Österreich
Größte KZ-Befreiungsfeier weltweit – Österreich gedenkt
Mehr als 5000 Menschen feierten am Sonntag gemeinsam den 77.Jahrestag der Befreiung des KZ Mauthausen. "Niemals vergessen!"
"Politischer Widerstand" ist der diesjährige Titel der größten KZ-Befreiungsfeier weltweit. Angehörige von Opfern, kirchliche Würdenträger und ganz Österreich gedenken der erschütternden Vergangenheit. Vor genau 77 Jahren befreiten US-Truppen das Konzentrationslager in Mauthausen, mehr als 90.000 Menschen überlebten die Maschinerie der inhumanen Abscheulichkeiten im KZ nicht.
Diese dunklen Kapitel unserer Geschichte wurden zwar geschlossen, welche Gräueltaten darin geschrieben stehen, darf allerdings nie vergessen werden. Das ist ein Auftrag für die Gegenwart und Zukunft unseres Landes.
Das offizielle Österreich wurde dieses Jahr durch Innenminister Gerhard Karner, Karoline Edtstadler, Justizministerin Alma Zadic und Klimaministerin Leonore Gewessler vertreten. Auch Altbundespräsident Heinz Fischer war anwesend und verkündetet sein Mitgefühl.
Ehren, gedenken und niemals vergessen
„Viele Menschen fragen, wie können wir das Andenken derer, die im Nationalsozialismus sterben mussten, weil sie ermordet wurden, am besten ehren?" Ich denke, wir können das am besten, indem wir aufstehen, uns einmischen, bei Diskriminierung und Rassismus nicht schweigen – oder uns hinsetzen, zum Handy greifen oder am PC dem Hass im Netz etwas entgegenstellen. So könne man diese Menschen ehren, durch unser Engagement für eine Welt des Friedens“, so Willi Mernyi, der Vorsitzende des Mauthausen Komitee Österreich.
„"Es hat mehr als vier Jahrzehnte gedauert, bis das offizielle Österreich anerkannt hat, in der Zeit des Nationalsozialismus nicht nur Opfer, sondern auch Täter gewesen zu sein."“
Gedenken erstmals ohne Überlebende
Insgesamt nahmen laut Polizei und Komitee, 5000 Menschen an den Feierlichkeiten teil. Großformatige Bilder von Überlebenden mit Botschaften in allen Sprachen fordern zu Frieden, Liebe und Solidarität auf. Rund 200.000 Menschen waren Gefangene, wovon rund die Hälfte ermordet wurde. Ein einzig Überlebender war für die Befreiungsfeier angesagt, jedoch er musste aus gesundheitlichen Gründen absagen: Der 90-Jährige, aus Litauen stammende und heute in Israel lebende Daniel Chanoch wurde am 5. Mai 1945 aus dem KZ Gunskirchen, einem der zahlreichen Nebenlager von Mauthausen, befreit. Da war er erst zwölf Jahre alt. Bis heute gibt er nicht auf und erzählt seine Geschichte als einer der letzten Zeitzeugen. Er erhält die Erinnerung, die uns ermahnen soll, in Wort und Schrift fest. Diese Woche hat er sein Buch „Erzählen um zu leben - Das Leben ist eine Frage von Sekunden und Millimetern“ präsentiert.
Nehammer mit ermahnenden Worten
„Mehr als vier Jahrzehnte hat es gedauert, bis das offizielle Österreich anerkannt hat, in der Zeit des Nationalsozialismus nicht nur Opfer, sondern auch Täter gewesen zu sein. Was wir heute als selbstverständlich betrachten, war ein langer und mühsamer Prozess für unser Land“, so Bundeskanzler Karl Nehammer.
Thomas Stelzer würdigt die Widerstandskämpfer
Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) findet Worte für den tapferen Widerstand: „Wir würdigen all jene, die den Mut gehabt haben, sich offen gegen das NS-Regime zu stellen. Gleichzeitig eint uns das Bekenntnis dazu, alles zu tun, dass ihr Heldentum nie wieder notwendig werden wird.“
Pamela Rendi Wagner spricht für die Menschlichkeit
„Die nationalsozialistischen Gräueltaten dürfen niemals vergessen werden, das heißt auch, Menschlichkeit zu bewahren und jeder Form von Hass, Ausgrenzung und Gewalt entschieden entgegenzutreten.“, so SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner.
Politischer Widerstand und Ukraine Krieg
"Politischer Widerstand". Mernyi erinnerte an all jene, die von den Nazis "systematisch verfolgt und ermordet" wurden. Er ermahnte, dass es auch heute äußerst wichtig ist, Widerstand zu leisten und Stellung zu beziehen: "So sehen wir es als unsere Verpflichtung, bei einer kriegerischen Auseinandersetzung klar und deutlich "Nein" zu sagen!"
Wegen des erschütternden Krieges in der Ukraine wurden die Botschafter von Russland gebeten nicht zu erscheinen. Zu Feier kommen jedes Jahr, Abgeordnete aus aller Welt, denn die Inhaftierten aus Mauthausen stammen aus mehr als 70 Nationen. Überlebende und deren Angehörige, sowie Hilfsorganisationen aus diesen Ländern waren jedoch willkommen. Beim ukrainischen Denkmal gab es eine Ausstellung mit Bildern aus dem Zweiten Weltkrieg und aktuellen Fotos aus dem Ukraine-Krieg zu sehen. Die Ähnlichkeiten von Massenflucht und Zerstörung gehen unter die Haut und erschrecken zutiefst. Die Grenzen verschwimmen und die Selbstverständlichkeit von Schutz, Versorgung und Frieden wird infrage gestellt.
„"Wenn es unbedingt einen Sieger braucht, dann nicht Nationen, nicht einen großen Führer, sondern die Werte Friede, Freiheit, Solidarität!" “
Jahresbericht der Antisemitismus-Meldestelle zeigt bedenkliche Tendenzen
Der vorliegende Jahresbericht der Antisemitismus-Meldestelle der IKG zeigt, wie wichtig es ist "nicht zu vergessen." Im Kalenderjahr 2021 wurden 965 antisemitische Vorfälle registriert – das sind im Durchschnitt mehr als 18 pro Woche; eine Zunahme um 60 Prozent seit 2020. Es gilt die Menschen wach zu rütteln und klar gegen Rassismus vorzugehen, denn diese Geschichte darf sich niemals wiederholen.