"Finanzieller Totalabsturz"
Gewerkschaft fordert höheres Arbeitslosengeld
Die Vize-Präsidentin des ÖGB, Korinna Schumann, findet: Nach 75 Jahren Arbeitslosenversicherungs-Gesetz sollten die Leistungen erhöht werden.
In einer Pressemitteilung lobt die Gewerkschafts-Vizepräsidentin Korinna Schumann (58) das seit 75 Jahren bestehende Arbeitslosenversicherungs-Gesetz. Allerdings ist ihr das Arbeitslosengeld zu niedrig. Deshalb fordert sie eine deutliche Erhöhung. Die Pläne von Bundeskanzler Karl Nehammer (51) in diesem Bereich sehen völlig anders aus.
"Als eines der wichtigsten Sozialgesetze Österreichs" soll das seit 1949 geltende Arbeitslosenversicherungs-Gesetz die österreichischen Arbeitnehmer, während sie auf Arbeitssuche sind, vor einem "finanziellen Totalabsturz" bewahren, sagte Schumann.
Eröffnung des 20. ÖGB-Bundeskonkresses
"Jeder kann betroffen sein"
Aus Sicht der Vizepräsidentin sind nicht nur Personen als arbeitslos gemeldet, die keine Leistung erbringen wollen. Sie sieht auch die aktuell instabile Wirtschaftslage als Problem. "Vor allem in Zeiten schwacher Konjunktur, wo es immer wieder zu Insolvenzen kommt, kann jeder und jede schneller als geglaubt von einer Job-Zwangspause betroffen sein,” betont Schumann.
In eine solche Situation zu geraten, kann alle möglichen Gründe haben. "In Österreich sind rund 900.000 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen pro Jahr zumindest einmal arbeitslos," erklärt die Gewerkschafterin in der Aussendung. Laut aktuellsten Zahlen vom Donnerstag waren im Juli mehr als 340.000 Personen hierzulande arbeitslos.
"Fordern Erhöhung auf 70%"
Schumann zeigt sich verständnisvoll in Bezug auf schwierige Lebenssituationen: "Wer seine Arbeit schon mal verloren hat, der weiß, wie wichtig es ist, sich in dieser Notsituation auf das Arbeitslosengeld verlassen zu können." Über einen längeren Zeitraum ohne finanzielle staatliche Unterstützung zu sein, kann existenzbedrohend sein.
Mit Forderungen nach einer Senkung kann die ÖGB-Vizepräsidentin gar nichts anfangen. "Neoliberale Angriffe mit Forderung nach einer Kürzung des Arbeitslosengeldes oder nach einer Wartefrist haben und werden wir immer zurückweisen. Stattdessen fordern wir die Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent."
Eine Frage der Perspektive
Währenddessen ist Karl Nehammers Plan, laut Inhalten des im Februar 20204 veröffentlichten "Österreichplan", die Entlastung der Steuerzahler. Dazu brauche es auch "eine Reform des Arbeitslosengeldes". Seine Herangehensweise zu Gunsten der Arbeitnehmer ist deswegen eine gegensätzliche. Ziel sei es, "Anreize für mehr Vollzeitarbeit zu bieten, für jene Menschen, die auch Vollzeit arbeiten können."
Karl Nehammer stellt seinen "Österreichplan" vor
Daher beinhaltet sein Vorschlag ein "degressives, zeitabhängiges Arbeitslosengeld mit einem Absinken der Ersatzrate von aktuell 55 Prozent auf unter 50 Prozent, damit wir Menschen schnell wieder in Beschäftigung bringen und Arbeit und Leistung wieder in den Vordergrund gestellt werden." Außerdem will er Beziehern von Arbeitslosengeld die Möglichkeit zu geringfügiger Beschäftigung streichen.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Der ÖGB fordert eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes, da das seit 75 Jahren bestehende Arbeitslosenversicherungsgesetz österreichische Arbeitnehmer vor einem "finanziellen Totalabsturz" bewahren soll
- Die Vize-Präsidentin Korinna Schumann betont, dass jeder von Arbeitslosigkeit betroffen sein kann und fordert eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent, während Bundeskanzler Karl Nehammer eine Reform des Arbeitslosengeldes plant, um Anreize für mehr Vollzeitarbeit zu schaffen