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Historischer Sieg für Sinn Fein in Nordirland
Nach Auszählung der Stimmen wird Sinn Fein stärkste Partei im nordirischen Regionalparlament. Sie hat damit Anspruch auf das Amt des Regierungschefs.
Die irisch-nationalistische Partei Sinn Fein hat in einer Regionalwahl in Nordirland erstmals die meisten Mandate gewonnen. Ihre Vizepräsidentin Michelle O’Neill sprach am Samstag vom Beginn einer neuen Ära. Sinn Fein hat als stärkste Partei im Regionalparlament zum ersten Mal seit der Gründung Nordirlands 1921 Anspruch auf den Posten des Ersten Ministers in Belfast. Den stellten bisher immer probritische Parteien.
Dem historischen Ergebnis nach Auszählung aller Stimmen zufolge zieht die Sinn Fein mit 27 und die probritische Demokratische Unionistische Partei (DUP) mit 25 Abgeordneten in das Regionalparlament mit insgesamt 90 Sitzen ein. Die Allianzpartei, die sich keinem der beiden Lager zuordnet, legte als zweiter großer Sieger der am Donnerstag abgehaltenen Wahl auf 17 Sitze zu.
In Nordirland sei Platz für alle
Sinn Fein strebt eine Vereinigung der britischen Provinz mit der Republik Irland an und unterhielt Verbindungen zur paramilitärischen IRA, die das Vereinigte Königreich jahrzehntelang mit Bomben, Morden und anderen Formen der Gewalt gegen Großbritannien terrorisierte. Sinn Fein hat das Thema Anschluss an Irland im Wahlkampf tief gehängt und Alltagsprobleme der Menschen in den Vordergrund gestellt, vor allem die schnell steigenden Lebenshaltungskosten. O’Neill sagte, in Nordirland sei für alle Platz, es müsse dringend eine Exekutive gebildet werden, die den Menschen finanziell hilft und das Gesundheitswesen in Ordnung bringt. "Die Menschen können nicht warten."
Nach dem Karfreitagsabkommen von 1998 steht der stärksten Partei das Amt des Regierungschefs zu. Der Vertrag beendete den jahrzehntelangen Bürgerkrieg zwischen irisch-republikanischen Katholiken und probritischen Protestanten und schreibt vor, dass die beiden stärksten Parteien beider Lager in einem gemeinsamen Kabinett den Regierungschef und dessen Stellvertreter stellen müssen.
Sechs Monate Zeit für Regierung
DUP-Chef Jeffrey Donaldson sagte, er werde kommende Woche bekanntgeben, ob sich seine Partei an der Regierung beteiligen wird. O’Neill sagte, ihre Partei wolle in Partnerschaft mit anderen arbeiten.
Sinn-Fein-Chefin Mary Lou McDonald hatte am Freitag angedeutet, dass die Planung eines Referendums über die Vereinigung mit Irland innerhalb der nächsten fünf Jahre erfolgen könnte. O’Neill hat erklärt, es werde keine Verfassungsänderung zur irischen Vereinigung geben, bis das Volk darüber abgestimmt habe.
Das neue Regionalparlament soll kommende Woche zusammentreten. Es hat sechs Monate Zeit, eine Regierung zu bestimmen. Gelänge dies nicht, gäbe es Neuwahlen.
USA hoffen auf Einheitsregierung
Die US-Regierung hat die Parteien in Nordirland nach der Parlamentswahl in der britischen Provinz zur Bildung einer Einheitsregierung aufgerufen, wie es im Karfreitagsabkommen vorgesehen ist.
Kritische und unmittelbare Herausforderungen in den Bereichen Wirtschaft, Gesundheit und Bildung ließen sich am besten durch die gemeinsamen Anstrengungen einer Einheitsregierung bewältigen, die von der Bevölkerung gewählt und ihr gegenüber rechenschaftspflichtig sei, erklärte der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, am Samstag (Ortszeit). "Wir freuen uns darauf, unsere Arbeit mit den demokratischen Partnern in Nordirland und mit den Regierungen Großbritannien und Irlands fortzusetzen, um Frieden, Wohlstand und Stabilität in der gesamten Region zu fördern", so Price.