Klimaschutz

In Österreich landen auch verbotene Pestizide am Feld

Neonicotinoide sind wegen ihrer Bienengiftigkeit verboten. Über Ausnahmeregelungen landen sie durch die Hintertür aber dennoch auf unseren Äckern.

Lydia Matzka-Saboi
Global 2000 hat im Herbst Bodenproben in Zuckerrübenanbaugebieten in Niederösterreich gezogen und Neonicotinoide am Feld nachgewiesen.
Global 2000 hat im Herbst Bodenproben in Zuckerrübenanbaugebieten in Niederösterreich gezogen und Neonicotinoide am Feld nachgewiesen.
Philipp Schulze / dpa / picturedesk.com

Der Einsatz von drei Neonicotinoiden (Imidacloprid, Thiamethoxam und Clothianidin) auf Äckern oder zur Saatgutbehandlung ist in der EU seit 2018 verboten, Grund war die Gefährlichkeit der Pflanzenschutzmittel für Bienen und andere Insekten. Durch Notfallzulassungen konnten die Mittel aber weiter verwendet werden. Die Notfallsituationen sind durch die EU-Pestizidverordnung geregelt.

Das europäische Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Europe) untersuchte gemeinsam mit der Umweltschutzorganisation Global 2000 wie oft die Möglichkeit von den EU-Staaten genutzt wurde, Pestizide, die aufgrund "inakzeptabler Risiken für die Umwelt und die menschliche Gesundheit" auf EU-Ebene verboten wurden, unter Berufung auf eine "Notfallsituation" auf nationaler Ebene zuzulassen.

Österreich sei laut dem PAN-Bericht "Banned pesticides still in use in the EU" an erster Stelle bei der Nutzung von Notfallzulassungen. Laut dem Ergebnis ist Österreich mit 20 derartigen Notfallzulassungen zwischen 2019 und 2020 negativer Spitzenreiter vor Finnland mit 18 und Dänemark mit 17 Notfallzulassungen.

Staaten wie die Niederlande (5), Frankreich (4), Slowenien (3) und Schweden (1) waren hier deutlich zurückhaltender, während Bulgarien, Malta und Luxemburg im Vergleichszeitraum ganz auf Notfallzulassungen verzichteten, berichtete Global 2000.

In Österreich werden im Jahr beinahe 14.000 Tonnen Pestizide ausgebracht.
In Österreich werden im Jahr beinahe 14.000 Tonnen Pestizide ausgebracht.
"Pestizidatlas 2022"

Kritik an "systematischen Missbrauch von Notfallzulassungen"

"Es ist absolut unverständlich, dass ein Land wie Österreich mit seiner kleinstrukturierten Landwirtschaft und seinem hohen Bio-Anteil, häufiger als jedes andere Land in der EU, das Instrument der Notfallzulassung nutzt, um EU-weit verbotene und gefährliche Pestizide weiter einsetzen zu können", sagte Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker bei Global 2000.

Die Umweltschützer kritisieren den "systematischen Missbrauch des Systems der Ausnahmeregelungen" scharf und hoffen, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) dem in der kommenden Woche eine Ende setzen wird. Das Urteil über die Rechtmäßigkeit wiederkehrender Notfallzulassungen für verbotene Pestizide wird für 19. Jänner erwartet.

Neonics im Zuckerrübengebiet gefunden

Global 2000 hat für den heute publizierten Bericht die Ergebnisse von Bodenproben aus heimischen Zuckerrübenanbaugebieten in Niederösterreich auf die wegen "inakzeptabler Risiken für die Umwelt und die menschliche Gesundheit" verbotenen Wirkstoffe untersuchen lassen und die besagten Neonicotinoide nachgewiesen.

Untersucht wurden dafür zwei Erdproben aus einem Zuckerrübenanbaugebiet im Marchfeld, eine Schlammprobe aus einem Abwasserauffangbecken der Agrana-Zuckerfabrik Tulln, eine Stichprobe aus einer großflächigen Ablagerung von Schlamm auf einer Ackerfläche, bei der es sich laut Global 2000 mutmaßlich um Abfälle aus der Rübenverarbeitung in der Zuckerfabrik Tulln handelt.

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