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Geheim-Video zeigt stärkste Atomexplosion aller Zeiten

Am 30. Oktober 1961 zündete die Sowjetunion die "Zar-Bombe". Jetzt zeigt ein Video erstmals die stärkste Atomexplosion der Menschheitsgeschichte.

Roman Palman
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    Russland hat im Sommer 2020 ein <strong>geheimes Video des stärksten Atombomben-Explosion der Menschheitsgeschichte</strong> für die Öffentlichkeit freigegeben.
    Russland hat im Sommer 2020 ein geheimes Video des stärksten Atombomben-Explosion der Menschheitsgeschichte für die Öffentlichkeit freigegeben.
    UdSSR/Rosatom via Reuters

    In der Zeit des Kalten Krieges entwickelte die frühere Sowjetunion an immer stärkeren Atomwaffen, die im Ernstfall den kapitalistischen Erzfeind USA in nur wenigen Sekunden völlig vernichten sollten. Unter dem Decknamen "Wanja" schraubten russische Wissenschaftler aber an der Krönung aller uns bekannten Superwaffen: AN602 – eine Wasserstoffbombe mit der 4.000-fachen Sprengkraft der US-Atombombe "Little Boy", die 1945 die japanische Stadt Hiroshima dem Erdboden gleichmachte und bis zu 90.000 Menschen tötete.

    Kein Wunder, dass AN602 später unter dem inoffiziellen Namen "Zar-Bombe" in die Geschicht einging. Am 30. Oktober 1961 ließ Regierungsschef Nikita Chruschtschow die Superbombe auf der entlegenen Insel Nowaja Semlja im hohen Norden Russlands zünden.

    Russland veröffentlicht Geheim-Video

    Jetzt, fast 60 Jahre später, wurde erstmals ein ehemals geheimes Video veröffentlicht, das die gigantische Detonation zeigt. Die Aufnahme ist ein Teil einer TV-Dokumentation, die das staatliche Nuklearunternehmen Rosatom im Rahmen der Feierlichkeiten zum 75-jährigen Bestehen der Atomindustrie produzieren ließ:

    Obwohl bei diesem Test die Sprengkraft auf etwa die Hälfte der ursprünglich geplanten 100 Megatonnen TNT-Äquivalent reduziert wurde, waren die Auswirkungen gigantisch: Die 27 Tonnen wiegende "Zar-Bombe" wurde von einem extra dafür umgebauten Tupolew-Bomber über dem Zielgebiet abgeworfen und detonierte rund 4 Kilometer über dem Erdboden. Der folgende Feuerball war so groß, dass er Bodenkontakt bekam.

    Der folgende Atompilz stieg kurzzeitig bis zu 64 Kilometer hoch in die Atmosphäre auf – 7 Mal höher als der Mt. Everest und um 25 Kilometer höher als jener Punkt von dem Felix Baumgartner seinen Strato-Sprung wagte.

    Zerstörungswirkung der Zar-Bombe über einer Karte von Paris: Der rote Kreis umfasst die Zone totaler Zerstörung (Radius: 35 km), der gelbe Kreis den Feuerball (Radius: 3,5 km).
    Zerstörungswirkung der Zar-Bombe über einer Karte von Paris: Der rote Kreis umfasst die Zone totaler Zerstörung (Radius: 35 km), der gelbe Kreis den Feuerball (Radius: 3,5 km).
    Bourrichon, CC BY-SA 3.0

    Die Explosion löste nicht nur in ihrer Umgebung Erdbebenwellen der Stärke 5,8 auf der Richterskala aus, sie waren sogar noch auf der entgegengesetzen Seite der Welt messbar. Auch ohne Seismographen konnte man etwa in Südamerika und Australien die Detonation bemerken – die Druckwelle umrundene zweieinhalb Mal den gesamten Globus! 

    Bis heute bleibt die "Zar-Bombe" die stärkste jemals von Menschen gezündete Atombombe. Trotz ihrer Zerstörungskraft wurde sie kein fester Bestandteil des russischen Waffenarsenals. Für die damaligen Interkontinentalraketen war sie einfach zu groß und zu schwer, der Abwurf aus einem Flugzeug für das Militär zu langsam, umständlich – und gefährlich.

    Bei einer Explosion der ursprünglich vorgesehen 100 Megatonnen Sprengkraft wäre nicht nur die Bomber-Besatzung ebenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit ums Leben kommen, sondern auch eine für die russische Führung völlig "inakzeptable" Menge an radioaktiver Verseuchung freigesetzt. Das ist auch der Grund, warum die "Zar-Bombe" nie mit ihrer vollen Sprengkraft getestet wurde. Eine 100-MT-Zündung hätte in etwa ein Viertel so viel radioaktives Material und Strahlung freigesetzt wie alle bis dahin jemals gezündeten Atombomben zusammen.

    Wie die Geschichte gezeigt hat, wurde im Kreml damals die einzig richtige Entscheidung getroffen. Sonst würden wir wohl heute nicht vor irgendwelchen Bildschirmen sitzen und Artikel wie diesen hier gemütlich zu Ende lesen können. 

    Für Interessierte, die noch tiefer in die Materie eintauchen möchten, ist die gesamte, 40-minütige Rosatom-Dokumentation über die "Zar-Bombe" derzeit auf YouTube abrufbar: