"Er kann frei agieren"
Heikles Treffen! Jetzt spricht Van der Bellen mit Kickl
Das Verhältnis zwischen dem Bundespräsidenten und dem FPÖ-Chef ist angespannt. Am Sonntag hat Kickl die Wahl gewonnen – nun kommt es zum Treffen.
Seit seiner Entlassung durch Van der Bellen im Jahr 2019 sparte der Freiheitliche nicht mit Wortmeldungen Richtung Staatsoberhaupt. Unvergessen bleiben seine Aussagen am politischen Aschermittwoch 2023, als Kickl Van der Bellen als "Mumie in der Hofburg" bezeichnete.
Fulminanter FPÖ-Sieg
Eineinhalb Jahre später hat sich die Situation drastisch geändert: Der FPÖ-Chef ist plötzlich zu einem heißen Anwärter auf das Bundeskanzleramt geworden. Er räumte mit seiner Partei bei der Nationalratswahl ordentlich ab und holte mit über zwei Prozentpunkten Platz 1. Heißt: Die Freiheitlichen müssten als stimmenstärkste Partei den Regierungsauftrag vom Bundespräsidenten erhalten. Eine gesetzliche Grundlage dafür gibt es nicht, doch in den letzten Jahrzehnten war dies gängige Praxis.
VdB: "Ganz klare demokratische Spielregeln"
Noch am Wahlabend hielt Van der Bellen eine Rede an die Nation. Von einer künftigen Regierung erwarte er sich die Einhaltung von demokratischen Grundpfeilern. Zu diesen zählen etwa Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Menschen- und Minderheitenrechte, unabhängige Medien und die EU-Mitgliedschaft, die es zu respektieren gilt. "Nun beginnt die Phase der Regierungsbildung. Dafür gibt es ganz klare demokratische Spielregeln", so der Bundespräsident.
Jetzt kommt es zu VdB-Kickl-Treffen
Weiters kündigte er an, mit allen Parteispitzen reden zu wollen. Die Präsidentschaftskanzlei gab am Montag bekannt, dass Van der Bellen im Laufe der Woche die Spitzenkandidaten in Reihenfolge des Wahlergebnisses zu sich einladen werde. Den Anfang macht also das Treffen mit Herbert Kickl, die erste Runde dieser Gespräche wird voraussichtlich Anfang der kommenden Woche beendet sein.
"Er kann frei agieren", sagte Meinungsforscher Peter Hajek zu "Heute" über Van der Bellens Handlungsmöglichkeiten. "Aber er braucht verdammt gute Argumente, wenn er Herbert Kickl nicht mit der Regierungsbildung beauftragt."
So geht es weiter
Zuerst wird das Staatsoberhaupt aber die aktuelle Regierung am Mittwoch des Amtes entheben, sie dann sofort mit der Fortführung der Geschäfte betrauen. Die Bundesverfassung sieht die Pflicht für den Präsidenten vor, den neuen Nationalrat innerhalb von 30 Tagen nach der Wahl einzuberufen. Das ist die einzige Bestimmung für den Bundespräsidenten, die sich direkt auf die Nationalratswahl bezieht.
Übrigens: Selbst wenn Van der Bellen Kickl den Regierungsbildungsauftrag nicht erteilt, können die Parteien trotzdem in Koalitionsverhandlungen treten. Die einzige Hürde wäre dabei aber die Angelobung in der Hofburg, die durch den Bundespräsidenten erfolgt.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Das Verhältnis zwischen Bundespräsident Van der Bellen und FPÖ-Chef Herbert Kickl ist angespannt, besonders seit Kickls Entlassung durch Van der Bellen im Jahr 2019
- Nach dem fulminanten Wahlsieg der FPÖ steht nun ein Treffen zwischen den beiden an, bei dem Van der Bellen trotz seiner Handlungsmöglichkeiten gute Argumente braucht, um Kickl nicht mit der Regierungsbildung zu beauftragen