Politik
Behörden ermitteln, wer Sellner vor Razzia warnte
Wurde Martin Sellner gewarnt, dass bald eine Hausdurchsuchung bei ihm stattfinden wird? Der Staatsanwalt ermittelt.
Identitären-Chef Martin Sellner war im März Ziel einer polizeilichen Razzia. Drei Stunden lang durchsuchten die Ermittler seine Privatwohnung, doch rund um den Einsatz gab es später einige Ungereimtheiten.
Es wurde nicht nur bekannt, dass die Polizisten nach dem Klingeln 12 Minuten vor der Wohnung warteten, Sellner hatte auch kurz vor der Razzia E-Mails des Neuseeland-Terroristen an ihn gelöscht. Genau deswegen wollte die Polizei aber bei ihm Nachschau halten.
Das warf sogleich die Frage auf: Wurde Sellner gewarnt, dass bald die Polizei vor seiner Tür stehen würde? Wenn ja, hätte er die so Möglichkeit gehabt, Beweismittel zu vernichten und Dinge verschwinden zu lassen. Ermittlungstaktisch natürlich ein Albtraum.
Es wird ermittelt
Lange haben sich die Behörden zu dem Verdacht bedeckt gehalten, ob Sellner gewarnt worden sein könnte oder nicht. Erst die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage bringt Licht ins Dunkel.
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Ja, es wird ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Wien hat Erhebungen gegen unbekannte Täter eingeleitet. Die Neos sehen das als Erfolg, sie hatten dazu eine Anzeige wegen Amtsmissbrauchs und Verletzung des Amtsgeheimnisses erstattet.
"Ich bin froh, dass nunmehr im Sinne meiner im Mai übermittelten Sachverhaltsdarstellungen ermittelt wird, ob Informationen zur Hausdurchsuchung durch einen Maulwurf im BMI an Sellner weitergegeben wurden", so Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper zur "Kleinen Zeitung".
Sie ärgert sich aber gleichzeitig, dass die Ermittlungen, die seit 3. Juni laufen, so langsam voranschreiten. Es seien noch nicht einmal die beteiligten Beamten einvernommen worden, heißt es in der Anfragebeantwortung von Innenminister Wolfgang Peschorn.
Brisante Verbindungen
Auf politischer Ebene heikel ist die Sache deswegen, weil die Razzia und auch der mögliche Geheimnisverrat an Sellner in eine Zeit fallen, in der im Innenministerium noch Herbert Kickl (FPÖ) an der Macht war.
Es ist bekannt, dass sein Generalsekretär Peter Goldgruber jedenfalls schon am 21. März (zwei Tage vorher) informiert wurde, dass die Razzia bei Sellner stattfinden wird. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hatte Goldgruber wegen "der zu erwartenden Medienberichterstattung" informiert.
Zusätzlich sorgen die teils engen Verbindungen der FPÖ zu den Identitären seit Februar für Aufregung und massive Kritik. (csc)