Niederösterreich

Immo-Krise! Mit deutschem Kredit doch zum Traumhaus?

"Leider nein" heißt es derzeit für viele Häuslbauer, wenn es um eine Finanzierung geht. Grund ist die KIM-Verordnung. Doch es gibt ein "Schlupfloch".

Isabella Nittner
Die Kreditvergabe-Richtlinien wurden massiv verschärft. Viele bekommen in Österreich nun keinen Kredit mehr.
Die Kreditvergabe-Richtlinien wurden massiv verschärft. Viele bekommen in Österreich nun keinen Kredit mehr.
Bild: Fotolia

Mit 1. August 2022 ist der große Traum vom Eigenheim für viele in weite Ferne gerückt. Grund ist die seitdem geltende KIM-Verordnung. Sie besagt, ganz salopp formuliert, dass die Kreditwürdigkeit nur mehr gegeben ist, wenn man bei Abschluss der Finanzierung 20 Prozent des Kreditrahmens in Eigenkapital auf der hohen Kante hat, zudem darf die monatliche Rate nicht mehr als 40 Prozent des Netto-Haushaltseinkommens ausmachen – mehr dazu hier.

Weniger Immobilien verkauft

Die Verordnung sorgte gehörig für Wirbel, ist es doch einem erheblichen Anteil an Häuslbauern nicht möglich, diese Voraussetzungen überhaupt zu erfüllen. Kritik kam vor allem seitens des Landes Niederösterreich, das die neuen Richtlinien als "praxisuntauglich" bezeichnete, auch die Freiheitliche Wirtschaft warnte vor einem Baubranchen-Kollaps aufgrund fehlender Auftäge.

Das Land NÖ wollte in Folge eine Teil-Haftungsübernahme durchsetzen. Das heißt in der Praxis: Das Land NÖ hätte die Haftung für fünf Prozent der Eigenkapitalsquote übernommen, Kreditnehmer hätten so "nur noch" 15 Prozent Eigenkapital gebraucht. Doch die Finanzmarktaufsicht erteilte dem Vorschlag erst kürzlich eine Abfuhr. Eine Überschuldung der Gesellschaft solle tunlichst vermieden werden, so das Argument der Behörde. Mittlerweile wurde zumindest bei Zwischenfinanzierungen nachgefeilt. Auch Kredite für Sanierungen und Renovierungen dürften nicht so streng bewertet werden.

Bemerkbar machen sich die Entwicklungen der letzten Monate nun in den Bilanzen der Immobilienvermittler. Nach vielen aufeinanderfolgenden Jahren im Plus, verbuchte Remax für das Jahr 2022 ein Minus. Österreichweit sank die Anzahl an Immobilien-Verbücherungen um 10,3 Prozent auf 146.526 Stück. Auch andere Vermittler spürten diese Entwicklung bereits stark – mehr dazu hier.

"Gleiche Bonität, kein Kredit"

Laut Remax Grund für die Entwicklung neben Corona-, Ukraine- und Energierkrise: "Die Kreditkrise, weil viele Kaufinteressenten, die vorher mit der gleichen Bonität für die gleichen Immobilien jahrelang Hypothekarkredite erhalten hätten, diese 'dank' verschärfter Vergaberichtlinien der Finanzmarktaufsicht (FMA) plötzlich bei österreichischen Banken nicht mehr erhielten." Nachsatz: "... wohl aber bei ausländischen, beispielsweise Deutschen Banken für ihre Immobilien in Österreich. Dieser Weg zu ausländischem Geld für österreichische Immobilien wurde aber nur von wenigen Kaufwilligen gegangen, die meisten setzten auf Abwarten, oder haben ihren Immobilienkauf-Traum vorerst begraben."

"Dieser Weg zu ausländischem Geld für österreichische Immobilien wurde aber nur von wenigen Kaufwilligen gegangen, die meisten setzten auf Abwarten, oder haben ihren Immobilienkauf-Traum vorerst begraben."

Könnten Kredite von ausländischen Banken also tatsächlich die Lösung sein? "Heute" fragte bei Österreichs größtem Kreditvermittler "Infina" nach. Das Unternehmen arbeitet mit 120 in- und ausländischen Banken zusammen. Die simple Antwort: Ja, die Möglichkeit gibt es! Laut Infina-CEO Christoph Kirchmair gibt es zwei deutsche Banken, die nach österreichischem Recht kreditieren, aber der umstrittenen KIM-Verordnung nicht unterliegen.

Bei diesen Banken sind 20%-Eigenkapitalsquote keine Voraussetzung, auch eine höhere Schuldendienstquote (die 40%-Grenze beim Haushaltseinkommen, Anm.) ist möglich. "Deutsche Banken sind hier flexibler, sie prüfen aber natürlich dennoch zuvor die Leistbarkeit, also ob man den Kredit auch bedienen kann. Hier wird aber die Gesamtsituation des Kunden miteinbezogen", so Kirchmair. 

Christoph Kirchmair ist Founder und CEO von "Infina", Österreichs größter Kreditvermittlung.
Christoph Kirchmair ist Founder und CEO von "Infina", Österreichs größter Kreditvermittlung.
APA/Infina / OTS

Nur wenige nutzen Angebot

Wirklich viele Menschen nutzen das Angebot jedoch nicht, wie der Experte verrät: "Ich schätze die Quote auf ein bis zwei Prozent. Die meisten haben ja doch eine Hausbank und fragen dann bei dieser um einen Kredit an."

Seiner Einschätzung nach habe die KIM-Verordnung aber keinen Hauptanteil an der derzeitigen Immobilien-Misere. "Es ist das makroökonomische Umfeld. Hier gibt es zwei Hauptfaktoren: Die hohen Immobilien-Preise und die stark gestiegenen Zinsen", so Kirchmair.

"Es ist das makroökonomische Umfeld. Hier gibt es zwei Hauptfaktoren: Die hohen Immobilien-Preise und die stark gestiegenen Zinsen."

Nach einer jahrelangen Nullzins-Politik hätten sich die Sollzins-Sätze für Wohnkredite binnen kürzester Zeit vervierfacht. Der Leitzins der EZB liegt derzeit bei 3,5 Prozent, wurde erst kürzlich wieder angehoben, um der Inflation Herr zu werden. Ein Ende der Zinsanhebungen ist noch nicht in Sicht, im Gegenteil. "Da ist die Bezahlung eines Kredits für Durchschnittsverdiener einfach nicht mehr möglich", so der Infina-Chef.

"Dringende Empfehlung"

Richtig tief ins Börserl müssen nun diejenigen greifen, die bereits einen Kredit abgeschlossen haben – und zwar mit variablem Zinssatz. Das seien laut dem Experten in Österreich rund 40 Prozent der Kreditnehmer. "Viele haben hier das Schnäppchen gesehen und sind jetzt in einer fatalen Situation", resümiert er. In Deutschland seien variable Zinssätze beispielsweise nie üblich gewesen, dort wird mit Fix-Zinssätzen gearbeitet. Außerdem würden Kredite auch auf 40 oder sogar 45 Jahre vergeben, was die monatliche Rate senkt.

"Es ist eine dringende Empfehlung von mir an alle Kreditnehmer mit variablem Zinssatz: Es ist nicht zu spät. Stellen Sie um auf einen Fixzins."

"Es ist eine dringende Empfehlung von mir an alle Kreditnehmer mit variablem Zinssatz: Es ist nicht zu spät. Stellen Sie um auf einen Fixzins. Somit hat man eine Obergrenze, sollten die Zinsen dann wieder fallen, kann man den Kredit im Zuge eines Repricing-Gesprächs neu verhandeln", so Kirchmair.

Der Markt sei derzeit überhaupt ausgesprochen volatil. "Es herrscht eine hohe Nervosität", sagt der Manager. Gleichzeitig befinde man sich in einer Art Vakuum: Jene, die Vermögen auf der Bank haben, würden abwarten, bis die Immobilien-Preise sinken. "Wenn diese Kunden verstanden haben, dass die Inflation ihr Vermögen frisst, wird es einen regelrechten Run auf Immobilien als stabile Wertanlage geben", prognostiziert Kirchmair im "Heute"-Talk.

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