bengalische Feuer gezündet werden?
Wenn Dinge passieren, die gegen Leib und Leben gerichtet sind; wenn Menschen bedroht oder verletzt werden, wird die Exekutive immer mit voller Konsequenz durchgreifen. Zumindest das mit dem Eis und den Schneebällen wird sich witterungsbedingt bald von selbst erledigen.
Eine Puls-4-Journalistin wurde auf der Demo bedrängt, bedroht und belästigt – zumindest verbal. Wie weit geht das noch?
Die Polizei hat mehrere Aufgaben. Erstens: die Versammlungsfreiheit zu gewährleisten, sie ist demokratiepolitisch ein ganz hohes Gut. Zweitens: darauf zu achten, dass sich alle an die Regeln halten. Bei Verstößen gegen die Maskenpflicht erstatten die Beamten konsequent Strafanzeige. Drittens: kein Pardon für Rechtsextreme, Narren und Hooligans, die Polizisten attackieren, Journalisten bedrängen oder Gesundheitseinrichtungen beschmieren.
Warum geht man nicht endlich entschlossener gegen Personen vor, die Judensterne tragen; die ohne FFP2-Maske laut auskeuchend durch die Stadt ziehen?
Hier gibt es volle Entschlossenheit. All diese Dinge werden zur Anzeige gebracht. Diesen Auftrag hat die Polizei und das tut sie auch. Die Beamten gehen mit 3D vor: Dialog, Deeskalieren, Durchgreifen – wenn es notwendig ist. Das wird auch mit aller Konsequenz gemacht. Gerade, wenn es um Antisemitismus und Verharmlosung des Holocaust geht, wird rigoros vorgegangen – das zeigen die Anzeigen und auch Festnahmen im Rahmen der letzten Demos. Das ist mir persönlich wichtig und Teil unserer historischen Verantwortung.
„"Platzverbote und Bannmeilen hat es immer wieder gegeben."“
Diese Woche ist der erste Einkaufssamstag nach dem Lockdown. Kann das gut gehen – Familien, die in Ruhe einkaufen wollen und Corona-Leugner, die über den Ring ziehen?
Bislang sind mir noch keine angemeldeten Demos bekannt.
Es wäre aber verwunderlich, wenn es ausgerechnet diesen Samstag keine gäbe.
Die Lage wird sowohl in Wien, aber auch in den Bundesländern, laufend beobachtet und beurteilt. Daran werden die notwendigen Entscheidungen dann geknüpft.
„"Es gibt klar den Auftrag, den Lockdown für Ungeimpfte konsequent zu kontrollieren."“
Warum kann man solche Demos am Höhepunkt der vierten Welle nicht verbieten?
Es werden immer wieder Demos verboten oder Platzverbote ausgesprochen. Ich möchte mich an dieser Stelle aber bei der großen Mehrheit der Österreicher bedanken, die von sich aus nicht auf diese Demos gehen und sich an alle Maßnahmen in der Pandemie-Bekämpfung halten. Sie erleichtern die Arbeit der Polizei und helfen dabei, Leben zu retten.
In Rom gibt es fixe Demozonen. Ist das für Wien denkbar – etwa auf der Donauinsel?
In enger Abstimmung mit der Polizei und den Verantwortlichen in den Ländern kommt es immer wieder zu Verboten. Das ist aber immer situationsbedingt angepasst.
Sie weichen meiner Frage aus: Ist es denkbar, die Demos raus aus der Wiener Innenstadt zu verlegen?
Das Recht der freien Meinungsäußerung gilt. Aber es gibt auch das Recht auf Sicherheit für alle Menschen. Daher ist immer im Einzelfall zu beurteilen, was möglich ist – und was nicht. Das wird von den Sicherheitsbehörden immer ganz genau abgewogen und die Entscheidungen werden nach genauer Prüfung der Sachlage getroffen.
Sie schließen es also nicht aus?
Ich schließe es weder ein noch aus. Platzverbote und Bannmeilen hat es immer wieder gegeben – im Rahmen der geltenden Gesetze. Die sind die Richtschnur.
„2G-Checks bei Friseuren und in Geschäften? "Fakt ist: Es wird kontrolliert werden."“
Der Lockdown für Ungeimpfte geht weiter. Wird die Polizei diesen entsprechend kontrollieren oder kommt jetzt der "Weihnachts-Schlendrian"?
Nein, nein. Sicher kein Schlendrian. Es gibt klar den Auftrag, den Lockdown für Ungeimpfte konsequent zu kontrollieren, aber nicht zu schikanieren. Das erwarten sich die Menschen und das ist der eigene Anspruch der Polizei. Mehr als 700.000 Kontrollen seit dem 15. November sind ein klarer Beleg dafür.
Strenge 2G-Kontrollen also vor den Geschäften und Friseuren?
Wie wir vorgehen werden, kann ich Ihnen aus taktischen Gründen nicht im Detail darlegen. Fakt ist: Es wird kontrolliert werden.
Müssen Ungeimpfte, die den Lockdown brechen, mit harten Geldstrafen rechnen?
So, wie es vorgeschrieben ist. Es bleibt bei einem konsequenten, klaren Vorgehen.
Große Silvesterfeiern wird die Corona-Lage auch heuer nicht hergeben. Die nächste Mammutaufgabe für die Polizei, Partytiger zu bändigen?
Die Regeln ab dem 21.12. werden derzeit von der Bundesregierung erarbeitet. Vielleicht wäre es aber generell besser, im Kreise der Familie zu bleiben und so auch einen Beitrag zu leisten.
Verstehen Sie, dass man in Wien ins Bordell, nicht aber Schnitzel essen gehen darf?
Der Bund hat die Unterkante festgelegt, die Bundesländer haben mitunter eigene Regeln dazugelegt. Die jeweiligen Landespolizeidirektionen kontrollieren die Einhaltung der vor Ort geltenden Verordnungen.
Bleiben die Strafhöhen gleich?
Die Höhe der Strafen setzt nicht die Exekutive fest. Diese werden vom Gesundheitsministerium verordnet.
Bleiben Sie in der Asylfrage der türkisen Linie treu – wird weiter abgeschoben?
Ja. Ich habe einen Brief der EU-Innenkommissarin erhalten, wo sie mich ersucht hat, an einem Re-Settlement-Programm für afghanische Flüchtlinge teilzunehmen. Ich habe gesagt: Nein, aus österreichischer Sicht ist das nicht möglich. Österreich ist bei afghanischen Flüchtlingen schon über Gebühr belastet. Gemessen an der Bevölkerungszahl haben wir die zweitgrößte afghanische Community in ganz Europa. Für uns gibt es da keinen Spielraum mehr.
Gar keinen?
15 Länder tun hier mit, Österreich nicht. Das ist klar die Linie, das bleibt auch so. Was vertretbar und verträglich ist, wird Österreich machen. Alles andere: Ein klares Nein. Rückführungen, Schutz der EU-Außengrenzen sind ganz oben auf meiner Agenda.
Gestatten Sie mir noch eine private Frage zum Schluss: Wie werden Sie Weihnachten feiern?
Wie jedes Jahr besuche ich mit meiner Frau und unseren drei Kindern – die Mädchen sind 19 und 17, mein Sohn 13 – die Christmette. Daheim dann die Bescherung, danach gibt’s gemeinsames Essen.