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Grazer Forscher können Corona-Mutationen vorhersehen

Grazer Forscher melden einen wissenschaftlichen Durchbruch: Mit künstlicher Intelligenz wollen sie zukünftige Corona-Mutationen vorhersagen können.

Roman Palman
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Forschung an Corona-Mutationen in einem Labor der MedUni Graz.
Forschung an Corona-Mutationen in einem Labor der MedUni Graz.
Medizinische Universität Graz

Alle Lebewesen verändern sich und entwickeln sich ständig weiter. Dieser Evolution unterliegen auch Viren. Wie seine Artverwandten schleust sich das Coronavirus in menschliche Zellen ein, wo es seine Erbinformationen einbringt und sich vermehrt. In diesem Prozess wird das virale Genom kopiert – wobei immer wieder kleine, zufällige Veränderungen bzw. Fehler passieren: Das Virus mutiert.

Manche Mutationen verschaffen dem Virus Vorteile wie ein vereinfachtes Eindringen in die Wirtszellen – was mit einer höheren Ansteckungsrate und Übertragungsrate einhergehen kann. "Wie schnell neue Varianten sichtbar werden, hängt von der Art des Virus ab, aber auch von seiner Verbreitung. Je weiter ein Virus verbreitet ist, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sich evolutionär begünstigte Mutationen durchsetzen", erklärt Innophore-CEO Christian Gruber. Das zeige sich aktuell bei der Briten-Variante B.1.1.7  und den Südafrika- (B.1.351) und brasilianischen Mutanten (B.1.1.28 P.1).

Forschung an Corona-Mutationen in einem Labor der MedUni Graz
Forschung an Corona-Mutationen in einem Labor der MedUni Graz
Medizinische Universität Graz

Bereits seit Jänner 2020 forschen das Grazer Bioinformatik und AI-Unternehmen Innophore, das Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) und das Institut für Molekulare Biowissenschaften der Universität Graz gemeinsam an den entstehenden SARS-CoV-2-Mutationen. Mittels moderner, Artificial Intelligence (AI)-basierten Screening-Methoden schätzen die Forscher die Relevanz und Gefahr dieser neuen Virustypen ein:

"Dazu haben wir anfangs den strukturellen Aufbau des Virus erforscht, um zu verstehen, wie und an welcher Stelle es sich verändert bzw. auch um vorherzusagen, wie es sich in Zukunft verändern könnte", sagt Gruber. Bis heute wurden global mehr als eine halbe Million Sequenzierungen von SARS-Cov-2 Genomen durchgeführt. Mit diesem Datensatz können die Wissenschaftler seit Beginn der Pandemie die Ausbreitung und Veränderung des Virus beobachten.

Forschung an Corona-Mutationen in einem Labor der MedUni Graz
Forschung an Corona-Mutationen in einem Labor der MedUni Graz
Medizinische Universität Graz

Um abschätzen zu können, wie sich diese und zukünftig auftretende Mutationen ausbreiten werden, setzen die Forscher Computermodelle und AI ein. "Mit anderen Worten versetzen wir uns in die Lage des Virus: Wie reagiert es, welche Mutationen kann es ausbilden? Dadurch können die Veränderungen und die Relevanz existierender, aber auch hypothetischer Corona-Varianten prognostiziert und auf atomarer Ebene studiert werden", führt der Innophore-Chef weiter aus.

Mithilfe der Modelle können die Forscher in Supercomputer-Experimenten die Gefährlichkeit von Virusmutationen einschätzen, noch bevor sich das Virus verändert hat. Ein Meilenstein in der weltweiten Corona-Forschung. Die von Innophore entwickelten Methoden sollen es Impfstoffherstellern erlauben, existierende Vakzine schneller zu optimieren, damit diese auch gegen aktuelle Virusmutationen wirksam sind. 

"Ähnlich wie bei einer Wettervorhersage schätzen wir anhand bestehender Modellierungsdaten ein, wie die Situation morgen oder übermorgen sein könnte", so Gruber abschließend: "Damit werden wir dem Virus einen Schritt voraus sein."