Coronavirus

Infiziertes Personal in Spitälern – "Das kann eskalieren"

Die neuen Corona-Regeln in Spitälern seien nicht umsetzbar auf der einen und verantwortungslos auf der anderen Seite, sagen Gesundheitsexperten.

Michael Rauhofer-Redl
Ab kommenden Montag dürfen positiv getestete Mitarbeiter in Spitälern theoretisch direkten Patientenkontakt haben.
Ab kommenden Montag dürfen positiv getestete Mitarbeiter in Spitälern theoretisch direkten Patientenkontakt haben.
Waltraud Grubitzsch / dpa / picturedesk.com

Am Montag bricht Österreich mit der bisherigen Maxime im Pandemiemanagement, positiv auf das Coronavirus getestete Personen schnellstmöglich abzusondern, um so eine Ausbreitung von SARS-CoV-2 zu verhindern. Unter dem Begriff "Verkehrsbeschränkung" dürfen Infizierte dann wieder am öffentlichen Leben teilnehmen – ganz gleich ob in der Arbeit oder in der Freizeit. Einzige Bedingung: das durchgehende Tragen einer FFP2-Maske.

Doch die neue Regeln sorgt vor allem im Gesundheitswesen und bei Experten für Kopfschütteln und Verärgerung. Die Virologin Dorothee von Laer ist gar der Ansicht, dass die Regelung "nicht durchdacht" sei und einer "detaillierten Nachschärfung" bedürfe. Auch seitens der Ärztekammer sieht man die neue Verordnung äußerst kritisch. Vizepräsident Harald Mayer etwa zweifelt an der Umsetzbarkeit.

"Wie soll das funktionieren?"

Konkret geht es unter anderem um die Einlasskontrollen. Infizierte dürfen nämlich laut Verordnung nicht als Besucher in vulnerable Settings, etwa ins Krankenhaus. "Wie soll das funktionieren", fragt sich Mayer. "Mir schwant nichts Gutes", erklärt er im Ö1-Morgenjournal am Freitag auf die Frage nach der Kontrolle des Vertretungsverbotes – Corona-Positive dürfen nur als Mitarbeiter ins Spital, oder um eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben abzuwenden, sprich als Patienten. Eine Kontrollmöglichkeit, etwa für angestellte Security-Bedienstete, sei nicht gegeben. Die Betroffenen würden erklären, dass ihr Gegenüber der Corona-Status nichts anginge und dass sie "da jetzt hinein" müssten. Das könne leicht eskalieren, so Mayer.

Es sei zudem nicht Aufgabe des medizinischen Personals, die Lockerungen zu überwachen, so Mayer. "Wir behandeln Patienten, wir helfen ihnen wieder gesund zu werden. Aber wir sind nicht dazu da, Coronaregeln, die wahrscheinlich nicht gut umsetzbar sind, zu exekutieren", spricht er Klartext. An der Möglichkeit, dass auch infiziertes Personal ab 01. August in Spitälern arbeiten darf, lässt er ebenfalls kein gutes Haar: "Eine Mischung aus Verantwortungslosigkeit, Fahrlässigkeit und wahrscheinlich auch an der Grenze zur Körperverletzung von Nicht-Erkrankten". Er hätte aus medizinischen Gründen die Quarantänebestimmungen nicht abgeschafft. Es sei nicht gut, dass man Dingen nun Tür und Tor öffnet, von denen man weiß, dass sie uns im Herbst an die Grenze der Belastbarkeit bringen werden.

Projekt Eigenverantwortung sei "gescheitert"

Das Projekt "Eigenverantwortung" könne man für Österreich als gescheitert betrachten, ist der Mediziner überzeugt. Diese habe der Österreicher und die Österreicherin nicht, zumindest nicht in dem Ausmaße, dass man die Pandemie in Schranken halten könne. Ähnlich sieht das auch die Präsidentin des Österreichischen Gesunden- und Pflegeverbandes Elisabeth Potzmann. Es gebe "gewisse Grenzen der Eigenverantwortung", umschreibt sie die Situation in Österreich noch einigermaßen wohlwollend.

Auch sie übt Kritik an der neuen Regel, dass ab Montag wieder infiziertes Personal im Krankenhaus und ähnlichen Settings arbeiten darf. Immerhin gehe es darum, die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Erkrankung zu reduzieren. Ausschließen könne man einen Effekt nicht, aber "wissentlich positiv getestet zu einem Patienten, einer Patientin zu gehen, hat dann noch einmal eine andere Qualität."

"Dieser Schuss wird nach hinten losgehen" – Elisabeth Potzmann

Sie appelliert an die Einrichtungen, behutsam mit der neuen Verordnung umzugehen. Nur weil sie die Möglichkeit einräume, dass positiv getestete Mitarbeiter arbeiten gehen können, heiße das ja nicht, dass das mit Stichtag 1. August umgesetzt werden müsse. Entscheidungsträger sollten dafür sorgen, dass infiziertes Personal nicht patientennah arbeite. Aus ihrer Sicht müsse man keine Angst haben, dass ab Montag wahllos Positive auf Patienten losgelassen werden.

Dass sich das Quarantäne-Aus als Entlastung in der Personalsituation darstelle, glaubt Potzmann nicht. Sie halte es "für einen schlechten Weg. Es sei zwar auf den ersten Blick "verführerisch" zu sagen, man lasse positives Personal arbeiten. Doch dieser Schuss könnte laut Einschätzung der Expertin nach hinten losgehen, nämlich dann, wenn sich durch die Maßnahmen noch mehr Leute mit dem Coronavirus infizieren.

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