Coronavirus
"Ein Königreich für mein altes Leben"
Newsroom und Büro nur noch aus der Ferne. Stattdessen: Kochen, Kinder, Auffrischen von Mathe- und Grammatik-Kenntnissen. Ein neues Leben? Leider. Denn ich vermisse mein Büro, die Kollegen, mein altes Leben. Von Eva Dichand
Tag vier Homeschooling. Wir sind sicherlich privilegiert dadurch, dass meine drei Kinder eine Internationale Schule besuchen können. Die dürften deutlich besser auf die jetzt nötigen Maßnahmen eingestellt sein als so manch andere österreichische Schule, die vom Corona-Shutdown eiskalt erwischt wurde. Ich höre von vielen Eltern, dass die Kinder in der Hektik einfach per Mail einen Packen Unterlagen mit Arbeitsanweisungen zugeschickt bekommen haben. Seither sind sie auf sich alleine gestellt – die Lehrer beaufsichtigen an vielen Schulen ja weiterhin jene Kids, deren Familien keine Betreuung organisieren konnten.
Learning Support – aber ...
Bei uns werden die Kinder auf ihren Schul-Laptops jeden Morgen begrüßt – über eine Google-Meet-Videokonferenz. Am Bildschirm sehen sie ihre Lehrerin, ihre Mitschüler – das ist gut, so gibt es ihnen nämlich das Gefühl, nicht alleine zu sein. Ein Stück Normalität trotz Isolation. Genau das brauchen Kinder in bewegten Zeiten.
Als Erstes in der Früh wird der Tagesablauf besprochen. Dann ein bisschen gechattet. Ein Großteil der Lehrer ist von 8.30 bis 15 Uhr online und erreichbar. Bei Fragen antworten sie sogar. Auch die Nachhilfelehrer sind tagsüber per Videoschaltung erreichbar. In unserer Internationalen Schule nennt sich das Learning Support. Klingt schon ganz gut, oder? Aber jetzt kommt das große Aber ...
Ein Kind braucht immer was
Gefühlt spielt man beim Home Schooling trotz Learning Support den ganzen Tag Cerberus. Unter drei Kindern gibt es garantiert immer eines, das gerade eine Frage hat. Hunger hat. Pause hat. Oder einfach lieber Lego bauen möchte. Nebenbei selbst zu arbeiten ist ehrlich gesagt wirklich schwierig. Meine Zeitung leite ich derzeit per Telefon, E-Mail und WhatsApp aus der Distanz – wie vom Kanzler empfohlen.
Geschirrspüler ausräumen ist meine Exklusivgeschichte
Gott sei Dank kann ich mit einer Hand tippen. Denn mit der anderen muss ich drei Mal am Tag Essen zubereiten (mindestens). Gestern gab's Käsefondue. Als Erinnerung an bessere Zeiten. Auch der Geschirrspüler ist im Dauerlauf. Ihn auszuräumen fällt exklusiv mir zu. Anders als das Gassigehen mit unserem "Mister Cupcake". Darum reißen sich in meiner Familie in Zeiten der Corona-Isolation naturgemäß alle. Solange das Wetter schön ist zumindest. Bei Wind und Regen fällt die Aufgabe exklusiv ... ach, Sie wissen sicher, was jetzt kommt ...
Auch der arme Hund wird langsam unmotiviert. Es stehen nämlich wirklich viel Spaziergänge am Tagesplan. Für mich kommt gefühltes Dauer-Hinterherräumen hinzu. Das Bett musste heute auch dringend frisch überzogen werden. Sie kennen das bestimmt...
Man erfährt ungeahnte Dinge
Aber es gibt auch positive Seiten der Krise. Die "upside" am Homeschooling ist für mich ganz klar das gemeinsame Frühstück, Mittag- und Abendessen mit meiner Familie. Man erfährt Dinge, die man sonst kaum erfahren hätte. Das Mitteilungsbedürfnis ist derzeit nämlich groß. Leider auch das Streitbedürfnis – man kann ja kaum auf Distanz gehen.
Danke lieber Gott für Netflix & Insta
Auch zum Handy gehen wir zu selten auf Distanz. Den Blick auf die Bildschirmzeit sollte man derzeit wirklich vermeiden. Danke lieber Gott, dass es Netflix und Instagram gibt. Ganz generell sehne ich mich aber nach meinem Büro. Jeden Tag mehr. In der Früh in Ruhe die Zeitung lesen, einen Kaffee trinken und dann loslegen. In Ruhe. Naja, jetzt herrschen eben andere Zeiten, die eine Umstellung erforderlich machen. Wir Menschen sind ja Gott sei Dank flexibel. Und müssen es bitte aber nicht zu lange sein. Aber: Ein Königreich, ein Königreich für mein altes Leben.
Wir wollen es alle wieder zurück. Selbst die Kinder fragen schon dauernd, wann sie wieder in die Schule dürfen!