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Hier sollen Lehrer jetzt mit Schülern Pornos schauen

Der ehemalige Chefarzt des Unispitals Basel möchte eine bessere sexuelle Aufklärung. Sein Vorschlag: Lehrer sollen Pornos im Unterricht zeigen. 

20 Minuten
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In der Schweiz hat ein ehemaliger Chefarzt eine spezielle Idee für den Sexualkunde-Unterricht. Er fordert, dass Lehrer gemeinsam mit den Schülern Pornos schauen. Symbolbild.
In der Schweiz hat ein ehemaliger Chefarzt eine spezielle Idee für den Sexualkunde-Unterricht. Er fordert, dass Lehrer gemeinsam mit den Schülern Pornos schauen. Symbolbild.
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Während der Pandemie ist der Pornokonsum angestiegen. Das kann negative Folgen haben: Was in Pornos gezeigt wird, hat nur wenig mit der Realität zu tun. Oft ist vieles sogar extrem lebensfremd, wie US-Forschende herausgefunden haben.

Besonders anfällig für diese falsche Realität sind Jugendliche und junge Erwachsene. "Ein Teenager, der mit Pornos konfrontiert wird, braucht genügend Wissen und Erfahrung, um verstehen zu können: Das ist meine Realität und das ist die Realität in diesem Film", sagt Johannes Bitzer, ehemaliger Chefarzt der Frauenklinik des Universitätsspitals Basel im "Health Forecast" der Sanitas. Er wünscht sich mehr Aufklärung und Bildung für Jugendliche – und stellt dazu im soeben erschienen Buch einen brisanten Vorschlag zur Diskussion: "Jugendliche müssen den Umgang mit diesen Medien lernen. Wir empfehlen auch, dass Lehrpersonen in der Schule über Pornos sprechen oder sich mit ihren Schülerinnen und Schülern einen Film anschauen."

Freiwilligkeit als oberste Maxime

Bitzer, der sich gemeinsam mit Kollegen aus dem Gebiet der Sexualmedizin für das Anliegen einsetzt, betont gegenüber "20 Minuten", dass Lehrpersonen mit ihren Schülerinnen und Schülern vor dem gemeinsamen Pornoschauen Rücksprache halten sollten. "Freiwilligkeit ist wichtig. Niemand sollte dazu gezwungen werden."

Wie Bitzer erklärt, kann der Konsum von Pornofilmen nämlich nicht nur zu einer falschen Vorstellung von Sexualität, sondern auch zu Körperbildstörungen führen: "Hier wäre es wichtig, jungen Menschen aufzuzeigen, wie unterschiedlich Vulven und Penisse aussehen können. Oder ihnen vor Augen zu führen, dass Sex nicht immer mit einem Orgasmus endet. Wo bleibt in diesen Filmen die Zärtlichkeit? Das kann man zwar alles auch mündlich besprechen, aber mit einer gemeinsamen kritischen Betrachtung von Pornos ist wahrscheinlich besser vermittelbar, welches Zerrbild die Filme vermitteln."

"Die unbegleitete Aufklärung durch Pornos sollte verhindert werden"

In erster Linie geht es Bitzer darum, dass die Jugendlichen lernen, Sexismus, Frauenfeindlichkeit und Gewalt in den Pornos zu erkennen. Dies funktioniere am besten, wenn die Klasse solche Szenen offen bespreche. "Wenn ein Teenager sich diese Filme alleine ansieht, gibt es keine Auseinandersetzung damit. Die unbegleitete Aufklärung durch Pornos oder die halbpatzige Aufklärung durch andere Kinder sollten verhindert werden. Lehrpersonen oder Sexualpädagogen dagegen können diese Aufklärungsarbeit professionell leisten", so der ehemalige Chefarzt.

Die Vorbeugung gegen schädliche Einflüsse von Pornos auf Kinder und Jugendliche sollte nach Ansicht von Bitzer nicht isoliert, sondern im Rahmen einer allgemeinen Sexualerziehung stattfinden, bei der es um Wissen über den Körper und die Biologie, aber auch um Hilfestellung bei der Entwicklung einer eigenen selbstbestimmten Sexualität geht. Ein fixes Alter lasse sich dafür nicht definieren. Bitzer betont: "Inzwischen gibt es genügend Studien, die zeigen, dass die Angst vor der frühen Sexualisierung durch das Sprechen über Sexualität unbegründet ist. Es ist nicht so, dass die Kinder dann plötzlich 'aufeinander losgehen' oder das Gefühl haben, dass sie jetzt sexuell aktiv werden müssen."

"Das ist eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf"

Gar nicht begeistert von der Idee des ehemaligen Chefarztes zeigt sich Dagmar Rösler, Präsidentin des Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (LCH). "Ich kann nachvollziehen, was Dr. Bitzer meint, aber ich würde davon absehen, Pornofilme im Unterricht zu schauen. Das kann nicht gutgehen."

Rösler denkt dabei an die Reaktion der Eltern, aber auch an den Schutz von Lehrpersonen: "Stellen Sie sich vor, die Jugendlichen kommen am Mittag nach Hause und erzählen, sie hätten in der Schule gemeinsam mit dem Lehrer oder der Lehrerin einen Pornofilm geschaut. Damit wären ganz bestimmt viele Eltern nicht einverstanden. Das ist eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf."

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