Fussball
Handspiel: War der Italien-Ausgleich irregulär?
Italien ist Europameister! England-Fans fühlen sich nach dem verlorenen Finale betrogen. Ein vermeintliches Handspiel sorgt für Aufregung.
Die "Squadra Azzurra" kletterte am Sonntag auf den europäischen Fußball-Thron. Italien besiegte England im Wembley Stadion im Elfmeterschießen, entführte die EM-Trophäe aus dem Nationalstadion des Gegners. Während Italien seinen zweiten EURO-Titel feiert, versinken die Engländer im Tal der Tränen.
Auf die bittere Finalniederlage folgten hässliche Bilder. Die Enttäuschung entlud sich bei vielen "Fans" leider in Form von Gewalt und Rassismus. Rund um das Stadion kam es zu Ausschreitungen, Prügeleien und Festnahmen. Die drei dunkelhäutigen Schützen, die ihre Penaltys im Elfmeterschießen vergeben hatten, wurden im Netz rassistisch beleidigt.
Angesichts dieser Eskalation gingen am Sonntag die sportlichen Proteste von "Three Lions"-Fans unter. Doch auch am Tag nach dem Spiel herrscht in England noch helle Aufregung. Viele sind sich sicher: Italien hätte nie ins Elfern kommen dürfen.
Handspiel vor Ausgleich?
Der Vorwurf: Vor dem Ausgleich durch Leonardo Bonucci (67.) hätte Bryan Cristante den Ball mit der Hand weitergeleitet. Von dort aus sprang er zu Marco Verratti, der an die Stange köpfte, ehe Bonucci das Leder über die Linie drückte.
Schiedsrichter Björn Kuipers ahndete das vermeintliche Vergehen nicht. Auch der Video-Schiedsrichter schaltete sich nicht ein. Unklar ist, ob die Szene übersehen wurde, oder bei einer Überprüfung im Hintergrund als nicht strafbar bewertet wurde.
In der Zeitlupe ist jedenfalls klar zu erkennen, dass Cristante den Ball tatsächlich nicht mit dem Kopf, sondern mit seiner Schulter oder dem Oberarm weiterleitete. Das Regelwerk lässt dem Schiedsrichter in dieser Saison Raum für Interpretation. Die Grenze zwischen Schulter und Oberarm, also zwischen regulär und strafbar, verläuft bei angelegtem Arm unten an der Achselhöhle. Als Referenzwert wird der Trikotärmel hergenommen. Allerdings sind die Ärmel nicht genormt.
Der Ball traf Cristante auf seinem linken Trikot-Ärmel. Das könnte das Schiedsrichterteam dazu bewogen haben, nicht auf Handspiel zu entscheiden. Für weiteren Diskussionsstoff sorgte in derselben Szene allerdings, dass der Italien-Spieler im Luftzweikampf mit Englands Kieran Trippier seinen Ellbogen im Gesicht seines Gegenspielers hatte. Es handelte sich um denselben Arm, von dem auch der Ball wegsprang. Die Unparteiischen hätten hier durchaus auf Foulspiel entscheiden, das Bonucci-Tor für irregulär erklären können.