1. April, Bonygasse in Wien-Meidling: Zwei Stahlkugeln treffen die Fensterscheibe des FPÖ-Bezirksbüros. Eine Kugel durchschlägt sogar das Sicherheitsglas. Die Polizei ermittelt. Verletzte gibt es keine – aber viele Fragen.
Das Büro liegt unweit des Bahnhofs Meidling, der in den letzten Monaten immer wieder zum Schauplatz von Gewalt wurde. Für EU-Abgeordnete Petra Steger, die als FPÖ-Kandidatin bei der Wien-Wahl in Meidling antritt, steht fest: Die Lage am Bahnhof in Meidling sei katastrophal. Es komme immer wieder zu Konflikten mit Jugendbanden und Messerstechereien.
Tatsächlich kam es bereits im Juli 2024 zu einem brutalen Zwischenfall direkt beim Bahnhof: Jugendgruppen mit syrischem, afghanischem und tschetschenischem Hintergrund gingen mit Messern, Hämmern und Schlagringen aufeinander los. Vier Männer wurden schwer verletzt.
Im Jänner 2025 flüchtete ein blutüberströmter Mann vom Bahnhof in ein Wohnhaus. Zeugen sprachen von einem weiteren gewalttätigen Streit. Die Polizei fahndete mehrfach öffentlich nach Tatverdächtigen – insgesamt wurden 25 Personen ausgeforscht, acht davon festgenommen.
Innenminister Karner zog im März 2024 aufgrund der vermehrten Vorkommnisse in Wien eine erste Konsequenz: In Favoriten wurde eine Waffenverbotszone eingeführt. Die Bilanz: 146 Waffen wurden seitdem sichergestellt, darunter waren 101 Messer, 22 Pfeffersprays, sieben Schlagringe/Schlaghandschuhe, zwei Elektroschocker und eine Schreckschusspistole.
"Ein generelles Messerverbot bzw. Waffenverbot im öffentlichen Raum steht zur Diskussion", sagte Karner. "Der fertige Entwurf liegt bereits auf dem Tisch." Ob Meidling bald folgt – offen. Karner deutete an: In einer künftigen ÖVP-Regierung werde das Thema "sicher eine wichtige Rolle spielen".
Bei aller Aufmerksamkeit: Schaut man auf die Statistik, zeigt sich ein differenziertes Bild. Meidling liegt mit 68,02 Delikten pro 10.000 Einwohner knapp über dem Wiener Durchschnitt, aber deutlich unter innerstädtischen Bezirken wie Neubau (133,46) oder Mariahilf (108,74).
Zugleich gehört der 12. Bezirk zu den am stärksten wachsenden Bezirken Wiens – mit überdurchschnittlich hoher Arbeitslosigkeit bei 15- bis 64-Jährigen. Ist das eine soziale Schieflage, die eskaliert? Oder eine überhitzte Debatte?
Steger selbst schildert die angespannte Lage auch persönlich: "Nach Einbruch der Nacht gehe ich nicht mehr allein von Parteiveranstaltungen zu meinem Auto zurück, sondern bitte jemanden, mich zu begleiten. Dieses Gefühl kennen viele Frauen – das ist längst Realität geworden."
Sie fordert verstärkte Polizeipräsenz, Schwerpunktkontrollen und punktuelle Videoüberwachung: "Viele Parks in Meidling sind leider zu kriminellen Hotspots verkommen." Biometrische Systeme lehnt sie ab: "Ich bin gegen den Einsatz biometrischer Gesichtserkennung im öffentlichen Raum."
Neben Kontrolle fordert Steger auch Prävention: "Das Bildungssystem gehört reformiert. Es geht darum, jungen Menschen Zukunftsperspektiven zu geben. Sport ist ein wichtiger Präventionsfaktor."
Und sie macht klar: "Die Regierenden haben dafür gesorgt, dass den Leuten die Bewegung abgewöhnt wurde." Für sie gehört auch die Asylpolitik auf den Prüfstand: "Wir haben eine unkontrollierte Massenzuwanderung. Es gibt keine Kontrolle mehr, wer zu uns kommt."
Ein Bahnhof mit Gewaltgeschichte. Ein Büro unter Beschuss. Politikerinnen mit Security. Und zugleich: Ein Bezirk mit durchschnittlicher Kriminalitätsstatistik.
Wird hier ein reales Problem sichtbar gemacht – oder bewusst zugespitzt?
Braucht Meidling ein Messerverbot – oder mehr soziale Maßnahmen?