Coronavirus

Impf-Ansage: Das passiert, wenn man Strafe nicht zahlt

Die Impfpflicht ist fix. Sie tritt am 1.2. in Kraft; gestraft werden kann ab 16.3. Karoline Edtstadler (VP) im "Heute"-Interview zum Gesetzesentwurf.

Teilen
Verfassungsministerin Karoline Edtstadler im <em>"Heute"</em>-Interview
Verfassungsministerin Karoline Edtstadler im "Heute"-Interview
Sabine Hertel

"Heute": Warum gilt die Impfpflicht erst ab 18 und nicht wie geplant ab 14 Jahren? Sollte sie – mit Blick auf Infektionszahlen in Schulen und Kindergärten – nicht schon früher gelten?
Karoline Edtstadler: Die Impfpflicht ist ein Grundrechtseingriff, mit welchem wir sensibel umgehen müssen. Wir haben unzählige Stellungnahmen zur Impfpflicht bekommen, in welchen das Thema angesprochen wurde. Ich halte es für gerechtfertigt, erst ab 18 bei der Impfpflicht anzusetzen. Selbstverständlich gilt die Impf-Empfehlung auch für Kinder ab fünf Jahren.

Haben Sie nicht Angst davor, dass die Impfpflicht die Gesellschaft noch weiter spalten wird?
Die Impflicht ist die Ultima Ratio und ein hochsensibles Thema. Keiner hat sich die Impfpflicht gewünscht, aber sie ist notwendig, um unser Gesundheitssystem zu schützen. Wir alle müssen aufeinander zuzugehen und uns muss klar sein, dass es nur einen Feind gibt – das Virus.

Glauben Sie ernsthaft, dass sich Impfgegner aus Angst vor einer Strafe den Stich holen?
Jeder Bürger hat Rechte und Pflichten. Es geht nicht darum, Angst zu schüren. Es geht darum, eine Impfung, die schützt, in den Vordergrund zu stellen. Unser Ziel ist ja nicht in erster Linie, die Menschen zu strafen, sondern unser Gesundheitssystem zu schützen.

"Wer die Strafe nicht bezahlen will, kann sich rausimpfen."

Befürchten Sie, dass Ungeimpfte – anstatt sich den Stich abzuholen – einfach die Strafen zahlen und sich sozusagen "freikaufen"? Es wird ja höchstens vier Mal im Jahr gestraft und in der dritten Phase sogar nur zwei Mal.
Ich möchte es nicht kleinreden, 600 Euro ist eine beträchtliche Summe und das womöglich vier Mal pro Jahr. Dem gegenüber steht eine kostenlose Impfung, die sicher ist, wirkt und Sie und andere schützt.

Umgekehrt: Was passiert beispielsweise mit einem Impfgegner-Haushalt, der die Strafen nicht zahlen kann? Gibt es den "Kuckuck"?
Wer die Strafe nicht bezahlen möchte, kann sich im erstinstanzlichen Verfahren "rausimpfen". Sollten die Betroffenen eine rechtskräftig verhängte Strafe nicht fristgerecht bezahlen, sieht unser Verwaltungsrecht – wie auch in allen anderen Fällen –  klare Regeln vor. Betonen möchte ich aber, dass eine Ersatzfreiheitsstrafe ausgeschlossen bleibt.

Impfgegner sollen ab 16.3. einen fixen Impftermin bekommen? Wer legt den fest? Kann er verschoben werden?
Sobald es technisch möglich ist, wird die Bundesregierung per Verordnung einen Erinnerungsstichtag festlegen, ab dem ein Erinnerungsschreiben an alle Personen versandt wird, die über keinen aufrechten Impfstatus gegen Covid-19 verfügen. Die Termine zur Impfung können dann selbst ausgemacht werden.

Wieso gilt die Impfpflicht nicht am Arbeitsplatz? Sollte die Impfpflicht nicht auf alle Bereiche ausgeweitet werden?
Der Arbeitsminister hat klargestellt, dass am Arbeitsplatz die 3G-Regel bestehen bleibt. Es gibt allerdings Branchen, wo eine Impfung Voraussetzung ist und immer mehr Firmen, die bei Neunanstellungen eine Impfung voraussetzen.

"Das Impfpflicht-Gesetz wird am 31. Jänner 2024 außer Kraft treten."
Karoline Edtstadler im Gespräch mit Clemens Oistric (<em>"Heute"</em>)
Karoline Edtstadler im Gespräch mit Clemens Oistric ("Heute")
Sabine Hertel

Was halten Sie von Hans-Peter Doskozils Idee, kostenpflichtige Tests für Ungeimpfte einzuführen?
Ein derartiger Schritt muss gewissenhaft überlegt werden. GECKO überprüft gerade das Testangebot in Österreich. Wir erwarten die Empfehlung der Experten.

Wie lange wird die Impfpflicht gelten? Können Sie ein konkretes Datum nennen?
Das Gesetz wird am 31. Jänner 2024 außer Kraft treten. Darüber hinaus wird GECKO der Bundesregierung und dem Parlament alle drei Monate zum Impffortschritt und zu der epidemiologischen Lage berichten. Sollten sich hier Änderungen ergeben und zum Beispiel eine Impfung nicht mehr notwendig sein, kann das Gesetz oder Teile davon außer Kraft gesetzt werden.

"Wir konnten nicht genug Menschen von der Impfung überzeugen, daher müssen wir zum letzten Mittel greifen."

Sie haben vorhin erwähnt, dass die Impfpflicht nur eine "Ultima Ratio" sei. Wieso musste es so weit kommen?
Die Impfquote ist leider derzeit noch zu niedrig und es ist uns noch nicht gelungen, genug Menschen von einer Impfung zu überzeugen. Hier kann man natürlich Fehler in der Vergangenheit suchen. Wir wissen leider nicht, was das Virus noch mit uns vorhat. Unsere Aufgabe ist es daher, den Blick in die Zukunft zu richten. Das tun wir mit dem Impfpflichtgesetz, das eine mittel- und langfristige Maßnahme darstellt und mit dem wir flexibel auf Änderungen reagieren können.

Aber Hand aufs Herz, Frau Minister: Sehen Sie es als Fehler, die Impfpflicht erst so spät eingeführt zu haben? Somit wären die vierte und fünfte Welle vermutlich glimpflicher verlaufen.
Im Nachhinein stellt sich immer alles sehr klar dar. Wir konnten nicht genug Menschen überzeugen, daher müssen wir zum letzten Mittel greifen.

Müssen alle, die sich nach sechs Monaten keinen dritten Stich holen, ebenfalls mit Strafen rechnen?
Der Gesundheitsminister kann die Abstände zwischen den Impfungen mittels Verordnung festsetzen. Wer ab 16.3. keinen aufrechten Impfstatus gegen Covid-19 hat, kann gestraft werden.

Wird die Impfpflicht auch eine eventuelle vierte sowie weitere Dosen umfassen?
Sollte es nach Meinung der Experten in der Zukunft irgendwann notwendig sein, kann der Gesundheitsminister darauf reagieren.

Welche Durchimpfungsquote wollen Sie mit der Impfpflicht konkret erreichen?
Unser oberstes Ziel ist es, das Gesundheitssystem zu schützen. Laut Experten können wir das mit einer Durchimpfungsrate von über 90 Prozent erreichen.

Wie viele Menschen sind konkret von der Impfpflicht ausgenommen?
Eine genaue Zahl kann man seriöser Weise nicht angeben, weil sie sich täglich aufgrund der Anzahl der Genesenen ändert und diese für sechs Monate von der Impfpflicht ausgenommen sind.

1/5
Gehe zur Galerie
    Die Bundesregierung hat Sonntagmittag den Gesetzesentwurf zur umstrittenen Impfpflicht gegen das Coronavirus präsentiert. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) traten vor die Presse und stellten der Bevölkerung die Details vor.
    Die Bundesregierung hat Sonntagmittag den Gesetzesentwurf zur umstrittenen Impfpflicht gegen das Coronavirus präsentiert. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) traten vor die Presse und stellten der Bevölkerung die Details vor.
    Helmut Graf