Ukraine
Heeres-Major enthüllt im ORF bittere Ukraine-Wahrheit
Major Rentenberger erklärt im ORF, wie die Ukraine die russische Schwarzmeer-Flotte regelrecht enthaupten konnte und spricht über "die nächste Linie".
Major Albin Rentenberger vom Österreichischen Bundesheer lieferte am Montag nach dem verheerenden ukrainischen Angriff auf das Hauptquartier der russischen Schwarzmeer-Flotte – Operation "Krabbenfalle" – eine aktuelle Lageeinschätzung zum Ukraine-Krieg.
In der ORF-Sendung "Aktuell nach eins" erklärte der Offizier dabei, wie Kiew dieser Enthauptungsschlag in Sewastopol bei dem auch Flotten-Kommandeur Admiral Wiktor Sokolow getötet worden sein soll, überhaupt gelingen konnte.
"Wie in der Vergangenheit hat die Ukraine mit Drohnen zuerst den Luftabwehrschirm gesättigt und hat dann mit weitreichenden Marschflugkörpern – man geht davon aus, dass das SCALP- oder 'Storm Shadow'-Systeme waren – es geschafft, das Hauptquartier in Sewastopol zu treffen", erklärt Rentenberger das Vorgehen.
Doch warum wurden die Flotten-Offiziere an Land zum Ziel? Rentenberger weiter: "Es dauert Jahre, um Führungskader, um Offiziere auszubilden und das kann durchaus schmerzhaft sein für die russischen Streitkräfte, wenn sie hier wirklich die Führungskräfte ihrer Armee verlieren."
Dabei greift die Ukraine auch die Schiffe selbst an. Wenige Tage zuvor hatte es eine Raketenattacke auf ein Trockendock, ebenfalls in Sewastopol, gegeben, bei dem das Atom-U-Boot "Rostow-am-Don" und das Landungsschiff "Minsk" schwer beschädigt wurden. Fotos (siehe Bildstrecke unten) zeigen klaffende Löcher in der Außenhaut und abgebrannte Schiffsaufbauten an Deck:
"Es geht darum, nicht nur die Effektoren wie Schiffe zu vernichten, sondern man sucht sich eben auch andere Hochwert-Ziele, wie wir das nennen, wie beispielsweise Führungskräfte", betont der Bundesheer-Experte im ORF-Talk.
Durchbruch an der Südfront?
An der Front selbst geht es für Kiew aber nur schleppend voran. Aber, zum Leidwesen der Russen: es geht voran.
In der Oblast Saporischschja konnten die Ukrainer rund um die Ortschaft Robotyne einen Keil in die russischen Verteidigungsanlagen treiben. Geolokalisierte Videoclips zeigen ukrainische Soldaten und erste Panzerfahrzeuge auf der anderen Seite von Putins Drachenzähnen. Ist das ein so "bedeutender Durchbruch", wie es aus Kiew vermeldet wird?
Der Heeres-Major betont, dass solche Ferndiagnosen sehr schwierig seien: "Was man schon sagen kann, ist dass hier ein stetiger Geländegewinn erfolgt." Die bittere Wahrheit sei aber: ein jeder Frontvorstoß birgt ein enormes Risiko und bedeutet große Gefahr für die eingesetzten Truppen. So würden die Russen auf jedes Vorrücken der Ukrainer sofort mit Gegenfeuer oder einer eigenen Offensive antworten. "Das heißt, es ist ein bisschen ein hin und her."
"Das ist quasi die nächste Linie"
Damit es Wladimir Putins Invasionsarmee nicht gelingt, diesen entstehenden "Sack" zuzumachen, bräuchte es ein massives Aufgebot auf ukrainischer Seite: "Da muss man auch genug Kräfte haben, um diesen Erfolg, diesen Einbruch, erstens auszudehnen und weiter auszunutzen, um weiter Richtung Süden stoßen zu können."
Offensichtlich hofft man auf Seiten der ukrainischen Armeeführung auf weitere Erfolge, wie Rentenberger abschließend ausführt: "Was wir dieses Wochenende beobachten konnten, sind schwere Artillerieangriffe auf Tokmak. Das ist quasi die nächste Linie. Und das ist schon ein Indikator dafür, dass die Ukraine optimistisch ist, dass hier ein Durchbruch gelingen wird."
Auch von Militär-Ökonom Marcus Keupp wird erwartet, dass die Ukraine – "sobald die Ukraine die Robotyne-Tasche ausgeweitet und gesichert hat" – Artillerie-Systeme nachziehen wird: "Dann ist Tokmak in Schussweite und die russische Logistik, die sich dorthin bewegt, kann unterbrochen werden", prognostiziert Keupp weiter. Für Wladimir Putins Invasionstruppen wäre das ein Horror-Szenario: "Dann ist die südliche Front verloren", so der Deutsche.
Warum Tokmak so wichtig ist
Tokmak gelangte zu Beginn des russischen Einmarsches unter Moskaus Kontrolle und ist ein wichtiger Schienenknoten. Die Einnahme der Stadt würde es der ukrainischen Armee erlauben, weiter Richtung der annektierten Krim zu drängen und die russischen Nachschubwege empfindlich zu stören. Von Tokmak aus rückt nämlich die gesamte Breite der besetzten Landverbindung zur schon länger russisch-okkupierten Halbinsel Krim samt der Autobahn M14 und der Stadt Melitopol in Reichweite der HIMARS-Raketenwerfer.