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Gefahr im Meer – größter Untersee-Vulkan Europas aktiv

Vor Kalabrien schlummert ein riesiger, noch aktiver Unterwasser-Vulkan. Italien verfügt aber nicht über ein Überwachungssystem unterseeischer Vulkane.

Heute Redaktion
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Der Ausbruch des Hunga-Tonga-Hunga-Ha’apai gibt Vulkanologen Rätsel auf. Derart folgenschwere Eruptionen eines Untersee-Vulkans sind selten.
Der Ausbruch des Hunga-Tonga-Hunga-Ha’apai gibt Vulkanologen Rätsel auf. Derart folgenschwere Eruptionen eines Untersee-Vulkans sind selten.
via REUTERS

Die Mega-Eruption des unterseeischen Vulkans Hunga-Tonga-Hunga-Ha’apai im Pazifik hat die Wissenschaft überrascht. Man wisse "mehr über die dunkle Seite des Mondes, als über den Ozean", meinte neulich eine Expertin für Hydrodynamik am neuseeländischen Institut für Wasser- und Atmosphärenforschung etwas spöttisch. Tatsächlich gibt es unzählige Unterwasser-Vulkane auf der Erde, die meisten in großer Tiefe. Der größte noch aktive Vulkan Europas befindet sich im Tyrrhenischen Meer – der Marsili lauert zwischen Palermo und Neapel vor der Südküste Italiens.

Obwohl er noch aktiv ist, wird der Marsili nicht überwacht, wie Carlo Doglioni, Präsident des italienischen Instituts für Geophysik und Vulkanologie (INGV) gegenüber der Zeitung "Corriere della Sera" zugibt. "Wir verfügen nicht über ein Unterwasser-Überwachungssystem, das es uns ermöglicht, seine Aktivität und die von der Chemie seines Magmas abhängige Explosivität vollständig zu verstehen", sagt Doglioni.

Bricht der Marsili aus, steht Süditalien unter Wasser

Der Vulkan wurde in den 1920er Jahren entdeckt und nach dem italienischen Wissenschaftler Luigi Ferdinando Marsili benannt. Er ist 70 Kilometer lang, 30 Kilometer breit und bedeckt eine Fläche von 2100 Quadratkilometern. Der Vulkan gilt als "potenziell gefährlich". Bei einem Ausbruch würden Tsunamiwellen von bis zu 20 Metern auf die Küsten treffen.

Der Vulkanologe Salvatore Passaro vom Nationalen Forschungsrat (CNR) erklärt gegenüber dem Portal "Startmag", dass die wichtigsten Studien über den Marsili in den letzten zehn Jahren durchgeführt worden seien, "obwohl er schon seit hundert Jahren bekannt ist." Der Wissenschaftler bezeichnet den Vulkan als "riesig" und "komplex und sehr gegliedert".

"Grund zur Sorge, keiner zur Beunruhigung"

"Der Großteil seiner Aktivität endete vor etwa 200.000 Jahren, aber er ist nicht völlig inaktiv", stellt Passaro klar. Es gebe zwar Grund zur Sorge, aber "keinen zur Beunruhigung". Die Aktivität des Marsilis beschränkt sich auf kleine Zentren geothermischer Emission und kleine Ereignisse tatsächlicher vulkanischer Emission.

"Was bei schweren Explosionen problematisch sein kann, ist die Möglichkeit der Erzeugung anomaler Wellen, das heißt von Tsunamis". Hinzu kommt, dass laut Passaro "die besondere Beschaffenheit und Morphologie der Hänge des Vulkans" zu Erdrutschen an seinen Flanken führen könnte. Auch dies würde Tsunamis auslösen.

Forscher fordern genaue Untersuchungen

Auf der Website des INGV heißt es, das Risiko einer submarinen Eruption des Marsilis sei "äußerst gering", da ein Ausbruch in einer Tiefe von mehr als 500 Metern "wahrscheinlich nur zu einer vorübergehenden Umleitung der Schifffahrtswege führen würde".

Forscher Carlo Doglioni fordert trotzdem neue Studien zum Marsili, um die Stabilität seiner Flanken zu überprüfen. Dafür ist auch Vulkanologe Passaro – jedoch aus einem anderen Grund: Der Vulkan könnte aus energiewirtschaftlicher Sicht wichtige Ressourcen für Italien enthalten: "Es gibt geothermische Ströme, die zur Energiegewinnung genutzt werden können. Außerdem wegen der hohen Konzentration von Edelmetallen wie Gold, Silber und Kupfer."

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    Am Samstag ist es auf einer vor dem Pazifikstaat Tonga zu einem Vulkanausbruch gekommen.
    Am Samstag ist es auf einer vor dem Pazifikstaat Tonga zu einem Vulkanausbruch gekommen.
    via REUTERS