Wilder ORF-Streit

Großeltern-Karenz – "Ihr Denken ist rückschrittlich"

Die ÖVP will eine Möglichkeit, dass statt der Eltern die Großeltern von Kindern in Karenz gehen können. Im ORF kam es deshalb zum Streitgespräch.

Newsdesk Heute
Großeltern-Karenz – "Ihr Denken ist rückschrittlich"
Bei Armin Wolf in der "ZIB2" gerieten Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec und SPÖ-Frauensprecherin Eva-Maria Holzleitner aneinander.
Screenshot ORF

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatte die Idee bereits Anfang des Jahres in seinem "Österreich-Plan" angerissen, Familienministerin Susanne Raab und Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec hatten kürzlich Details zur geforderten "Großelternkarenz" präsentiert. Demnach soll die Großelternkarenz sowohl für pensionierte als noch berufstätige Großeltern möglich sein. Für letztere ist eine Freistellungsoption vorgesehen.

Voraussetzung ist, dass sich Oma oder Opa anstelle der erwerbstätigen Eltern um die Enkel kümmern. Eine gleichzeitige Karenz von Eltern und Großeltern soll nicht möglich sein. Die finanzielle Unterstützung durch den Staat soll in Form eines "Großeltern-Bonus" erfolgen, analog zum Kinderbetreuungsgeld in derselben Höhe wie bei den Eltern. Es solle "ein Meilenstein für die Wahlfreiheit der Familien" sein.

Seniorenbund-Präsidentin vs. SPÖ-Frauensprecherin

Das könnte so aussehen: Mutter und Vater gehen hintereinander für je sechs Monate in Karenz, die restlichen zwölf Karenz-Monate übernehmen die Oma oder der Opa. Die Großeltern-Karenz sei damit "ein zusätzliches freiwilliges Angebot für Familien, die früher wieder in den Beruf einsteigen wollen", so Raab. Kritik kam bisher vom grünen Koalitionspartner: Statt einer solchen Verantwortungsabgabe brauche es eine flächendeckende Kinderbetreuung.

Im ORF kam es am späten Dienstagabend in der "ZIB2" bei ORF-Moderator Armin Wolf zum Wortgefecht zwischen Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec und SPÖ-Frauensprecherin Eva-Maria Holzleitner. "Absolut nicht" sollten die Großeltern einspringen, weil das ÖVP-geführte Familienministerium seinen Job nicht gemacht habe, verteidigte sich die Seniorenbund-Präsidentin. "Man sieht, es geht", so Korosec, dazu, dass auch Männer in Karenz gehen würden, zudem sei es "eine Wahlmöglichkeit" in einer "Zeit der Veränderung". Korosec "verstehe die Aufregung nicht, ich bin so überrascht über die Aufregung", hieß es.

"Nicht die Idee ist rückschrittlich, sondern ihr ideologisches Denken"

Als rückschrittlich bezeichnete dagegen Holzleitner das Vorhaben – zumindest in der aktuellen Form, denn die Maßnahme könne sinnvoll sein, alle dazu notwendigen Begleitmaßnahmen wie eine flächendeckende Kinderbetreuung und eine Gleichstellung bei der Karenz würden fehlen. In Schweden sei dies dagegen der Fall. Das sei nun so, ob man bei der Mathe-Schularbeit von der Klassenkollegin das Ergebnis abschreibe, aber der Lösungsweg fehle, so Holzleitner. "Dafür gibt es zu Recht eine Fünf." Zudem verschiebe sich der Pensionsantritt nach hinten, für Frauen wäre das ein "zweiter Knick" im Erwerbsleben.

"Nicht die Idee ist rückschrittlich, sondern ihr ideologisches Denken", zeigte sich Korosec empört, "was spricht gegen eine Wahlmöglichkeit?" Es sei alles "eine Vereinbarungssache" in Familien, so Korosec zu Wolfs Nachfrage, ob es nicht unfair sei, wenn Großeltern gar nicht vorhanden seien oder in einer ganz anderen Stadt leben würden. "Wer es will, kann es nehmen", so Korosec, der Rest "eben nicht". Holzleitner konterte: Ihr sei nicht klar, wer das Angebot annehmen würde, in allen Branchen würden Kräfte fehlen und durch den Schritt würden noch mehr Arbeitskräfte wegfallen. Die Wirtschaft werde sich bei der ÖVP bedanken, spottete Holzleitner.

"Nur einer von 100 Väter geht länger als sechs Monate in Karenz"

"Es geht hier nicht um Ideologie", so Holzleitner. Wo Großeltern vorhanden seien, würden diese Geld bekommen, wo nicht, müsste man für eine Kinderbetreuung zahlen, sei das nicht zu kurz gedacht, fragte Wolf bei Korosec nach. "Aber es ist doch nur ein Austausch", so Korosec, die darauf beharrte, dass auch Männer in Karenz gehen könnten. "Nur einer von 100 Väter geht länger als sechs Monate in Karenz", so Holzleitner, unter der ÖVP-geführten Regierung sei die Zahl zudem rückläufig. Korosec verteidigte sich aber bis zum Ende damit, dass alles eine Wahlmöglichkeit sei.

Auf den Punkt gebracht

  • Die ÖVP schlägt vor, dass Großeltern anstelle der Eltern in Karenz gehen können, was zu einem Streitgespräch im ORF führte
  • Die Großeltern-Karenz soll sowohl für pensionierte als auch berufstätige Großeltern möglich sein, mit finanzieller Unterstützung durch den Staat
  • Kritik kam von der SPÖ, die eine flächendeckende Kinderbetreuung bevorzugt, während die ÖVP die Wahlmöglichkeit betont
red
Akt.
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