Coronavirus
Helfen uns bald Alpakas im Kampf gegen das Coronavirus?
Deutsche Forscher entdeckten Mini-Antikörper, die das Coronavirus noch besser ausschalten. Sie stammen von Alpakas.
Spätestens seitdem Ex-US-Präsident Donald Trump mit einem Antikörper-Cocktail gegen Covid-19 behandelt wurde, ist klar, wie wichtig sie im Kampf gegen das Coronavirus sein können. Das Problem: Therapeutische Antikörper herzustellen, ist teuer, der Einsatz nur bei bestimmten Covid-Patienten sinnvoll und ihr Nutzen gegen die mittlerweile dominante Delta-Variante fraglich.
Forschende vom Max-Planck-Institut (MPI) für biophysikalische Chemie und der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) haben nach eigenen Angaben völlig neue Mini-Antikörper entwickelt, die das Coronavirus und sogar dessen neue Varianten ausschalten können, sogar Delta, wie es im "The Embo Journal" heißt. Die Mini-Antikörper stammten aus Alpakas. Der Mensch kann diese Art nicht selbst herstellen.
Viele Vorteile
Die sogenannten Nanobodies binden und neutralisieren das Virus bis zu 1000 Mal besser als zuvor entwickelte Antikörper. "Sie vereinen erstmals extreme Stabilität und höchste Wirksamkeit gegen das Virus und dessen Alpha-, Beta-, Gamma- und Delta-Varianten", so einer der beteiligten Wissenschaftler, Dirk Görlich, in einer Mitteilung.
Laut der Forschungsgruppe haben die Nanobodies entscheidende Vorteile gegenüber anderen Antikörpern. So halten sie zum Beispiel Temperaturen von 95 Grad Celsius aus, ohne zerstört zu werden. "Das sagt uns zum einen, dass sie im Körper lange genug aktiv bleiben könnten, um zu wirken. Zum anderen lassen sich temperaturstabile Nanobodies viel einfacher herstellen, verarbeiten und lagern", erklärt Matthias Dobbelstein, Professor an der UMG.
Einer-, Zweier- oder Dreierpack
Bereits die einfachsten Mini-Antikörper der Göttinger binden bis zu 1000 Mal stärker an das Spike-Protein als zuvor entwickelte Nanobodies gegen Covid-19. Werden sie zu Zweier- oder gar Dreierpacks kombiniert, verbessert sich die Wirkung noch einmal deutlich, heißt es in der Mitteilung: Bei allen Nanobody-Varianten – der einfachen wie der Zweier- und Dreier-Kombination – reichen geringste Mengen aus, um den Erreger zu stoppen.
Dies würde beim Einsatz als Therapeutikum Erkrankte weniger belasten und die Produktionskosten deutlich reduzieren.
Nanobodies aus Lamas
Um die Mini-Antikörper gewinnen zu können, injizierte das Team den drei Alpakas Britta, Nora und Xenia (siehe Fotos oben) aus der Herde am Göttinger MPI mehrmals einen Teil des Spike-Proteins von Sars-CoV-2. Die Tiere bildeten daraufhin Antikörper gegen diesen Proteinteil. Nach der letzten Injektion entnahmen die Wissenschaftler den Tieren noch eine kleine Menge Blut. Daraus schufen Görlich und seine Kollegen die Baupläne für Milliarden von Antikörpern, aus denen sie mit Hilfe von sogenannten Bakteriophagen (Viren, die auf Bakterien spezialisiert sind) die besten auswählten.
Die Göttinger Forschenden sind nicht die ersten, die auf die speziellen Antikörper von Kameltieren setzen, zu denen neben den Alpakas auch Lamas gehören. Schon im Jahr 2020 gab es Meldungen, wonach ein US-belgisches Forschungsteam an Nanobodies auf Lama-Basis forschte.
Klinische Studien beginnen bald
Die stärksten Kandidaten wurden dann in Zellkulturen getestet . "Dabei schauen wir, welche Nanobodies verhindern, dass sich die Viren in Zellkulturen vermehren. Indem wir die Nanobodies in vielen verschiedenen Verdünnungen testen, finden wir heraus, welche Menge ausreicht, um diesen Effekt zu erzielen", so Dobbelsteins Kollegin Antje Dickmanns.
Obwohl einige der Nanobodies laut Mitteilung "wirklich beeindruckend" waren, ist unklar, ob und wann diese gegen Sars-CoV-2 zum Einsatz kommen. Denn die Mini-Antikörper sind bislang nur im Labor untersucht worden. Es gibt also noch keine Daten zur Wirksamkeit in Tierversuchen oder bei Menschen. Die wollen die Forschenden nun aber in einem nächsten Schritt liefern. Sie bereiten bereits die klinischen Tests vor: "Wir wollen die Nanobodies möglichst schnell für den sicheren Einsatz als Wirkstoff testen, damit sie schwer Erkrankten zugutekommen sowie jenen, die nicht geimpft wurden oder keinen effektiven Impfschutz aufbauen können", so Dobbelstein.